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Klausen

Klausen

Titel: Klausen
Autoren: Andreas Maier
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Kerschbaumer war da, der Stadtrat Moreth, die alte Gruber … allesamt irgendwelche Klausner, die seiner Schwester seit ihrer Ankunft durch die Gassen hinterherliefen auf der Jagd nach einem Autogramm oder einem Gesprächsfetzen mit der neuerdings berühmten Klausnerin. So, sieh an, der Stadtrat Moreth mit seinem roten Gesicht ist also auch so einer, sagte sich Gasser … Kaum kommt wer aus dem Fernsehen in die Stadt, fallen sie sofort um mehrere Entwicklungsstufen zurück, diese Klausner … Er betrachtete die Menschentraube eine ganze Weile, sie löste sich nun auf, nach einigen Minuten war die Straße wieder leer. Gasser lachte immer wieder, während er nach wie vor durch das Fenster nach draußen starrte, und murmelte irgend etwas vor sich hin, was seine Mutter und seine Schwester aber nicht verstanden. Er schien völlig abwesend zu sein, wie er so auf die leere Gasse starrte. Was ist denn dort so zum Lachen, fragte seine Mutter. Er: Wieso zum Lachen? Habe ich denn gelacht? Ja, jetzt fällt es mir wieder ein, ich habe eben gelacht. Ich habe über den Stadtrat Moreth gelacht. Seine Schwester, von der Couch aus: Wie komme er denn auf den Stadtrat Moreth? Und warum sei erüberhaupt die ganze Zeit so fürchterlich nervös? Gasser: Ich komme auf den Stadtrat Moreth, weil dieser heute im Tagblatt zitiert worden ist. Es klang alles so vernünftig, was Moreth dort sagt, es ging übrigens um diese von Taschner ins Leben gerufene Bürgerinitiative, aber von der weißt du sicher nichts, du bist ja schon einige Zeit nicht mehr hier gewesen, in Klausen … Nun, zumindest klingt, was dieser Moreth sagt, so vernünftig, wenn es in der Zeitung steht, aber wenn man ihn dann vor sich sieht, als Person, mit seinem roten Kopf, und mit welch eigenartigen Begehrlichkeiten … die Menschen haben allesamt so eigenartige Begehrlichkeiten, wenn sie privat sind, und er wird ja wohl eben privat gewesen sein, dort unten. Von welchen Begehrlichkeiten er denn spreche, fragte Kati. Irgendwelche Begehrlichkeiten werden es schon sein, sagte Gasser, sonst würde er dir doch nicht durch die halbe Oberstadt hinterherlaufen. Kati sagte, sie kenne diesen Moreth überhaupt nicht, wovon spreche er denn die ganze Zeit? Gasser lachte auf und klatschte begeistert in die Hände … Eine Weile schwiegen dann alle drei, denn Gasser sah wieder sehr nachdenklich aus. Er stand immer noch vor dem schmalen Fenster und blickte auf die nun menschenleere Gasse, als fessele dort nach wie vor irgend etwas seine Aufmerksamkeit. Dann: Unsere Mutter behauptet seit neuestem sogar, ich sei auf dich neidisch. O ja, ich bin auf dich neidisch, ich gebe es zu. Aber weißt du auch, worauf ich neidisch bin? Sie: Nein. Mein Gott, er solle doch aufhören, sich alle diese Gedanken zu machen,das bringe nichts. Er mache sich doch nur selbst damit unglücklich. Wieso quäle er sich denn bloß immer so mit allem? Er: Ich beneide euch deshalb, weil für euch alles so ausgemacht einfach ist. Ihr tut, was ihr tut. Darum beneide ich euch. Du hast deinen Beruf noch nicht einmal angestrebt, ich weiß es, auch wenn es alle heute immer anders darstellen und behaupten, der Film sei dein einziges Ziel gewesen (denn du behauptest das ja seit neuestem auch, in all diesen Magazinen). Und obwohl du ihn gar nicht angestrebt hast, deinen Beruf, und alles mehr oder minder einfach so gekommen ist, denn du hattest überhaupt nie ein Ziel, es gab für dich dabei offenbar keinerlei Notwendigkeit, so nimmst du es dennoch einfach hin und bist zufrieden damit. Sie: Aber ja, wieso sollte sie denn nicht zufrieden sein? Gasser lief jetzt wieder unruhig auf und ab. Er wußte, daß nicht zu verstehen war, was er sagte … Dann blieb er stehen und starrte seine Mutter und seine Schwester an. Er geriet nun immer mehr in seltsame Gedanken. Ich bin ein völlig normaler Mensch, sagte er. Ich arbeite im Fremdenverkehrsverein. Ich bin einer wie jeder andere. Ich möchte, daß ihr das zur Kenntnis nehmt. Gasser klatschte in die Hände, schaute ganz euphorisch und rief: Ja genau, jetzt habt ihr es! Ich bin wie alle anderen! Es war überhaupt ein Fehler, zu studieren und hier wegzugehen, ihr habt von Anfang an recht gehabt. Es gibt über mich nichts zu sagen, merkt euch das. Das ist das allerwichtigste: daß es über einen nichts zu sagen gibt. Das ist doch alles in einer ekelhaften Weise eingebildet,ich kann es nicht ertragen. Und das ist die Wahrheit, die einzige Wahrheit, versteht ihr! Daß nämlich alles gleich ist, und
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