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Kirschenküsse

Kirschenküsse

Titel: Kirschenküsse
Autoren: C Bomann
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jemanden verknallt war? Und wieso konnte man sich dagegen nur so schlecht wehren?
    »Bisher war meinetwegen noch nie ein Mädchen eifersüchtig gewesen«, entgegnete er, und selbst in der Dämmerung konnte ich erkennen, dass seine Ohren zu glühen anfingen, als hätte jemand daran gezogen.
    »Dann ist es eben das erste Mal«, entgegnete ich trotzig. Mann, warum wollte es mir nicht gelingen, ihn abzuschütteln? Und warum bewegten sich meine Beine nicht mehr? Hatte Thomas etwa ein unsichtbares Gummiband gespannt, das mich zurückhielt?
    »Hör zu«, sagte er, und ehe ich mich dagegen wehren konnte, ergriff er meine Hand. Nun drehten die Schmetterlinge wahre Rekordflüge in meinem Bauch.
    »Was?«, fauchte ich ihn an, doch ich spürte, dass der Ärger in mir nicht mal mehr halb so schlimm brannte wie gestern.
    »Du hast recht, Carla wollte mehr von mir, das habe ich gemerkt. Als Vorwand wollte sie mich fragen, ob es erlaubt ist, im See zu schwimmen. Ich antwortete: ›Ja, warum nicht‹, und daraufhin hat sie mir den Kuss auf die Backe gedrückt. Ich bin nur höflich geblieben.«
    »Höflich, ja?« Wie gern wollte ich ihm glauben! Mein Gefühl sagte mir auch, dass ich ihm glauben konnte, aber ich vertraute mir selbst nicht mehr.
    »Natürlich höflich. Hätte ich ihr eine scheuern sollen? Es gab doch keinen Grund dazu. Wenn ich sie hätte küssen wollen, hätte ich es getan. Aber ich wollte nicht, weil …«
    »Weil was?«
    »Weil ich mir eigentlich meine Küsse für dich aufsparen wollte.«
    Wums, das saß! Bestimmt hatte ich noch nie so eine blöde Miene gezogen! Ich starrte Thomas an, mit offenem Mund und aufgerissenen Augen. Er war feuerrot im Gesicht, was sicher nicht davon kam, dass er mir nachlaufen musste.
    »Meinst du das im Ernst?«, fragte ich.
    Thomas nickte und blickte dann auf seine Schuhe. »Ich weiß, wir kennen uns erst ein paar Tage, aber wenn ich mich nicht in dich verknallt hätte, hätte ich dich wohl kaum zu dem Grottenspaziergang eingeladen. Und dich geküsst. Ich seh vielleicht nicht so aus, aber eigentlich bin ich eher schüchtern. Nur wenn ich mir bei etwas ganz sicher bin, werde ich mutiger.«
    Das war ein wenig ungewöhnlich für eine Liebeserklärung, aber genau genommen hatte ich auch noch keine Ahnung, wie eine Liebeserklärung auszusehen hatte.
    Mein Verstand ging sogleich die Worte durch und überprüfte ihren Wahrheitsgehalt. Da ich ja die Nacht über wach gewesen und aus dem Fenster gestarrt hatte, hätte ich natürlich auch mitbekommen, wenn Carla sich aus dem Zimmer geschlichen hätte. Soweit ich wusste, war sie auch nicht baden, denn das hätte sie sicher lauthals verkündet. Und dass sie auf Thomas stand? Möglich war es, doch sie ließ es nicht raushängen. Carla traute ich es durchaus zu, dass sie mit Eroberungen prahlte, aber wahrscheinlich hatte sie wirklich das Gefühl, abgeblitzt zu sein.
    Sonst hätte sie es mir doch sicher aufs Butterbrot schmieren wollen!
    Offenbar musste ich wohl noch lernen, dass man, wenn man verliebt war, dem anderen vertrauen musste und nicht gleich so überreagieren sollte, wie ich es getan hatte.
    »Sag mal, warum rennst du eigentlich wie angestochen durch den Park?«, fragte er nun. Vielleicht hatte er meine Verlegenheit und meinen Ärger über mich selbst gespürt und wollte deshalb nun das Thema wechseln. Was sehr nett von ihm war …
    In den vergangenen Minuten war die Jagd nach meinem Modell etwas in den Hintergrund getreten, doch nun fiel es mir wieder ein und meine Panik kehrte zurück.
    »Mein Kleid!«, rief ich und rannte wieder los. Thomas folgte mir.
    »Was ist mit deinem Kleid?«
    »Es ist verschwunden!«, entgegnete ich keuchend. »Ich wollte gerade noch einmal danach sehen, doch es war weg!«
    »Vielleicht hat es einer eurer Preisrichter mitgenommen«, mutmaßte Thomas, doch ich schüttelte sogleich den Kopf.
    »Nein, es waren Fußspuren auf dem Boden, die vom Standort des Kleides nach draußen führten. Wahrscheinlich trägt es gerade jemand durch die Gegend und bringt es als Vogelscheuche an einem der Bäume an!«
    »Dann werde ich dir helfen«, schlug Thomas vor. »Vielleicht ist es noch nicht zu spät.«
    »Ja, vielleicht«, entgegnete ich und deutete während des Laufs auf das Gras. »Nur leider haben wir die Spur verloren.«
    »So groß ist der Park nicht«, entgegnete Thomas zuversichtlich. »Komm, ich kenne ein paar Abkürzungen.«
    Wir schlugen uns ins Gebüsch, und obwohl ich zunächst fürchtete, dass wir den Überblick
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