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Kirschroter Sommer (German Edition)

Kirschroter Sommer (German Edition)

Titel: Kirschroter Sommer (German Edition)
Autoren: Carina Bartsch
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können, dass mit jeder weiteren Sekunde die Temperatur im Raum um mindestens fünf Grad fiel. Doch diese Illusion löste sich mit einem Schlag auf, als lautes Gepolter hinter mir ertönte.
    Der Umzug. Ich hatte ihn vollkommen vergessen.
    Keuchend und schwitzend mühte sich Ingo mit zwei Kartons ab und bot mir damit die optimale Gelegenheit, die Situation zu verlassen. Schließlich hatte ich nicht vor, wegen diesem Idioten Elyas noch in den Knast zu gehen.
    Ingo murmelte irgendwas von »Kein Aufzug« und »Zu alt für so was«, als ich ihn passierte, um weitere Kartons aus dem Auto zu holen.
    Vier Stunden später und circa dreitausend Kilokalorien weniger ließ ich mich rücklings auf das große schwarze Sofa im Wohnzimmer fallen. Ich war fix und fertig.
    Außer meiner Lunge, die derartige selbstmörderische Aktivitäten nicht gewohnt war, machte mir zusätzlich mein Knie zu schaffen, weil ich Dussel natürlich mit einem schweren Karton beladen die Treppe hoch gefallen war.
    Nie wieder im Leben würde ich Alex bei einem Umzug helfen, das schwor ich mir. Sie würde hier erst wieder ausziehen, wenn sie mit den Füßen voran rausgeschoben wurde.
    »So viel Zeug kann ein einzelner Mensch doch überhaupt nicht besitzen«, stöhnte Elyas, der schwitzend und nach Luft ringend den letzten Karton durch die Tür schleppte. Er trug ihn zu den anderen, die sich bereits im Wohnzimmer stapelten, da in Alex’ Zimmer kein Platz mehr war.
    Falls das jetzt ein billiger Versuch gewesen sein sollte, mit mir Small Talk zu halten, dann hatte er sich geschnitten. Dachte er, ich hätte sein fieses Grinsen nicht bemerkt, als ich vor seinen Augen gestürzt war? »Na Hoppla«, hatte er gesagt. Aber es war kein normales »Na Hoppla« gewesen, viel mehr ein »Na – ist das Dummerchen zu blöd, um Treppen zu steigen? Bei dem fetten Arsch kein Wunder – Hoppla«.
    Gut – das mit dem fetten Arsch war jetzt vielleicht ein bisschen viel hineininterpretiert. Aber zuzutrauen wäre es ihm definitiv gewesen! Jedenfalls hatte schon sein süffisanter Tonfall ausgereicht, um bei mir die reinsten Aggressionen auszulösen.
    Missmutig schielte ich zu Elyas rüber und beobachtete, wie er sich gegen die Wand lehnte und seine Stirn abwischte. Eine vereinzelte Haarsträhne fiel ihm ins Gesicht.
    Nach all dem, was zwischen uns vorgefallen war, konnte ich einfach nicht fassen, dass er mich nicht wieder erkannt hatte. Nicht, dass er jemals wieder gut machen könnte, was er sich damals geleistet hatte oder dass auch nur die geringste Chance bestände, dass ich ihm eines Tages vergeben würde – im Leben nicht! – aber sich an mich zu erinnern, wäre das absolut Mindeste gewesen.
    Je länger ich Elyas ansah, desto finsterer wurde mein Blick. Erst als er den Kopf hob und in meine Richtung schielte, so als hätte er bemerkt, dass ich ihn anstarrte, wandte ich die Augen nach kurzem, grimmigen Blickkontakt demonstrativ von ihm ab.
    Innerlich traf ich die, wie ich fand, weise Entscheidung, dass er es nicht wert war, mich über ihn zu ärgern und bemühte mich deswegen mit aller Kraft, meinen Groll auf ihn beiseite zu schieben. Ich schloss die Lider, ließ den Kopf zurück aufs Sofa sinken, legte mir die Hände auf den Bauch und widmete mich wieder der Beschäftigung, mich von meinem letzten Treppenaufstieg zu erholen.
    Doch diese Ruhe war mir offenbar nicht vergönnt. Bereits wenige Minuten später wurde ich erneut in meiner Lethargie gestört, als es unerwartet klingelte. Völlig selbstverständlich und so, als würde sie schon ein Leben lang hier wohnen, tänzelte Alex zur Tür, um diese zu öffnen.
    »Pizzaservice«, hörte ich einen Mann rufen.
    Konnte hier jemand Gedanken lesen?
    »Pizza …«, stöhnten Elyas und ich gleichzeitig wie aus einem Mund. Für den Bruchteil einer Sekunde sahen wir uns daraufhin skeptisch an, ehe wir beide den stillen Entschluss fassten, diesen Fauxpas zu ignorieren.
    Man sollte es nicht glauben, aber Hunger schien sogar solche Menschen wie Elyas und mich zu verbinden. Da es aber unter die Kategorie »Extremsituation« fiel, schenkte ich dem keinerlei Beachtung.
    Als Alex die Tür wieder schloss und einen Stapel Pizzakartons auf den Armen balancierte, war das mein Zeichen, mich hoch zu quälen.
    Wir stürzten uns förmlich auf die Schachteln und durch viel Glück konnte ich sogar eine Pizza Margherita ergattern. Ich trug sie zu dem rechteckigen Esstisch und setzte mich zu den anderen.
    »Wer auch immer auf die Idee mit der Pizza
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