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Koenig Nicolo Oder So Ist Das Leben

Titel: Koenig Nicolo Oder So Ist Das Leben
Autoren: Frank Wedekind
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Per aspera ad astra! –
Ab.
     
    Die Zuschauerbänke haben sich indessen mit einem eleganten Publikum gefüllt; hinter dem abgrenzenden Seil drängt sich die Menge Kopf an Kopf. – Der König hängt sich während der folgenden Worte einen schwarzen Königsbart um, setzt sich eine Perücke auf, drückt sich die goldene Krone aufs Haupt und schlägt einen schweren
    Purpurmantel um die Schultern.
     
    DER KÖNIG. Auf diesem Platze sollte mein Haupt unter dem Beil des Henkers fallen, wenn ich jemals wagte, nach Perugia zurückzukehren, ohne der Krone mit heiligem Schwur entsagt zu haben! – Wie vielem habe ich statt dessen entsagt, um den heimatlichen Boden nun schon zum zweitenmal wieder zu betreten! Der Wollust befriedigter Rache! Der Mannespflicht, meinem Stamm sein Erbe zu erhalten! Dann allen Gütern der Erde, die mir das Glück in die Wiege geworfen hatte; und nun auch der nacktesten Menschenwürde, die den Sklaven sogar hindert, sich seinen Mitverdammten zur Belustigung preiszugeben!
    ALMA. Und Euch preisen tausend Stimmen als einen Künstler, wie keiner noch zu seinem Volke sprach! Wie vieler Könige Namen sind vergessen!
    DER KÖNIG. Das gilt mir nichts! Der Lorbeer wird als Ausgeburt irdischer Erbärmlichkeit nur von einem Tagelöhner oder Stellenjäger mit Stolz getragen. Aber weißt du, welcher Stolz mir dieses Dasein ermöglichte? Hier kämpft nur eins von Millionen Wesen, zu unerforschlicher Prüfung berufen. Aber König Nicolo fand als König den Tod! Niemand zweifelt, daß er längst allen Demütigungen durch Menschenmacht entrückt ist! Niemand fordert noch, er solle auf die ihm von Gott verliehene Würde verzichten! Kein Schatten trübt seines Andenkens Majestät! Wenn ich noch unter Gottes Sonne atme, dann dank ich es dieser Täuschung. Und diesen letzten Besitz soll mir vor der Todesstunde, in der ich ihn vielleicht noch dir zum Vorteil veräußern kann, kein Sturm entreißen! – – Mein Zepter! Mein Reichsapfel!
Er entnimmt beides der Kleiderkiste.
Und nun – die – Kö – Königsposse!
Von einem plötzlichen Herzkrampf befallen, ringt er mühsam nach Atem.
    ALMA
ihm zu Hilfe eilend.
Jesus Maria, mein Vater! Durch Eure Schminke sehe ich, wie marmorblaß Ihr seid!
    DER KÖNIG. Ein Atemzug! – Es ist vorüber. – Das habe ich noch aus dem Kerker behalten ...
     
    König Pietro und Prinz Filipo betreten den Zuschauerraum und nehmen auf den goldenen Sesseln Platz.
     
    DER THEATERBESITZER
schreit von hinten in den Verschlag.
Auf die Bühne, Hanswurst!
    DER KÖNIG
aufspringend.
Geh! Geh! Ich fühle mich vollkommen wohl.
    ALMA
nimmt ihre Narrenpritsche zur Hand, springt auf die Bühne, verbeugt sich und spricht in leichtem, scherzendem Ton.
    Ich komme, das Erscheinen euch zu melden
    Von einem König, der in Wirklichkeit
    Nie König war. –
    Jetzt stell ich seinen Kammerdiener dar.
     
    Schlauheit und Unterwürfigkeit eines Lakaien markierend.
     
    Ich preis ihn einen Halbgott, einen Helden,
    Bewundre seinen Geist, sein schönes Kleid,
    Laß Ämter mir von ihm und Orden geben
    Und wünsche sehr, er möge lange leben.
    Tut er das nicht, und kommt ein andrer dran,
    Was Gottes Gnade mir ersparen wolle,
    Je nun, auch jenem spiel ich untertan
    Und mit verzückten Mienen meine Rolle,
    Wie's eines Kammerdieners Wohlfahrt frommt;
    Nun aber schweig ich, denn der König kommt.
    DER KÖNIG
tritt auf.
    Ich habe diese Nacht nicht gut geschlafen.
    ALMA
sich mit gekreuzten Armen verbeugend.
    Ihr solltet dafür
    Euer Volk bestrafen!
    DER KÖNIG.
    Mein Volk? Und es bestrafen? –
    Wo mein Sinn
    Stets zagt, ob ich nicht selber strafbar bin?!
    Was hab ich mehr als andre denn vollbracht,
    Daß ich zur schwersten Menschenpflicht berufen?!
    Hinweg mit dir von meines Thrones Stufen!
    Der Schlummer floh mein Aug in dieser Nacht,
    Weil ich, von des Gesetzes Wucht getrieben,
    Ein Todesurteil spät noch unterschrieben!
    Hinweg, du Wurm! Und wag es nimmermehr,
    Dein Haupt in meines Zorns Bereich zu tragen!
    ALMA
sich an das Publikum wendend, leichtfertig.
    Du siehst, verehrtes Publikum, wie schwer
    Es manchmal ist, sich redlich durchzuschlagen!
    Mich zu verteidigen, find ich keine Worte,
    Drum trag ich mit Ergebung mein Geschick.
    Zerschmettert tret ich ab durch diese Pforte,
    Doch als wer anders kehr ich bald zurück.
     
    Sie ist die Stufen zum Zuschauerraum hinabgeschritten und lagert sich, gegen das Publikum gewendet, auf der Treppe.
     
    DER KÖNIG
für sich.
    Ein halbes Menschenalter ring ich nun,
    Mein Aug zu
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