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Klassenziel (German Edition)

Klassenziel (German Edition)

Titel: Klassenziel (German Edition)
Autoren: T. A. Wegberg
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Auftritts. Klärt ihr das ab? Ich muss mich mal kurz um die Getränke kümmern …» Und bevor einer von beiden mich zurückhalten konnte, war ich verschwunden.
    Ich zog mich natürlich nur gerade so weit zurück, dass ich sie noch unbemerkt beobachten konnte. Die Unterhaltung der beiden war enttäuschend kurz. Dann schloss sich Billie einer ihrer vorbeiflanierenden Freundinnen an. Dominik stand mit hängenden Armen da und glotzte ihr hinterher. Sofort glitt ich an seine Seite. «Und?!»
    Er starrte immer noch auf Billies Rücken. «Hm? Ja, das geht klar mit dem Auftritt.»
    Ich stöhnte auf. «Das ist alles?»
    Nick wandte sich mir zu und guckte ärgerlich. «Was denn noch?»

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    18
    W ährend mein Nebenmann die Matheaufgabe von der Tafel in sein Heft überträgt, beobachte ich, wie meine neuen Mitschüler sich in kleinen Grüppchen zusammenfinden, die Arme recken, um ihre verspannten Muskeln zu lockern, wie sie träge Gespräche führen und miteinander lachen. Ich schnappe nur einzelne Wörter auf, und die könnten ebenso gut in einer mir unbekannten Fremdsprache gesprochen sein, so wenig Informationen geben sie mir.
    Ab und zu schaut mal jemand zu mir rüber, aber das sind immer nur ganz kurze Blicke, und ich traue mich sowieso nicht, sie zu erwidern. Weil ich nicht weiß, wohin mit mir, wühle ich in meinem fast leeren Rucksack herum, entdecke die Äpfel und nehme einen davon heraus, dankbar, mich mit irgendwas beschäftigen zu können.

    I ch hatte mich im letzten halben Jahr an der Grundschule so angestrengt, aufs Gymnasium zu kommen, dass mir Lernen und aufmerksames Zuhören sozusagen zur zweiten Natur geworden waren. Zu Hause machte ich nicht mehr als unbedingt notwendig, dafür war mir meine Freizeit zu schade. Aber in der Schule passte ich ziemlich gut auf und beteiligte mich sehr viel am Unterricht. Meine mündlichen Noten waren in allen Fächern gut bis sehr gut, da konnte ich mir schon mal eine vergessene Hausaufgabe oder einen versiebten Vokabeltest erlauben. Außerdem war ich bei den Lehrern beliebt.
    Dominiks Noten dümpelten stattdessen immer im Mittelfeld rum, mit einer leichten Abwärtstendenz. Er war noch nie der Liebling der Lehrer gewesen. Ich kann mich erinnern, dass meine Eltern schon in seiner Grundschulzeit alle paar Monate in der Schule antanzen mussten, weil Frau Langendonk sich mal wieder über ihn beklagen wollte. Und mindestens einmal in der Woche hatte er einen Eintrag in seinem Hausaufgabenheft, den er abzeichnen lassen musste.
    «Dominik zeigt keinerlei Interesse am Unterricht.»
    «Dominik hat trotz mehrfacher Ermahnung sein Comicheft nicht weggelegt.»
    «Dominik konnte keine einzige Frage zum Text beantworten, der zu Hause gelesen werden sollte.»
    Das ließ später am Gymnasium nach, da wurden die Eltern nicht mehr so stark eingebunden. Aber ich kriegte schon mit, dass seine Probleme mit den Lehrern nicht kleiner wurden. Wir teilten uns ja ein Zimmer, also bekam ich öfter mal seine versemmelten Arbeiten zu Gesicht. In manchen war mehr mit roter Tinte geschrieben als mit blauer.
    Wenn ich Nick darauf ansprechen wollte, mauerte er sofort. «Was geht dich das denn an? Schnüffelst du in meinen Schulsachen rum oder was?» Er wurde dann so wütend, dass ich mich nicht traute, weiter nachzuhaken. «Der Pesch ist doch ein totales Arschloch», fügte er hinzu. «Der hat doch überhaupt keine Ahnung.»

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    19
    I ch folge meinem Banknachbarn durch das Treppenhauslabyrinth zu allen wichtigen Punkten der Schule, vom Jungsklo bis zur Schülerbibliothek und von der Mensa bis zur Turnhalle. «Und das hier ist das Wichtigste», sagt mein Sitznachbar, während er auf den Kiosk zusteuert. «Der hat nur in den Pausen auf. Also muss man sich seine Vorräte gut einteilen.» Er holt zwei Mars-Riegel und gibt mir einen ab. Ich kriege ein schlechtes Gewissen. Das wäre wohl eigentlich mein Part gewesen. Also kaufe ich zwei Dosen Red Bull. Fast gleichzeitig ziehen wir die blauen Blechlaschen auf und lassen die Kohlensäure zischen.

    A ls mein Vater das erste Mal über Nacht wegblieb, kriegte ich Angst. Er machte da gerade einen Ladenumbau auf der Dülkener Straße und nahm uns morgens immer im Auto mit zur Schule. Aber an diesem Tag saß ich ganz alleine beim Frühstück, bis Nick vom Joggen zurückkam. «Wo ist Papa?», fragte er und goss sich eine Tasse Kaffee ein.
    «Keine Ahnung», sagte ich. «Mama hab ich auch noch nicht gesehen.» Das war ziemlich
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