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Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf

Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf

Titel: Kleiner Werwolf - Funke, C: Kleiner Werwolf
Autoren: Cornelia Funke
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Kuss auf die Backe. »Moritz!«, rief sie. »Du hast Bartstoppeln! Paul! Bitte fühl du mal!«
    »Tatsache!«, sagte Paul. »Der Kleine sollte sich mal rasieren.«
    »Kommt bei mir eben ein bisschen früher«, sagte Motte.
    Paul guckte neidisch auf ihn runter. Er hatte noch kein einziges Barthaar. Obwohl er jeden Morgen im Spiegel danach suchte. Zum Glück klingelte in dem Moment Lina.
    »Siehst ziemlich normal aus«, sagte sie, während sie die Straße runtergingen. »Nur deine Augen …«
    »Ja, ja, ich weiß«, sagte Motte. »Ich werd mir ’ne Sonnenbrille kaufen. Ist dir schon was eingefallen?«
    Lina kicherte. »Besorg dir einen guten Rasierapparat!«
    »Haha«, murmelte Motte.
    Er fühlte sich seltsam, sehr seltsam. Daran, dass er die Flöhe husten hörte, hatte er sich gewöhnt, auch daran, dass er roch, was die Leute zum Frühstück gegessen hatten. Aber da war noch etwas anderes in ihm. Etwas, das ihm Angst machte.
    »Guck mal.« Lina blieb vor dem Zoogeschäft stehen, an dem sie jeden Tag vorbeikamen. »Sie haben neue Meerschweinchen. Süß, was?«
    »Hm!«, brummte Motte. »Schön fett.«
    Entsetzt guckte Lina ihn an. »Was hast du gesagt?«
    »Ist mir nur so rausgerutscht«, sagte Motte – und leckte sich die Lippen. Sein Magen knurrte scheußlich. Schon den ganzen Morgen. »Lina, ich geh nicht zur Schule«, sagte er.
    »Was?« Erschrocken sah Lina ihn an.
    »Ich hab im Moment wirklich andere Sorgen!«, rief Motte. »Verstehst du das denn nicht?«
    Ein Mann mit einem großen Schäferhund kam vorbei. Der Hund knurrte. Motte knurrte mit gebleckten Zähnen zurück. Der Schäferhund sprang vor Schreck fast auf die Straße. Mit eingezogenem Schwanz zerrte er seinen Besitzer weiter.
    Lina guckte besorgt auf Motte runter.
    »Siehst du?«, fragte er.
    Sie nickte. »Du solltest zum Arzt.«
    »Ja, ja. Aber erst muss ich was über diese Werwolf-Sache rausfinden«, sagte Motte. »Und das werd ich bestimmt nicht in der Schule.«
    Lina schüttelte den Kopf. »Nee, ganz bestimmt nicht«, sagte sie. »Ich schlag vor, wir leihen uns ein paar schlaue Bücher aus.«
     
    So früh am Morgen waren die zwei die einzigen Besucher in der Bücherei.
    Im Computer fand Motte sieben Bücher über Werwölfe. Eins war ein Bilderbuch, eins ein Klapp- und Ziehbuch mit Monstern, und in zweien bildete sich jemand bloß ein, ein Werwolf zu sein. Die drei übrigen standen in der Erwachsenenabteilung.
    »Also los«, sagte Lina.
    »Das ist aber die Erwachsenenabteilung!«, rief die Bibliothekarin, als sie sich hinüberschlichen.
    »Wissen wir!«, rief Lina zurück.
    Daraufhin guckte die Bibliothekarin nur noch grimmig und kaute auf ihrem Bleistift herum.

    Alle drei Bücher waren da. Ziemlich alt sahen sie aus.
    Lina zog Motte zu einem Tisch, wo die Bibliothekarin sie nicht beobachten konnte. Dann schlug sie das erste Buch auf. Lina konnte schneller lesen, als Motte die Seiten umblätterte. Mit gerunzelter Stirn hing sie über den vergilbten Seiten. Ganz still war es. Motte hörte, wie die Bibliothekarin drüben an ihren Fingernägeln kaute.
    »Hier steht was«, flüsterte Lina. »Hör zu!
Bei verschiedenen Völkern gibt es Berichte über Menschen, die sich in Wölfe verwandelten, nachdem sie von einem Wolf gebissen wurden. Der Gebissene bemerkt zunächst nur ein leichtes Jucken der Haut, aber schon bald stellt sich vermehrter Haarwuchs ein. Die Augen verfärben sich gelb, Gehör und Geruchssinn werden schärfer, und das Wesen des Wolfes ergreift langsam, aber sicher Besitz von dem Gebissenen.
«
    Motte sank auf seinem Stuhl zusammen. »Klingt scheußlich«, flüsterte er.
    »In den folgenden Nächten«
, fuhr Lina fort,
»verstärken sich die Anzeichen. Die Verwandlung schreitet stetig voran, bis schließlich in der nächsten Vollmondnacht aus dem Gebissenen ein Werwolf wird, der die Wolfsgestalt nie wieder ablegt.«
    »Die nächste Vollmondnacht?«, fragte Motte. »Wann ist die?«
    Lina zuckte die Achseln. »Weiß nicht.«
    »Und?« Motte rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. »Steht da nichts, was man dagegen machen kann?«
    Lina schüttelte den Kopf, klappte das Buch zu und nahm sich das nächste vor.
    Motte rieb seine verletzte Hand. Als die Bibliothekarin durch die Regale zu ihnen rüberguckte, bleckte er die Zähne.
    »Lass das!«, zischte Lina. »Hier steht wieder was:
Spürt der Gebissene erste Anzeichen einer Verwandlung, so muss er unbedingt auf jegliches Fleisch verzichten, den Kontakt mit Hunden meiden und sich nachts so
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