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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser
Autoren: Sue Grafton
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Scotch. Er stellte die beiden Getränke und eine Schale Salzgebäck auf den Tisch. Eckert bezahlte und legte ein Trinkgeld dazu. Der Kellner bedankte sich und ging.
    Als sich die Tür wieder geschlossen hatte, schnitt ich ein anderes Thema an. »Ich habe mit Harris Brown gesprochen.«
    »Gut. Und wie geht es ihm?«
    »Prima, wie es scheint. Eine Zeitlang hatte ich ihn in Verdacht, Wendell Jaffe ermordet zu haben.«
    »Sie denken an Mord?«
    »Das ist doch logisch«, sagte ich.
    »Logisch? Wieso? Es ist genauso logisch anzunehmen, daß er sich wieder einmal aus dem Staub gemacht hat«, meinte Eckert. »Oder warum nicht Selbstmord? Die Leute hier haben ihn ja nicht gerade mit offenen Armen aufgenommen. Könnte es nicht sein, daß er sich das Leben genommen hat? Haben Sie das in Betracht gezogen?«
    »Könnte es nicht sein, daß er von Außerirdischen entführt wurde?« konterte ich.
    »Kommen Sie zur Sache. Ich merke, daß ich ungeduldig werde. Es war ein langer Tag. Ich bin erledigt. Und ich habe mindestens eine Million Dollar eingebüßt. Das ist nicht lustig, glauben Sie mir.«
    »Vielleicht haben Sie ihn getötet.«
    »Weshalb hätte ich ihn töten sollen? Der Kerl hat mir mein Geld gestohlen. Wenn er tot ist, wie soll ich es dann je wiederbekommen?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Erstens mal war es gar nicht Ihr Geld. Die Hälfte gehörte ihm. Ich habe nur Ihr Wort dafür, daß das Geld weg ist. Woher soll ich wissen, daß Sie es nicht selbst vom Boot geholt und woanders verstaut haben? Vielleicht fürchten Sie, daß Harris Brown jetzt, da er Bescheid weiß, noch mehr verlangt.«
    »Glauben Sie mir, das Geld ist weg«, sagte er.
    »Weshalb sollte ich Ihnen irgend etwas glauben? Sie haben Konkurs erklärt und ihre Anleger leer ausgehen lassen, obwohl Sie das Geld gehabt hätten, ihnen wenigstens einen Teil dessen wiederzugeben, was ihnen gehörte. Sie haben den Armen gespielt und hatten Millionen unter der Matratze versteckt.«
    »Ich weiß, wie es aussieht.«
    »Es sieht nicht nur so aus. Es war so.«
    »Sie können nicht im Ernst glauben, daß ich ein Motiv hatte, Wendell zu töten. Sie wissen ja nicht einmal, ob er tot ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist er es nicht.«
    »Ich weiß nicht, was wahrscheinlich ist und was nicht. Schauen wir es uns einfach mal an: Sie hatten das Geld. Er kam her, um sich seinen Anteil zu holen. Sie hatten das Geld schon so lange, daß Sie es als Ihr alleiniges Eigentum ansahen. Wendell ist fünf Jahre >tot< gewesen. Wen stört es, wenn er >tot< bleibt? Dana würden Sie damit einen Riesengefallen tun. Denn wenn Wendell lebt, muß sie das Versicherungsgeld zurückgeben.«
    »Hören Sie mal, ich habe am Donnerstag mit Wendell gesprochen und seitdem nichts mehr von ihm gehört.«
    »Keiner außer Renata hat seitdem von ihm gehört«, sagte ich.
    Er stand abrupt auf und ging zur Tür. Ich folgte ihm auf dem Fuß und drängte mich mit ihm durch die Tür. Die Leute drehten sich nach uns um, als wir uns durch die brechend volle Bar drängten. Er rannte die Treppe hinunter und zur Tür hinaus. Merkwürdigerweise ließ mich der Gedanke, er könnte mir entwischen, ziemlich kalt. Etwas regte sich in meinem Hirn. Etwas, das mit Wendell und dem zeitlichen Ablauf der Ereignisse zu tun hatte; mit dem Dinghy, das hinter der Lord im Wasser schaukelte wie ein junges Entlein hinter der Mutter. Ich konnte es noch nicht festmachen, aber das würde schon noch kommen.
    Eckert blieb vor dem verschlossenen Tor zum Jachthafen stehen. Er kramte nach seiner Karte, und ich lief hinter ihm die Rampe hinunter. Er wandte sich hastig um, und dann flog sein Blick aufwärts zur Mole hinter mir. Auch ich drehte mich um und sah hinauf. Eine Frau stand am Geländer. Sie war barfuß und hatte einen Trenchcoat an. Sie blickte zu uns hinunter. Ihre nackten Beine und ihr bleiches Gesicht schimmerten in der Dunkelheit. Renata.
    »Augenblick!« sagte ich. »Ich möchte mit ihr reden.«
    Eckert achtete gar nicht auf mich. Er trat durch das Tor, während ich umkehrte. Die gekrümmte Mauer an der Mole ist ungefähr einen halben Meter breit, ein hüfthoher Betonsims. Unablässig schlagen die Wellen krachend gegen den Damm, und das Wasser schießt in Fontänen steil in die Höhe. Eine Gischtlinie zieht sich an der Mauer entlang und um die Kurve herum, die durch eine Reihe Fahnenstangen markiert ist. Der Wind, der vom Ozean hereinbläst, treibt ständig feinen Sprühregen in diese Richtung, während auf den Fußweg auf der
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