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Köhler, Manfred

Köhler, Manfred

Titel: Köhler, Manfred
Autoren: Irrtümlich sesshaft
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Kopf.
    „Geeinigt, das glaubst du doch selbst nicht, oder!“
    „Keine Ahnung, der Peter sagt ja nichts dazu.“
    „Und was ist mit Uwe? Soll der für alle Zeiten Praktikant bleiben?“
    „Der, na ja, der, also der ...“
    Es klopfte.
    „Herein!“, rief Walter und wirkte ungemein erleichtert über die Unterbrechung.
    Redakteurin Steffi Berthold schneite mit Kollegin Margot Henschel ins Zimmer.
    Lothar Sahm drängte sich an den beiden vorbei. Er beschloss, ganz offen mit Liane Czibull zu reden, und zwar am besten gleich wenn sie kam, noch bevor sie sich erst wieder bei ihm im Zimmer niederließ. Es würde nicht schwer fallen, ihr klarzumachen, dass sie im Nachbarbüro viel besser aufgehoben war. Dort standen vier Computer, und außer zur Stoßzeit abends vor Redaktionsschluss war mindestens einer davon immer frei.
    Er wollte sich in seinem Büro noch einmal in Ruhe seine Argumente zurechtlegen und auch darüber nachdenken, ob es sinnvoll war, ein Gespräch mit Uwe zu führen, oder ob er sich damit in Dinge einmischte, die ihn nichts angingen – aber Liane Czibull war ihm zuvorgekommen. Ihre Handtasche, ein gelblichbrauner Lederbeutel, lag wie ein Kuhfladen auf der Tastatur. Ihr Begrüßungsblick war ein stummer Vorwurf, dass er nicht angeklopft hatte. Sie hatte den Altpapierkarton auf den Schreibtisch gestellt und wühlte darin herum.
    „Da ich ja nun das Büro mit Ihnen teile, habe ich mir mal die Art angesehen, wie Sie so Ihre Arbeit organisieren, und muss sagen, da gibt es doch einiges zu verbessern.“
    Sie zog ein zerknülltes Fax aus dem Altpapier hervor und glättete es liebevoll.
    „Ehrlich gesagt, würde ich lieber über etwas Wichtigeres mit Ihnen reden. Sie werden selbst gemerkt haben, dass es zu zweit sehr eng ist in diesem Büro.“
    Liane Czibull hörte nicht zu, sie blieb bei ihrem Thema:
    „Ich gebe Ihnen jetzt mal ein paar Tipps.“
    Lothar Sahm holte Luft für einen Widerspruch, aber sah ihr an, dass sie ihn erneut ignorieren würde.
    „Na schön, ich höre.“
    „Zunächst mal Ihr Ablagesystem, also ich muss sagen, Sie können doch nicht einfach sämtliche Veranstaltungen und Pressetermine eines Tages in einem einzigen Ablagefach bündeln. Sie müssen doch nach Wertigkeit und Orten sortieren!“
    „Wieso das denn? Wenn ich die Termine vergebe, landet ja doch wieder alles in einem Topf.“
    „Und dann Ihre Art der Informationsauswahl! Sie schmeißen wahllos weg, da bleibt ja kaum was über! Folgende Polizeimeldung...“
    Sie hielt ihm das von ihm zerknüllte und von ihr geglättete Fax entgegen.
    „Ich zitiere: Titel: Beamte schlichteten Streit. Text: Zu einem handfesten Familienstreit kam es in der Nacht zum Freitag im Osten der Stadt. Erst nachdem ein Streifenwagen der Polizei zum Ort des Geschehens...“
    Sie sah ihn streng an.
    „Also, da muss man doch recherchieren! Da steckt doch womöglich eine Story dahinter!“
    Lothar Sahm spürte, wie ihn ihr Feldwebel-Ton in Rage versetzte.
    „Vielleicht bei dem Revolverblatt, bei dem Sie bisher gearbeitet haben. Hier in Wallfeld interessiert das keinen Menschen, weil dieses bestimmte Ehepaar jede Woche mehrmals die Polizei antanzen lässt.“
    Liane Czibull spreizte ihre dicken roten Finger auf seinem Schreibtisch.
    „Was fällt Ihnen ein! Ich komme von einer hochangesehenen Zeitung, und ich muss sagen, es wird nicht zu Ihrem Schaden sein, wenn Sie den einen oder anderen Rat von mir annehmen!“
    „Ich denke, Sie sollten erst mal ein paar Tage hier arbeiten, bevor Sie anfangen, mir gute Ratschläge zu geben. Und jetzt würde ich gerne...“
    Seine Armbanduhr piepte. Er besann sich und bemühte sich um ein versöhnliches Gesicht.
    „Ich hab gleich meinen ersten Termin. Wenn ich wiederkomme, würde ich gerne mal in Ruhe mit Ihnen reden.“
    „Lassen Sie sich nicht aufhalten.“
    Sie nahm ihre Finger vom Schreibtisch und befasste sich wieder mit dem Altpapierkarton, derweil er seine Fototasche schulterte und den Raum verließ.
     
    Sein Termin war eine Haushaltssitzung im Landratsamt. Lothar Sahm hatte nichts übrig für langatmige Debatten, aber delegieren war leider nicht möglich: Der Lokalchef war für die Politik in der Stadt zuständig, der Stellvertreter für die im Landkreis, so war das seit Gründung der Wallfelder Rundschau anno 1947, und daran wurde auch nicht gerüttelt. Das Gezänk um Abwasser und Hebesätze war für ihn überhaupt nur zu ertragen, wenn er sich zwang, so viel wie möglich an Stellungnahmen und Zahlen
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