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Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Titel: Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke
Autoren: Sue Grafton
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hatte das dringende Bedürfnis, ein Bad zu nehmen, so symbolisch das auch war. Es war erst 4 Uhr nachmittags, aber ich wollte mich gründlich abschrubben und dann an Rosies Tür klopfen. Es war Dienstag, und sie war inzwischen sicher wieder da. Normalerweise öffnete die kleine Kneipe um 17 Uhr, aber vielleicht konnte ich sie überreden, mich früher hineinzulassen. Ich brauchte ein kräftiges ungarisches Abendessen, ein Glas Weißwein und jemanden, der mich umsorgte wie eine Mutter.
    Ich blieb am Schreibtisch stehen und hörte den Anrufbeantworter ab. Keine Nachricht. Die Post war langweilig. Mit Verspätung registrierte ich, daß die Tür zu meinem Badezimmer geschlossen war. Ich mache sie nie zu. Mein Apartment ist klein, und das Licht, das durchs Badezimmerfenster fällt, läßt es heller wirken. Ich drehte den Kopf und spürte, wie sich die Haare in meinem Nacken sträubten. Der Knauf wurde gedreht, und die Tür öffnete sich. Dieser Teil des Zimmers lag jetzt im Schatten, aber ich konnte ihn doch dort stehen sehen. Mein Rückgrat verwandelte sich in Eis, die Kälte erfaßte alle meine Glieder, die mir einfach nicht mehr gehorchen wollten. Terry kam aus dem Bad und ging um die Couch herum. In seiner rechten Hand hielt er eine Pistole, die genau auf meinen Bauch zielte. Ich fühlte, wie ich automatisch die Hände in die Höhe streckte, die klassische Geste der Unterwerfung, die Waffen hervorzurufen scheinen.
    »Huch! Jetzt hast du mich erwischt«, meinte Terry. »Ich wollte eigentlich schon fort sein, wenn du heimkommst.«
    »Was machst du hier?«
    »Ich habe dir ein Geschenk gebracht.« Er deutete auf die Kochnische.
    Wie in Trance drehte ich mich um, um zu sehen, worauf er zeigte. Auf dem Tresen stand ein Schuhkarton, in Weihnachtspapier gewickelt, weiße HO HO HOs auf dunkelgrünem Hintergrund, und mit lustigen Weihnachtsmännern, die durch jedes O turnten. Eine vorgefertigte rote Satinschleife klebte auf dem Deckel. Welch eine gelungene Überraschung! Terry Kohler hatte mir eine Todesschachtel zugedacht.
    »Nett«, brachte ich heraus, obwohl mein Mund trocken war.
    »Willst du es nicht öffnen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich denke, ich lasse es einfach da, wo es ist. Ich hasse den Gedanken, ihm einen Stoß zu versetzen.«
    »Diese arbeitet mit Zeitzünder.«
    Es gelang mir, meinen Kiefer zu lockern, aber ich brachte kein Wort heraus. Wo hatte ich meine Pistole? Mein Kopf war vollkommen leer. Ich streckte die Hand nach der Tischkante aus, um mich mit den Fingerspitzen abzustützen. Bomben sind laut. Das Ende kommt schnell. Ich räusperte mich. »Tut mir leid, daß ich dich gestört habe. Meinetwegen mußt du nicht hierbleiben.«
    »Ich kann noch eine Minute bleiben. Wir können noch ein wenig plaudern.«
    »Warum willst du mich umbringen?«
    »Schien mir einfach eine gute Idee zu sein«, meinte er in mildem Ton. »Ich dachte, du würdest diese Welt gern mit einem lauten Knall verlassen.«
    »Ich bin erstaunt, daß du es nicht auf Lance abgesehen hast.«
    »Ich habe ein Paket genau wie dieses für ihn im Auto.«
    Wahrscheinlich unten in meiner Handtasche, dachte ich. Ich wollte sie ja ins Waffengeschäft bringen. Hatte ich sie in den Aktenkoffer auf dem Rücksitz von meinem Wagen gesteckt? Wenn ja, dann war sie noch immer da draußen, und mein Leben war keinen Pfifferling mehr wert. »Hast du was dagegen, daß ich mich setze?«
    Er musterte schnell die Ecke, vergewisserte sich, daß keine Gewehre, Peitschen oder Schlachtermesser in Reichweite waren. »Nur zu.«
    Ich ging zur Couch hinüber und sank darauf, ohne den Blick von ihm zu wenden.
    Er zog meinen Schreibtischstuhl heran und setzte sich, schlug die Beine übereinander. Er war ein gutaussehender Mann, dunkel und schlank. Nichts an seinem Verhalten ließ darauf schließen, wie verrückt er war. Aber wie verrückt ist er wirklich, fragte ich mich. Wie weit ist das fortgeschritten? Wie zugänglich ist er vernünftigen Argumenten? Würde ich mein Leben gegen bizarre sexuelle Wünsche einsetzen, wenn er darum bat? Na klar, warum nicht?
    Ich hatte Schwierigkeiten, die Situation einzuschätzen. Ich war daheim, wo ich hätte sicher sein sollen. Es war noch nicht einmal dunkel draußen. Ich mußte dringend auf die Toilette, aber das hörte sich an wie ein Trick. Und, ehrlich, es war mir peinlich, darum zu bitten. Es schien ratsam, ein Gespräch zu beginnen, eine dieser Unterhaltungen. »Wie ist der weitere zeitliche Ablauf?«
    Er sah auf die Uhr. »Noch
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