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Knochenbrecher (German Edition)

Knochenbrecher (German Edition)

Titel: Knochenbrecher (German Edition)
Autoren: Bernd Flessner
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Sechziger-Jahre-Retrodesign. Haben bestimmt schon bald Sammlerwert. Die Auflage ist limitiert. Unser Exemplar trägt die Nummer 093 und ist vollständig erhalten.«
    »Wer auch immer dieses Briefchen hier hat liegen lassen …«, nickte Greven.
    »… war höchstwahrscheinlich gestern Abend bei Meta «, fuhr Hansen fort, »denn Frau Bogena wird ja wohl kaum …«
    »Wohl kaum«, wiederholte Greven und fahndete erneut mit den Blicken. Diesmal reagierte sein Kollege nicht, so dass Greven ihn fragen musste, als er nicht fündig wurde: »Habt ihr eigentlich einen Terminkalender gefunden?«
    »Etwas Ähnliches. Sie hat ihre Termine in den großen Essokalender eingetragen, der über der Chaiselongue an der Wand hängt.«
    »Dann können wir die heutigen Patienten ja schnell ermitteln«, freute sich Greven, »sofern unser Täter das Blatt nicht abgerissen hat.«
    »Hat er nicht, brauchte er aber auch gar nicht«, sagte Hansen, stelzte vorsichtig durch den Raum und fischte sich den Kalender von der Wand. Greven verstand sofort, als er die Einträge las. Nicht die Namen ihrer Kunden hatte Tante Hedda vermerkt, sondern deren zu behandelnde Gebrechen. Bei Grevens Termin um 11:30 Uhr hatte sie schlicht »Knie« eingetragen. Vor Greven standen noch drei weitere Termine auf dem Blatt: Rücken um 9:15, Hand um 10:30 und Nacken um 11:15 Uhr.
    »Demnach wäre der Nacken unser Täter«, meinte Hansen vorsichtig.
    »Das könnte schon sein«, stimmte ihm Greven zu, »sofern er auch tatsächlich zu dem Termin erschienen ist und nicht jemand anderes plötzlich vor der Tür dort gestanden hat. Auf jeden Fall müssen wir alle heutigen Patienten ermitteln, vor allem den Nacken natürlich. Eine Patientendatei habt ihr nicht zufällig gefunden?«
    »Ebenso wenig wie irgendwelche Bücher. Ihre schwarze Kasse, wie du sie nennst, war wirklich eine.«
    »Hätte mich auch gewundert, wenn’s nicht so gewesen wäre«, sagte Greven. »Sonst noch etwas Wichtiges?«
    »Vielleicht. Diese Quittung lag unter dem Arm der Toten«, antwortete Hansen und reichte ihm noch ein Tütchen.
    »Von heute Morgen. Drei Bücher à vierzehn neunzig. Supermarkt Rah«, entzifferte Greven. »An den Käufer der drei Bücher wird sich bestimmt jemand erinnern. Und das nennst du nichts?«
    Hansen lehnte sich an den Türrahmen und lächelte. Um ihn herum wurde noch immer ausgemessen, fotografiert und daktyloskopiert. Greven wechselte noch ein paar Worte mit seinen Kollegen Jaspers und Häring und ging dann über die kleine, geklinkerte Treppe auf die Deichkrone, wo ihn das schottische Tief mit einem kalten Nieselregen empfing. Trotz des Wetters hatten sich mehrere Schaulustige an der Slipanlage und hinter der Absperrung eingefunden, die das Haus mit den zwei Giebeln umgab. Einige der Älteren, die ihn mit einem Nicken grüßten, erkannte er, wenn ihm auch hier und da die Namen fehlten. Die Mehrheit bildeten jedoch Kinder, viele davon in dem Alter, in dem er die ersten Geschichten über das Hexenhaus gehört hatte. Greven fragte sich, welche Geschichten dieser Generation erzählt worden waren, und welche Geschichten nach diesem Mord das Haus am Deich würde erdulden müssen. Eine sportliche Person mit schwarzen Jeans, blauer Windjacke und Pudelmütze konnte er nicht ausmachen.

 
     
     
     
    5
    »Du hast es mir doch fest versprochen?!«
    »Das ist eine längere Geschichte«, antwortete Greven, der seine Grogfahne längst vergessen gehabt hatte.
    »Das glaube ich!«, zischte Mona. »Und was hast du da überhaupt an!?«
    »Alte Klamotten vom alten Ysker«, erklärte Greven abgespannt. »Der gehört nämlich auch zu der Geschichte, und der hat mir auch den Grog gemacht. Übrigens aus rein medizinischen Gründen. Aber das ist nicht das …«
    »Jetzt erzähl mir bloß nicht, du bist auf dem Weg zu Frau Bogena in den Hafen gefallen«, unterbrach ihn Mona mit einem Blick, den er an ihr gar nicht schätzte, denn er erinnerte ihn an eine gefürchtete Oberstudienrätin, die ihm in der Oberstufe mehrmals das Schwänzen vermiest hatte.
    »Im Prinzip hat es sich so abgespielt«, gab Greven zu, »aber das ist nicht die ganze Geschichte, denn während ich …«
    »Warst du überhaupt bei Frau Bogena?«, unterbrach ihn Mona erneut. »Hast du dir dein Knie überhaupt behandeln lassen?«
    »Ich war bei ihr«, versicherte Greven, der endlich seine Ersatzkleider, seine Plastiktüte mit seinen nassen Sachen, den Schmutz des Brackwassers und seine Geschichte loswerden wollte.
    »Aber
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