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Koenigsblut - Die Akasha-Chronik

Koenigsblut - Die Akasha-Chronik

Titel: Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
Autoren: Karola Loewenstein
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abzuhärten.
    „Sollen wir gehen?“, schlug ich vor.
    „Ja.“ Liana nahm meinen Vorschlag mit einem dankbaren Lächeln an. „Was haltet ihr davon, an den Wolfsee zu fahren? Ich würde jetzt unglaublich gern baden.“ Sie sah mich bittend an. Wasser, um Feuer zu löschen, das klang logisch. Mir war mittlerweile so heiß, als ob ich in der Sauna saß.
    „Du weißt doch, dass mir meine Großmutter verboten hat, die Stadtgrenze zu verlassen“, wiederholte ich brav das moralische Mantra meiner letzten lebenden Verwandten. Doch meine Gegenwehr klang schwach.
    „Meine Eltern haben es mir auch verboten, aber das werden sie gar nicht merken.“ Liana sah mich flehend an. Wieso musste ich immer die Spaßbremse sein? Paul hatte es leicht, seine Eltern hatten ihm keine Ausgangssperre auferlegt. „Immer nur in dem Eichenhain rumhängen ist langweilig. Da gehen wir schließlich fast jeden Tag hin“, bohrte Liana unerbittlich weiter und schließlich gab ich auf und nickte. Die Aussicht auf ein kühles Bad im Wolfsee war einfach viel zu verlockend. Ich hatte ohnehin nie verstanden, warum ich die wenigen Meter bis zu dem kleinen, glasklaren See in unserer unmittelbaren Nachbarschaft nicht allein gehen durfte.
    „Klasse Idee“, stimmte Paul zu und wischte sich den Schweiß von der Stirn, selbst sein blondes Haar glänzte feucht. Ohne lange zu zögern, lief er mit Liana zu unseren Fahrrädern und ich folgte ihnen langsam. Beim Fortgehen warf ich einen letzten Blick zurück.
    Es war nur ein winziger, unwichtiger Moment gewesen, in dem ich an die Flammen gedacht hatte. Das konnte nicht reichen, um so eine Energie hervorzubringen. Dummerweise wurde ich das untrügliche Gefühl nicht los, dass mir so etwas schon einmal passiert war. Eine ferne Erinnerung waberte in meinem Unterbewusstsein, aber sie kam nicht an die Oberfläche, so sehr ich mich auch bemühte, sie hervorzuholen. Vielleicht hatte auch der seltsame Vogel Schuld? Nachdenklich schob ich mein Rad durch den Wald und hörte nur mit halben Ohr Liana und Paul zu, die vor mir liefen und in ein Gespräch über den neuen Kinofilm vertieft waren, den alle Schönefelder unbedingt sehen wollten. Ein Kinofilm an sich war keine Sensation. Wenn man allerdings in Schönefelde lebte, war es eine Offenbarung, wenn der Bürgermeister einmal in der Woche die Türen des kleinen Kinosaales öffnete und so etwas wie ein Fenster in die große, weite Welt aufstieß. Dumm nur, dass mich die Liebesromanze, die im Moment gezeigt wurde, nicht im Geringsten interessierte.
    Paul hingegen wollte mit Shirley hingehen. Ich rechnete ihm keine großen Chancen aus. Shirley war so atemberaubend schön, dass sie mit allen Jungs ausgehen konnte und nicht nur mit denen aus unserer Klasse.
    Unter meinen nackten Füßen spürte ich die kühle Erde, ein angenehmer Kontrast zu der Hitze der Sonne, die man selbst unter dem dichten Blätterdach spürte. Ich freute mich auf das kühle Wasser, es würde die verwirrende Erinnerung an das Feuer löschen. Der Weg schlängelte sich an Kiefern und Fichten vorbei, unsere Räder versanken im sandigen Boden und Paul schnaufte laut bei der Anstrengung, die es kostete, vorwärtszukommen.
    Bald erreichten wir die einzige Straße, die nach Schönefelde führte und stiegen auf unsere Fahrräder. Der warme Sommerwind strich sanft über meine Beine, als wir bergab rollten und kühlte meine überhitzte Haut. Ich atmete tief ein und roch schon das Wasser, das nicht mehr weit war. Das klare, kühle Nass zog mich regelrecht an und ich glaubte, es fast hören zu können. Es klang wie ein sanftes, beruhigendes Summen.
    Ungeduldig trat ich in die Pedale und überholte Liana und Paul, bis ich als Erste das Südtor erblickte, die einzige Möglichkeit die Stadtgrenze zu verlassen. Der steinerne Ring, der Schönefelde und den Schönefelder Stadtwald umschloss, bildete außerdem die Grenze für meine Bewegungsfreiheit. In mir rang die Versuchung des Wassers, das mich anzog wie die Motte das Licht, mit dem Versprechen, das ich meiner Großmutter gegeben hatte, die Stadtgrenze unter keinen Umständen zu verlassen. Ich atmete tief ein und die Sache war entschieden. Ein verbotenes Gefühl von Freiheit machte sich in mir breit, doch irgendetwas störte meinen Glücksfluss. Hatte ich etwa ein schlechtes Gewissen, weil ich mich nicht an die Anordnung meiner Großmutter hielt?
    Nein, entschied ich, da war etwas anderes, dass nicht stimmte. Ein dunkles Gefühl breitete sich in mir aus und trotz der
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