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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)
Autoren: Patricia Cornwell
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wird.
    »Was ist mit Bildbearbeitung? Vielleicht kriegen wir ja so raus, wer die Person im Schnellboot ist.« Ich spreche von dem Videoclip. Dabei zerbreche ich mir den Kopf über Mildred Lott.
    »Vergiss es«, sagt Lucy.
    »Es ist einfach lächerlich«, schimpfe ich vor mich hin, als ich keine Nachricht vorfinde, die mich von der Angel lässt.
    Früher genügte der Verteidigung mein Autopsiebericht, weshalb mein persönliches Auftreten im Gerichtssaal weder notwendig noch überhaupt erwünscht war. Doch seit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache Melendez vs. Diaz hat sich das Leben amerikanischer Forensikexperten von Grund auf geändert. Channing Lott will die Person, der er die Anklage verdankt, vortanzen lassen. Der milliardenschwere Industrielle steht wegen Mordes vor Gericht und wird beschuldigt, einen Profikiller auf seine nun mutmaßlich tote Frau angesetzt zu haben. Und deshalb verlangt er, heute Nachmittag um zwei meine Gesellschaft genießen zu dürfen.
    »Mehr als du jetzt auf dem Video siehst, wirst du auch nicht zu sehen kriegen.« Lucy leert ihr Kaffeeglas. »Da ist nichts zu machen.«
    »Und wir sind sicher, dass es nicht irgendwo eine Software gibt, die unserer hier im CFC überlegen ist?« Ich kann mich einfach nicht damit abfinden.
    »Einer von mir entwickelten Software überlegen?« Sie steht auf und nähert sich meinem Computerbildschirm. »Unserer Software kann niemand das Wasser reichen. Das Problem ist die Überbelichtung des Materials.«
    Sie klickt es mit der Maus an, um es mir zu zeigen. Seit einiger Zeit trägt sie einen dicken goldenen Ring am Zeigefinger und am Handgelenk einen Chronographen aus Stahl. Sie hält den Film bei der Aufnahme der Gestalt ohne Gesicht im Heck des Bootes an und erklärt mir, sie habe verschiedene Versionen des Videoclips angefertigt, die Helligkeit reduziert und dafür die Schärfe erhöht. Fehlanzeige.
    »Der Mensch, der die Aufnahmen gemacht hat, hat dabei direkt in die Sonne geschaut«, verkündet sie. »Und die verschatteten Stellen kann nichts auf der Welt wiederherstellen. Also bleibt uns nur übrig, auf der Grundlage von Kontext und Umständen zu mutmaßen, wer die Person im Boot möglicherweise sein könnte.«
    Mutmaßen
reicht mir aber nicht. Ich lasse den Film noch einmal ablaufen, und zwar bis zu der Stelle am Fluss, von der uns man mit dem Schnellboot in etwa einer Stunde einen felsigen, kahlen Hügel erreicht. Dort hat die amerikanischen Paläontologin Dr. Emma Shubert mit einigen Kollegen von der University of Alberta Ausgrabungen durchgeführt, als sie vor knapp neun Wochen verschwand. Laut Zeugenaussagen wurde sie zuletzt am 23 . August gegen zehn Uhr abends gesehen, als sie nach dem Essen im Speisezelt durch ein Wäldchen zu ihrem Wohnwagen auf einem Campingplatz in Pipestone Creek zurückkehrte. Am nächsten Morgen stand die Tür des Wohnwagens offen, und Shubert war fort.
    Bei meinem Telefonat mit einem Ermittler der Royal Canadian Mounted Police gestern Abend habe ich erfahren, dass es keine Kampfspuren gab. Nichts wiese darauf hin, dass Emma Shubert in ihrem Wohnwagen überfallen worden sei.
    »Wir müssen rausfinden, wer mir das geschickt hat«, sage ich zu Lucy. »Und warum. Ob sie womöglich die Person im Schnellboot ist und was da los war. Ihr Gesichtsausdruck. Ist sie glücklich? Traurig? Verängstigt? War sie freiwillig an Bord?«
    »Das kann ich dir nicht beantworten.«
    »Ich will sie sehen.«
    »Das wird dir auf diesem Videoclip nicht gelingen. Es gibt hier nichts zu sehen.«
    »War sie unterwegs zum Knochenbett, um Ausgrabungen zu machen, oder kehrte sie von dort zurück?«
    »Nach dem Stand der Sonne und den Satellitenbildern von diesem Teil des Flusses zu urteilen«, erwidert Lucy, »fuhr das Schnellboot nach Osten, ein Hinweis darauf, dass es Morgen gewesen sein könnte. Es war offensichtlich ein sonniger Tag, und davon gab es im letzten August in diesem Teil der Welt nicht viele. Interessanterweise hat zwei Tage vor ihrem Verschwinden, also an dem Tag, als sie den Pachyrhinosauruszahn fand, die Sonne geschienen.«
    »Also schließt du aus dem Wetter, dass der Film am 21 . August entstanden ist.«
    »Offenbar ist sie an diesem Tag zur Ausgrabungsstätte gefahren, mit dem Schnellboot zum Knochenbett am Wapiti River«, wiederholt Lucy Informationen, die auch die Nachrichten gebracht haben. »Also könnte der Film am fraglichen Vormittag mit einem iPhone an Bord des Bootes gemacht worden sein. Sie besitzt ein
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