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Knochenbrecher (German Edition)

Knochenbrecher (German Edition)

Titel: Knochenbrecher (German Edition)
Autoren: Bernd Flessner
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…?«
    »Sie wurde ermordet, Mona! Als ich in ihrer Küche auf ihre Wundergriffe gewartet habe, hat ihr ein ganz Abgebrühter das Genick gebrochen und mich anschließend fast mit dem alten Kutter von Fenno Looden überfahren! Das wollte ich dir eigentlich in Ruhe und der Reihe nach erzählen, aber du lässt mich ja nicht mal ins Haus!«
    Mona fiel die Oberstudienrätin aus dem Gesicht. Sie wich ein paar Schritte zurück, so dass Greven an ihr vorbei in den Flur konnte.
    »Danke für die tolle Begrüßung!«
    Hinter seinem Rücken wiederholte Mona ihre letzte Frage, nur war die Betonung des Wortes nun eine völlig andere. Nach einer kurzen Pause schickte sie ihm eine zweite Frage hinterher: »Warum hast du denn nicht angerufen?«
    »Weil mein Handy mit mir baden gegangen ist«, antwortete Greven, dem in diesem Augenblick das graue Telefon des alten Ysker in den Sinn kam, mit dem er seine Kollegen alarmiert hatte. Aber das behielt er für sich.
    Wenig später saß Mona auf dem kleinen Hocker neben der Badewanne, auf die sich Greven seit dem überstandenen Nah-Kutter-Erlebnis gefreut hatte. Sein Knie hatte das Lauf- und Schwimmtraining seinen Befürchtungen zum Trotz nicht sonderlich beeindruckt. Ganz im Gegenteil: Hatte er in Tante Heddas Wartezimmer noch den gewohnten, immer wieder einmal aufflackernden Schmerz gespürt, so war der nach seinem raffiniert zusammengestellten Trainingsprogramm so weit verschwunden, dass Greven an ihn denken musste, um ihn überhaupt noch wahrzunehmen. In der heißen Wanne war der Schmerz ohnehin zum Untergang verurteilt. Sollte es auch nach dem Bad dabei bleiben, hatte Greven schon eine Idee für das Abendprogramm, die er Mona aber erst später mitteilen wollte. Nach seiner ausgiebigen Erzählung war sie sowieso ganz in den Fall vertieft.
    »Aber wer bringt denn eine einundachtzigjährige, mittellose Frau um?«, fragte Mona, die entgegen einer über viele Jahre gepflegten Tradition keinen Sektkelch in der Hand hielt.
    »Ich glaube, so mittellos war die gar nicht«, entgegnete Greven. »Du hättest ihr Haus sehen sollen. Tante Hedda hat bescheiden gelebt und mehr Schwarzgeld im Monat verdient, als ich Pension kriegen werde.«
    »Was hat sie mit dem Geld gemacht?«
    »Darauf habe ich Peter Häring angesetzt. Im Haus haben wir jedenfalls nichts gefunden. Abgesehen von ihrer berühmten schwarzen Kasse.«
    »Wenn die so berühmt war, warum ist Frau Bogena dann nie wegen Steuerhinterziehung angezeigt worden?«, fragte Mona verwundert.
    »Keine Ahnung. Vielleicht, weil sie eine Institution war, eines der letzten Originale Greetsiels. Auch wer sie nicht gemocht hat, hat sie doch irgendwie geachtet. Die Kasse kannte jeder, zumindest jeder Patient. Die hatte sie schon zu meiner Zeit, und schon damals hat sie immer im Voraus kassiert. Peter wird das Geld schon finden. Wahrscheinlich auf irgendeinem Sparbuch. Im Garten wird sie es ja wohl kaum vergraben haben.«
    »Und wenn doch?«, setzte Mona den Gedanken fort. »Wenn sie so war, wie du sie mir geschildert hast, dann hat sie auch den Banken misstraut. Dann hat sie ihr vieles Geld in den legendären Sparstrumpf gestopft, sprich, in einem geeigneten Versteck deponiert. So hat sie zwar keine Zinsen kassiert, aber dafür hat sie ja auch keine Steuern gezahlt.«
    Greven richtete sich in der Wanne auf und fixierte Mona kurz und mit nachdenklich leicht geöffnetem Mund. »Mal den Teufel nicht an die Wand.«
    »Warum nicht? Ich bin doch Malerin. Der Mörder hat jetzt freie Bahn. Noch dazu, wo ihr einen Raubmord schon komplett ausgeschlossen habt, nur weil die berühmte schwarze Kasse nicht geplündert worden ist. Vielleicht war genau das der Plan des Mörders? Der hebt heute Nacht einen Ziegel hoch und ist ein gemachter Mann, während ihr noch jahrelang nach einem Motiv sucht und keines findet.«
    Unter Monas erwartungsvollen Blicken spielte Greven das Horrorszenario kurz durch und ärgerte sich, das gängige Interpretationsmuster so schnell akzeptiert zu haben. Dabei hatte er schon mehrmals erfahren müssen, wie perfide die Ausnahmen sein konnten, die die Regeln zu dem machten, was sie waren. Im Kopf überschlug er, was Tante Hedda in den letzten fünfzig Jahren bei ihrem asketischen Leben auf die Seite gelegt haben könnte. Bei nur vier Kunden pro Tag kam er auf eine Summe, die die Frage aufwarf, warum erst jetzt jemand auf die Idee gekommen war, das Leben der allein stehenden Frau zu beenden. Diese Frage provozierte eine zweite, nämlich jene, warum
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