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Knochenfinder

Knochenfinder

Titel: Knochenfinder
Autoren: Melanie Lahmer
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Drogentest verdonnert! Ich fasse es nicht! Wie kommt deine Lehrerin auf so einen Verdacht – kannst du mir das verraten?«
    Niklas starrte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Woher soll ich das wissen? Die hat mich eben auf dem Kieker!«
    »Ich will dafür eine Erklärung!«, brüllte Winterberg. »Und keine Ausflüchte! Du weißt genau, dass ich die Wahrheit herausfinden werde!« Sein Hals kratzte von der Anstrengung.
    »Mach doch! Ich hab dir schon gesagt, dass ich nichts mit Drogen zu tun hab. Ich bin doch nicht blöd!«
    Winterberg sah, wie Niklas ängstlich zu seiner Mutter blickte. Ute saß bleich und stocksteif auf dem Zweisitzer. Sie schaute von einem zum anderen; die Augen waren dunkel, die Lippen ein schmaler rubinroter Strich. Mit der rechten Hand spielte sie an ihrer perlmuttfarbenen Perlenkette, die linke lag wie festgefroren auf ihrer Hose. Weiß auf Braun. Winterberg beobachtete sie aus den Augenwinkeln – bereit, ihr ins Wort zu fallen, sollte sie ein weiteres Mal ihren Sohn in Schutz nehmen.
    »Niklas!« Ihre Hand begann über das Hosenbein zu reiben. »Drogen sind eine ernste Angelegenheit, und dein Vater und ich möchten dir helfen. Wenn du also etwas damit zu tun hast ... Bitte sag uns die Wahrheit.«
    Niklas sah sie empört an und pustete eine Strähne aus seinem Gesicht. »Ihr braucht mir nicht zu helfen, weil ich kein Problem habe. Höchstens mit euren blöden Vorwürfen.«
    Er stand vom Sofa auf, zog seine schwarze Stretchhose glatt und ging zur Tür. Bevor er sie öffnete, drehte er sich noch einmal zu seinen Eltern um. Wie zufällig befeuchtete er die Lippen, die kleine metallene Kugel auf seiner Zunge blitzte zwischen den Zähnen hervor.
    Winterberg sprang vom Sessel auf. Nur mit Mühe behielt er seine Beherrschung. »Du bleibst jetzt hier und hörst dir an, was wir zu sagen haben!« Seine Stimme klang heiser.
    »Ich werde bald achtzehn, dann habt ihr mir nichts mehr zu sagen.« Aufreizend langsam verließ der Junge den Raum und ließ die Tür ins Schloss fallen.
    Winterberg wollte ihm hinterhereilen, aber Ute sprang auf und hielt ihn am Arm fest. »Lass ihn, Hannes. Er wird sich schon wieder beruhigen.«
    Er schob ihre Hand beiseite und kniff die Lippen zusammen. Konnte sie ihn nicht ausnahmsweise einmal unterstützen? Musste sie sich immer auf die Seite der Kinder stellen?
    »Wenn er wirklich nichts genommen hat, dann wird der Test seine Unschuld beweisen«, fuhr sie fort. »Und falls sich herausstellen sollte, dass er doch was genommen hat, können wir danach immer noch über Schuldzuweisungen sprechen. Ach komm, Hannes, sei doch nicht so verbohrt.«
    »Verbohrt? Hast du einmal darüber nachgedacht, was das für mich als Polizist bedeutet? Wie alle Kollegen hinter meinem Rücken tuscheln werden? ›Hast du schon gehört? Winterbergs Sohn musste zum Drogentest.‹ Wenn alles bei uns so perfekt funktionieren würde wie der Flurfunk, dann gäbe es in Siegen keine unaufgeklärten Verbrechen mehr, das sag ich dir!«
    Winterberg war außer sich. Wenn er jetzt nicht sofort an die frische Luft käme, würde er platzen. Um ihm so in den Rücken zu fallen, hatte Ute ihn im Büro angerufen – dafür war er in der Mittagspause nach Hause geeilt! Und das klärende Gespräch mit Niklas, das sie am Telefon angedeutet hatte, war zu einer bloßen Farce verkommen. Sein Sohn sollte zum Drogentest! Es war nicht zu fassen!
    Ohne sich von seiner Frau zu verabschieden, verließ er das Wohnzimmer. Er fischte den Autoschlüssel aus der Schale im Flur, nahm im Vorübergehen die alte Cordjacke vom Haken und hastete zur Garage.
    Als der Kies unter seinen Sohlen knirschte, flogen zwei Amseln erschrocken in die Höhe. Winterberg schaute ihnen hinterher. Eine große, lang gezogene Wolke verdeckte die Sonne.

Kapitel 5
    Wie üblich war Winterberg auf den Mitarbeiterparkplatz gefahren. Doch anstatt aus dem Wagen auszusteigen, war er sitzen geblieben und starrte nun auf das weiße Polizeigebäude mit den blauen Markisenkästen. Immer wieder musste er an den Streit zu Hause denken. Eigentlich wäre die Arbeit eine willkommene Ablenkung, aber irgendetwas hinderte ihn daran, sofort nach oben zu gehen. Zuerst musste er seine Gedanken sortieren.
    Musik würde sicher helfen. Auf der Mittelkonsole lag eine Best of von Jethro Tull. Er legte die CD ein und verstellte die Rückenlehne nach hinten, sodass er es sich in einer halb liegenden Position bequem machen konnte. Dann drehte er die Lautstärke hoch. Fast musste er
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