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Klassenziel (German Edition)

Klassenziel (German Edition)

Titel: Klassenziel (German Edition)
Autoren: T. A. Wegberg
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Annäherungsversuch meines Vaters eiskalt abgeblockt. Dabei fühlte ich mich immer mehr wie Nick, und das war echt gruselig.

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    W eil Moritz wegmuss, machen wir nach zwei Stunden Schluss. Oben vor der Apotheke bleiben wir alle noch kurz stehen.
    «Kriegen wir das hin bis in zehn Tagen?», frage ich zweifelnd.
    «Na klar», lächelt Kenji.
    «Hoffentlich», sagt Toshi.
    «Na ja, da müssen wir noch ganz schön dran arbeiten», meint Moritz.
    Aber eins steht fest: Wir sind alle vier fest entschlossen.
    Ich muss um halb elf zu Hause sein. Jetzt ist es kurz nach neun. Moritz verschwindet wieder in Richtung U-Bahn, und ich frage: «Gehen wir noch was trinken?» Zu meiner Überraschung ist nicht nur Kenji einverstanden, sondern auch Toshi. Wir gehen in eine abgeranzte Döner-Bude auf der anderen Straßenseite, wo lauter betäubte Alkoholiker an den Tischen hocken. Alle glotzen uns schweigend an.
    Toshi sagt zunächst kein Wort, was auch nicht weiter auffällt, weil Kenji dafür umso mehr redet, aber ich bin neugierig auf unseren Keyboarder und beziehe ihn absichtlich immer wieder ins Gespräch ein, damit er auftaut. Nachdem ich ihm mehrmals gesagt habe, dass er total gut Keyboard spielt, mich für seine professionellen CDs bedankt, seine Jacke bewundert und ihn nach seiner Arbeit gefragt habe, kommt er allmählich in Gang und antwortet in ganzen Sätzen. Als er dann sogar zum ersten Mal lächelt, fühle ich mich, als hätte ich den Fujiyama bezwungen.
    Toshi geht um kurz vor zehn, und eigentlich müsste ich auch los, aber ich hole am Tresen noch je eine Cola für Kenji und mich. «Komm, wir geben uns die Kante», sagt er und stößt seine Flasche mit einem trüben Klirren gegen meine. «Auf unseren ganz großen Durchbruch.»
    «Blinddarm oder Magen?»

    H aben wir eigentlich noch diesen Bordeaux im Keller?», fragte mein Vater. «Den wir mal von Hock & Sacher bekommen haben?» Hock & Sacher war eine Firma, für die mein Vater mal gearbeitet hatte – eine ziemlich große und ziemlich erfolgreiche Firma, die zu Weihnachten großzügige Geschenke an ihre Dienstleister verteilte. Darunter war auch diese Kiste mit drei Flaschen Luxusgesöff gewesen, für das es aber nie den passenden Anlass gegeben hatte.
    «Ja!», strahlte meine Mutter. «Sollen wir den jetzt mal köpfen?»
    Ich war starr vor Schreck. Das war doch nicht ernst gemeint! Es konnte doch nicht sein, dass mein Vater diesen Superduperedelwein für … für Uwe opfern wollte? Für ein Zusammentreffen mit dem neuen Liebhaber seiner eigenen Ehefrau? Hallo? Das war doch wohl ein beschissener Albtraum, oder?
    «Jamie, sei doch mal so gut und hol die Kiste hoch», jubilierte meine Mutter, die das Ganze im Gegensatz zu mir für eine endgeile Idee zu halten schien. Ich blieb stocksteif auf meinem (nein, auf Nicks) Platz sitzen. Aber ausnahmsweise mal nicht aus Bockigkeit, sondern weil ich wirklich bewegungsunfähig war. «Jamie!», sagte meine Mutter und gab dem Wort ein paar scharfe Kanten. Kein Jubilieren mehr, sondern eine erste versteckte Drohung.
    Als ich immer noch nicht reagierte, schnippte Uwe direkt vor meinem Gesicht mit den Fingern. «Hey, junger Mann! Deine Mutter redet mit dir!» Ich stellte mir vor, ich könnte Feuer spucken und ohne erkennbare Anstrengung einen ungeheuren, orangeroten, tödlichen Flammenstrahl ausstoßen, der Uwe in Sekundenbruchteilen zu Asche zerfallen ließ. Dann legte mein Vater mir kurz die Hand auf die Schulter. «Lass mal, ich geh schon.»
    Ich sprang so hastig auf, dass der Stuhl fast hinter mir zu Boden kippte. «Nee, bleib sitzen.» Bleib sitzen und mach dich nicht noch mehr zum Trottel, Mann! Das verblüffte Schweigen der anderen dröhnte mir in den Ohren, während ich in Richtung Keller verschwand. Auf der Treppe wurde mir ein bisschen schwindelig, aber ich dachte, das käme davon, weil ich so schnell hochgesprungen war.

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    122
    I n den folgenden Tagen gibt es zwischen mir und meinem Vater immer wieder Stress. Leider muss ich zugeben, dass das überwiegend an mir liegt. Ich komme zu spät nach Hause, überhöre morgens den Wecker und muss ohne Frühstück zur Schule hetzen, vergesse meine Hausaufgaben, packe die falschen Bücher in den Rucksack und spiele bis tief in die Nacht Gitarre.
    Am Freitag fällt Mathe aus. Wir hätten also Mittagspause, zwei Stunden Leerlauf, danach eine Stunde Ethik und dann Wochenende. Ich überrede Kenji, Luna und Becky, mit mir gemeinsam Ethik zu
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