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Koenig Nicolo Oder So Ist Das Leben

Titel: Koenig Nicolo Oder So Ist Das Leben
Autoren: Frank Wedekind
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sich mein Tod gelohnt! –
    Dir aber, für des Kriegsplans tück'sche Fassung,
    Erteile ich als Kanzler die Entlassung.
    Sei froh, daß dich des Henkers Beil verschont!
    KÖNIG PIETRO. Königliche Worte, die ich gesprochen haben möchte! Wenn es nur so leicht wäre, immer gleich einen besseren Kanzler zu finden!
Zu Alma.
Es tut mir leid, mein junger Diplomat, daß dir meine Ratschläge so schlecht bekommen sind!
    ALMA
zum Publikum gewendet.
    Zum dritten Male hat mein Witz versagt! –
    Doch eh ich euch, ihr Lieben, nunmehr zeige,
    Wie ich den Helden spielend niederbeuge,
    Daß unter meiner Pritsche Wucht er klagt
    Und winselnd mir zu Füßen kommt gekrochen,
    Bejammernswert, vom Seelenschmerz gebrochen,
    Und bittet, daß ich ihn zu mir erhebe,
    Den Staub in Tränen badend auf den Knien –
    Eh ich dies Kunststück euch zum besten gebe,
    Ersuch ich euch, die Börse vorzuziehn
    Und dem Hanswurst mit freundlich offnen Händen
    Ein kleines Benefizium zu spenden!
     
    Sie nimmt einen Teller zur Hand und steigt die Stufen hinab.
     
    Die Pause währt, verehrtes Publikum,
    Nicht lang! – Ein kleines Benefizium!
     
    Sie drängt sich mit Umgehung der hohen Gäste in die Reihen der Zuschauer und sammelt ein. Indessen wandelt der König im Selbstgespräch auf der Bühne
    auf und nieder.
     
    DER KÖNIG.
    Kampf folgt auf Kampf! Wenn meine Kraft versiegt,
    Dann rast der Tod gleich einem Steppenbrande
    Unüberwindlich durch die weiten Lande!
     
    Zum Publikum.
     
    Ein Obolus, ihr werten Herrn, genügt!
    ALMA
zu einem Zuschauer, der sie um die Hüfte gefaßt und auf sein Knie gezogen hat.
    O pfui, mein Herr, Ihr werdet ungebührlich!
    Auch bin ich doch kein Mädchen! Bleibt mir fern!
    DER ZUSCHAUER.
    Noch sah ich keines Knaben Hand so zierlich!
    DER KÖNIG
drohend sein Zepter schwingend, zum Publikum.
    Ein Obolus genügt schon, meine Herrn!
     
    Für sich.
     
    O war's vorbei! – Entfremdet dem Genuß,
    Erharr ich still, was mir des Schicksals Falten
    An niegeahntem Schmerz noch vorenthalten!
     
    Zu König Pietro und dem Kronprinzen.
     
    Ihr lieben Herrn, nur einen Obolus!
     
    König Pietro winkt Alma zu sich heran und legt ihr einen Kassenschein auf den Teller.
     
    DER KÖNIG
sich zum Dank gegen das Publikum verneigend.
    Was übertrifft des Künstlers Brust an Wonnen!
    Das Unglück ist ihm reichster Freudenbronnen;
    Aus wilden Klagen schöpft er selige Lust.
    Wie aber lahmen selber ihm die Schwingen
    Im Ungemach! – Und bei des Goldes Klingen
    Ist er sich tiefsten Menschentums bewußt.
     
    Alma betritt wieder die Bühne und leert den Teller in des Königs Hand, der die Summe flüchtig abschätzt, sie in seinen Purpurmantel versenkt und darauf, zu seiner Tochter gewendet, fortfährt.
     
    Schon wieder trittst du trügerische Gestalt
    Vor meinen Blick! – Wer bist du? – Laß mich's wissen!
    ALMA
von jetzt an die Verkörperung des bösen Gewissens.
    Ich bin du selbst!
    DER KÖNIG.
    Ich selbst? – Der bin doch ich!
    ALMA.
    Wer recht hat von uns beiden, zeigt sich bald!
    Durch eines Raubtiers Zähne liegt zerrissen
    Vor dir ein Menschenleib. Die Schuld trifft dich!
    DER KÖNIG.
    Ich bracht ihn um! – Wie ward dir solche Kunde?
    ALMA.
    Siehst du die Scheiterhaufen in der Runde?!
    DER KÖNIG.
    Auch das ist dir bekannt??
    ALMA.
    Beseeltes Fleisch
    In Teer und Werg gehüllt!
    DER KÖNIG
in steigendem Entsetzen.
    Sein Wehgekreisch
    War mir Musik! – Ich Wütrich büßt es schwer!
    ALMA.
    Und wühlst noch heut auf blutigem Altare,
    Für Krieg dich oder Frieden zu entscheiden,
    Der Unschuld in lebend'gen Eingeweiden!
    DER KÖNIG.
    Wo nimmst du solche Schauerkunde her?
    In Reue schwelgend rauft ich mir die Haare!
    Des Herrschers Macht verführte mich!
    ALMA.
    Zum Scherz
    Hältst nun umklammert du ein pochend Herz,
    Des Augs Erlöschen gierig in dich ziehend!
    DER KÖNIG.
    Noch tat ich's nicht!
    ALMA.
    Du tust's!
    DER KÖNIG.
    Jedoch erspare
    Mir Schlimmres!
    ALMA.
    Kinderleiber, hold und blühend,
    Der zarten Glieder Zucken zu betrachten,
    Wirst deiner Wollust du zum Opfer schlachten!
    DER KÖNIG.
    Nein! Nimmermehr!
    ALMA.
    Du fühlst schon, du gibst nach;
    Denn ich bin stark in dir und du bist schwach!
    Greif zu!
    DER KÖNIG
sinkt in die Knie.
    Erbarmen!
    ALMA.
    Hast denn jemals du
    Im Streit mit mir den Sieg davongetragen?!
    DER KÖNIG
sich Alma zu Füßen windend.
    Sieh meine Stirn die stein'ge Erde schlagen
    Vor Höllenqual!
    ALMA.
    Dann greif doch herzhaft zu!!
    Die Qual Unschuldiger stillt dein eigenes Leiden!
    DER
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