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Köhler, Manfred

Köhler, Manfred

Titel: Köhler, Manfred
Autoren: Irrtümlich sesshaft
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liefern!“
    Peter hatte sich vom Computer abgewandt und schaute seinen Kollegen finster an.
    „Was hast du denn? Ich meine doch nur.“
    „Was ich habe? Ich habe eure Herablassung satt! Die freien Mitarbeiter klappern an den Wochenenden oder bis spätabends Veranstaltungen ab, die ihr nicht besuchen wollt, und schreiben ihre Artikel so gut sie eben können, oft noch in der Nacht oder gleich am nächsten Morgen, bevor sie in ihre eigentliche Arbeit gehen, das Ganze für ein paar Cent pro Zeile, und ihr macht euch dann auch noch über sie lustig. Wenn Pizza falsch geschrieben ist, dann musst du es eben verbessern, verflixt noch eins! Was glaubst du denn, wofür du bezahlt wirst?“
    „Aber Peter, ich habe doch nicht dich gemeint. Dich zählen wir nicht zu den Freien, nicht wirklich.“
    Peter sprang auf.
    „Das spielt doch überhaupt keine Rolle, Mensch! Mich kotzen deine Schriftsteller-Allüren an! Du hast die Leser zu informieren und zu unterhalten und dafür zu sorgen, dass sie sich im Blatt wiederfinden, sonst gar nichts. Wenn dir das nicht passt, dann haue doch ab und schreibe Gedichte statt dich hier aufzuspielen und auf Leser und Mitarbeiter zu spucken. Andere Leute wären froh, wenn sie eine Festanstellung als Redakteur hätten!“
    Peter raffte seine Notizen zusammen, packte seine Fototasche und stürmte aus dem Zimmer, ohne Lothar Sahm anzuschauen.
    Der Raum hatte zwei Türen. Während Peter durch die zum Flur hinaus getrampelt war, dass die Dielen unter dem Linoleum ächzten, war Walter durch die zum Nebenbüro herein gekommen, aber zu spät, um noch eingreifen zu können. Lothar Sahm sah ihn hilflos an.
    „Ich weiß gar nicht, was ich gesagt habe. Der ist doch sonst nicht so.“
    „Mach dir nichts draus. Er hat vielleicht nur einen schlechten Tag.“
    Walter ging wieder in sein Büro. Lothar Sahm starrte noch eine Weile vor sich hin und machte sich dann an die Arbeit. Er bemerkte nicht, dass hinter ihm, in der zweiten Tür des Raumes, die ganze Zeit Liane Czibull gestanden und Peters Ausbruch miterlebt hatte.
     
    Am nächsten Morgen erwartete Lothar Sahm auf dem üblichen Stapel von Briefen und Faxen zuoberst ein Memo des Geschäftsführers, das an ihn persönlich gerichtet war: Er sollte sich umgehend im ersten Stock melden.
    Ausgerechnet an diesem Tag war er nicht nur zwei oder drei, sondern über zehn Minuten zu spät. Crähenberger sah demonstrativ auf seine Wanduhr, als seine Sekretärin dem stellvertretenden Redaktionsleiter mit einem leisen „Bitte schön!“ die Tür aufhielt.
    „Sie wollten mich sprechen?“
    „So ist es. Ich will es kurz machen, damit Sie nicht noch mehr Arbeitszeit versäumen. Ich bin in den vergangenen Wochen zu dem Eindruck gekommen, dass Sie Ihre Aufgaben allenfalls mit einem Mindestmaß an Energie und Eifer wahrnehmen. Ich glaube sogar, dass Sie Ihren Beruf als unter Ihrem Niveau ansehen und auch im Umgang mit Kollegen nicht gerade Ihrer Rolle als stellvertretender Redaktionsleiter gerecht werden, um das mal freundlich auszudrücken. Ich ersuche Sie daher dringend, sich zusammenzureißen. Sie sollen wissen, dass Sie in Ihrer Position nicht unersetzlich sind. Möchten Sie zu den Vorwürfen Stellung nehmen?“
    „Nein. Dass niemand unersetzlich ist, habe ich außerdem gemerkt.“
    Crähenberger hob den Kopf und musterte ihn mit verengten Augen.
    „Meinen Sie damit was Bestimmtes?“
    „Nur, dass mir daran gelegen ist, nicht ersetzt zu werden.“
    „Dann würde ich Ihnen raten, sich in Zukunft etwas direkter auszudrücken. Ich habe nichts übrig für Anspielungen. Und jetzt auf Wiedersehen.“
    „Wiedersehen.“
    Auf dem Weg von der Chefetage in die Redaktion traf Lothar Sahm im Treppenhaus auf Peter Schuster. Der tat wieder so freundlich wie gewohnt.
    „Du, Lothar, warte mal!“
    Mitten auf der Treppe blieb Lothar Sahm wie sprungbereit stehen. Peter Schuster stieg zu ihm hoch und streckte ihm die Hand entgegen.
    „Ich habe mich gestern ganz schön im Ton vergriffen, es tut mir leid. Ich bin in letzter Zeit ein bisschen gereizt, weißt du.“
    Lothar Sahm sah in Peter Schusters Dackelaugen. Praktisch alles, was er über seinen Beruf wusste, hatte er von ihm gelernt, aber nicht durch Kritik und Vorwürfe, sondern durch geduldiges Erklären. Peter war sein Ratgeber in seiner Praktikumszeit und sein Ausbilder in den Volontärsjahren gewesen. Es kostete Lothar Sahm einige Überwindung, ein Lächeln zu unterdrücken und die ausgestreckte Hand zu ignorieren.
    „Was
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