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Köhler, Manfred

Köhler, Manfred

Titel: Köhler, Manfred
Autoren: Irrtümlich sesshaft
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versetzt.
    „Sie werden entschuldigen“, begrüßte sie ihn, „dass ich in diesem Büro ein paar Eingriffe vorgenommen habe, aber ich bin eine strikte Verfechterin optimaler Arbeitsökonomie. Und in dieser Beziehung lag hier doch einiges im Argen.“
    Er schluckte seinen Groll hinunter, lächelte sie sogar an.
    „Schon gut. Kann ich mal kurz mit Ihnen reden?“
    „Wenn es nicht zu lange dauert.“
    „Ich wollte mich bei Ihnen entschuldigen für meine Ruppigkeit gestern.“
    Er verstärkte die Leuchtkraft seines Lächelns.
    „Also, auch von mir noch mal herzlich willkommen bei der Wallfelder Rundschau, Frau Czibull.“
    Das war ihm wichtig, denn er hatte sie wirklich nicht allzu freundlich begrüßt am Freitag. Was konnte sie für Crähenbergers gebrochene Versprechen?
    Liane Czibull schaute ausdruckslos auf seine ausgestreckte Hand. Ihre Antwort kam wie ein Verweis:
    „Sie sprechen meinen Namen falsch aus. Es muss heißen Siebl – Cz steht für ein stimmhaftes S, das U bleibt stumm. Siebl. Darauf muss ich Wert legen.“
    „Siebl?“
    Er schaute sie so ausdruckslos an wie sie zuvor ihn – bis sie sich nach ein paar Sekunden einfach wegdrehte und zu schreiben anfing, als wäre sie allein im Raum. In seiner Empörung ließ er alle Vorsätze fahren.
    „Und bei der Anrede, gibt es da auch was zu beachten? Wollen Sie mit Frau oder Fräulein Siebl oder mit Madame Siebl angesprochen werden?“
    Sie tat, als wäre er nicht vorhanden.
    „Sollten wir jemals zum Du kommen, ist natürlich eine weitere Sprachunterweisung nötig, nicht dass ich Liane wie Banane ausspreche.“
    Er merkte ihr keine Regung an – außer, dass sie auf seine Tastatur einhämmerte, dass es nur so krachte.
    „Siebl hat übrigens auch seine Tücken, es sollte ja nicht klingen wie Zwiebel.“
    Sie hielt inne, starrte für einen Moment finster am Bildschirm vorbei an die Wand und wirkte
,
als sammle sie Kraft für einen Wutanfall.
    „Darf ich nun wegtreten, Madame Säbel, Verzeihung, Siebl?“
    Er gab ihr noch ein paar Sekunden für eine Erwiderung, aber sie zog es vor, ihren Text zu schreiben. Sie ließ ihm das letzte Wort, aber so recht als Sieger fühlen konnte er sich nicht. Immerhin war er es, der für den Rest des Tages im Nachbarbüro arbeiten musste.
     
    In den folgenden Tagen bereitete es Lothar Sahm Vergnügen, sich allerlei Pläne auszudenken, um Liane Czibull aus seinem Zimmer heraus zu mobben.
    Irgendwann begann er, ihre Einquartierung nüchtern zu betrachten: Wenn der Geschäftsführer sie wider alle Vernunft ins kleinste Büro der Redaktion quetschte, ihn selbst damit herausdrängte und so den Betriebsfrieden aufs Spiel setzte, dann musste mehr dahinterstecken als bloße Gedankenlosigkeit, und was das sein könnte, ließ sich nur herausfinden, wenn er nicht sinnlos aufbegehrte, sondern wachsam war. Dass er sich, dieser Einsicht folgend, auf keinen kräftezehrenden Revierkampf um sein Büro einließ und an Peter Schusters Schreibtisch heimisch wurde, machte es Liane Czibull leicht, sich einzunisten und auszubreiten. Sie hatte sogar die Dreistigkeit, ein Namensschild an der Tür anzubringen:
    „ Frau Liane Czibull – Diplomjournalistin “

Kapitel 2: Hochzeitsmesse
     
    Eines Mittwochmorgens fand Lothar Sahm auf dem Schreibtisch, an dem er Asyl gefunden hatte, eine mit schwungvoll gezeichneten Tauben und Glocken verzierte Einladung.
    „Willkommen zur 5. Wallfelder Hochzeitsmesse“ – ein Fototermin am kommenden Freitagabend. Er trug das Kärtchen hinüber zu Walter.
    „Das hat sich zu mir verirrt.“
    „Nicht verirrt, das ist schon für dich.“
    Walter reichte ihm die Einladung zurück. Lothar Sahm verzog das Gesicht.
    „Ist doch wohl nicht dein Ernst! Seit wann geht ein Redakteur zu einem Freitagabend-Termin, und dann auch noch zu so einem? Da wird sich doch eine freie Mitarbeiterin finden.“
    „Geht nicht, unser Geschäftsführer will eine Hochzeitsbeilage draus machen, das ist die fünfte und bisher größte Messe, da kann ich keine freie...“
    „Dann eben eine Redakteurin“, unterbrach er ihn. „Wir haben vier Frauen in der Redaktion, da gehe ich doch nicht zu einer Hochzeitsmesse!“
    „Du musst aber, die Veranstalterin will ausdrücklich dich.“
    „Aber wieso? Ich kenne mich nicht aus mit Modezeugs, und die Steffi fotografiert außerdem besser.“
    „Ich weiß nicht, wieso, aber das ist eine wichtige Anzeigenkundin. Du kriegst nächste Woche einen halben Tag frei.“
    „Und was, wenn ich am Freitag was
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