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Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Titel: Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist
Autoren: Sue Grafton
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zu begreifen.
    »Ich wüsste jemanden, falls Sie sich dazu entschließen«, sagte Galishoff. »Ein hiesiger Privatdetektiv mit Erfahrung im Personenschutz. Im Moment ist er ziemlich ausgelaugt, aber er ist ein hervorragender Mann.«
    »Genau das, was ich brauche — jemanden, dem seine Arbeit zum Hals heraushängt.«
    Galishoff lachte wieder. »Lassen Sie sich dadurch nicht beirren. Der Typ ist gut. Er hat vor Jahren in Kalifornien gelebt und liebt es. Vielleicht hat er Lust auf einen Tapetenwechsel.«
    »Ich nehme an, er ist verfügbar.«
    »So viel ich weiß — ja. Ich habe erst vor ein paar Tagen mit ihm gesprochen. Er heißt Robert Dietz.«
    Ich zuckte leicht zusammen. »Dietz? Den kenn ich. Hab vor etwa einem Jahr wegen einem meiner Fälle mit ihm telefoniert.«
    »Haben Sie seine Telefonnummer?«
    »Die muss hier irgendwo sein, aber Sie können sie mir trotzdem geben.«
    Er nannte sie mir, und ich schrieb sie auf. Damals hatte ich mit dem Mann nur telefonisch zu tun gehabt, aber er war gründlich und tüchtig gewesen und hatte keinen Cent von mir verlangt. Ich schuldete ihm wirklich was. Bei Galishoff klingelte das Telefon.
    »Warten Sie einen Moment«, sagte er. Er schaltete auf eine andere Leitung um, blieb eine Weile weg und schaltete sich wieder ein. »Tut mir Leid, aber ich muss jetzt Schluss machen, da ist ein Gespräch für mich. Teilen Sie mir mit, wie Sie sich entscheiden, ja?«
    »Mach ich«, sagte ich. »Und: danke. Passen Sie auf sich auf.« »Sie auch.« Und weg war er.
    Ich legte auf, starrte den Apparat aber immer noch an. Ein Mordauftrag? Wie oft hatte im vergangenen Jahr jemand versucht, mich umzubringen? Nun, so oft auch nicht, dachte ich voller Abwehr, aber das ist etwas Neues... Soviel ich wusste, hatte noch nie jemand einen bezahlten Killer auf mich angesetzt. Ich versuchte mir Tyrone Patty vorzustellen, wie er in Carson City die Sache mit einem Profikiller besprach. Irgendwie kam es mir merkwürdig vor. Erstens konnte ich mir einen Menschen, der auf diese Art sein täglich Brot verdiente, nur schwer vorstellen. War es Saisonarbeit? Gab es Sonderprämien? War der Preis herabgesetzt, weil gleich vier auf einen Streich abzuservieren waren? Ich musste Galishoff recht geben — fünfzehnhundert Dollar pro Kopf waren ein Klacks. Im Kino bekommen gedungene Mörder fünfzig- bis hunderttausend; wahrscheinlich will man dem Publikum vorgaukeln, das menschliche Leben sei so viel wert. Ich nehme an, ich hätte mich geschmeichelt fühlen sollen, weil ich mit von der Partie war. Ein Offizialverteidiger, ein Bezirksstaatsanwalt und ein Richter? Eine vornehme Gesellschaft für eine Privatschnüfflerin aus der Kleinstadt wie mich. Ich betrachtete Robert Dietz’ Telefonnummer, brachte es aber nicht fertig, ihn anzurufen. Vielleicht war die Krise vorbei, ehe ich etwas zu meinem Schutz unternehmen musste. Die entscheidende Frage war, sollte ich mit Henry Pitts über die Sache sprechen? Nein. Er würde sich nur aufregen — wozu also?
    Als es klopfte, zuckte ich zusammen, als hätte mich ein Schuss getroffen. Zwar drückte ich mich nicht flach an die Wand, aber ein bisschen vorsichtiger als sonst war ich schon, als ich hinausspähte, um zu sehen, wer da war. Es war Rosie, der eine Kneipe in der Nachbarschaft gehört. Sie ist Ungarin und hat einen Familiennamen, den ich nicht aussprechen könnte und aus dem Stegreif auch nicht buchstabieren kann. Ich glaube, sie ist eine Art Mutterersatz, jedoch nur für jemanden, der sich gern von einer Geschlechtsgenossin schurigeln lässt. Sie steckte in einem ihrer Muumuus — einem losen Kleid, wie es in Hawaii getragen wird; dieses war olivgrün, bedruckt mit Inseln, Palmen und Papageien in schrillem Pink und Chartreuse. In der Hand hatte sie einen mit einer Papierserviette zugedeckten Teller.
    Als ich die Tür öffnete, schob sie mir den Teller wortlos unter die Nase; das war nun mal ihr Stil. Es gibt Leute, die ihn ungehobelt nennen.
    »Hab dir zum Geburtstag ein Stück Strudel gebracht«, sagte sie. »Nicht Apfel. Nuss. Der beste, den ich je gemacht habe. Schmeckt nach mehr.«
    »Das ist aber nett, Rosie!« Ich hob ein Eckchen der Papierserviette an. Der Strudel war angeknabbert, aber sie hatte nicht sehr viel genascht. »Der sieht ja wunderbar aus«, sagte ich.
    »Es war Klotildes Idee«, antwortete sie in einem Anfall von Aufrichtigkeit. Rosie ist in den Sechzigern, klein, mit mächtiger Oberweite und orange getöntem Haar von der Farbe frisch gebrannter Ziegel.
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