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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille
Autoren: Sue Grafton
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gehört. Offen gesagt, das Ganze ist mehr ein Ärgernis als sonst etwas, aber ich habe nicht die Zeit, sie selbst aufzuspüren.« Beverly nahm einen letzten Zug von ihrer Zigarette und drückte sie dann mit einer Reihe klopfender Bewegungen aus.
    Ich machte mir immer noch Notizen, doch vermutlich war mir die Skepsis anzusehen.
    »Was ist? Gehört das nicht zu Ihrer Arbeit?«
    »Doch, aber ich berechne dreißig Dollar die Stunde plus Spesen. Wenn es hier nur um zwei- oder dreitausend Dollar geht, frage ich mich, ob es Ihnen das wirklich wert ist.«
    »Oh, ich habe allerdings vor, mich durch Elaines Anteil an dem Nachlaß voll entschädigen zu lassen, da schließlich sie es ist, die diesen ganzen Ärger verursacht. Ich meine, es geht einfach nicht weiter, solange ihre Unterschrift nicht herbeigeschafft werden kann. Ich muß sagen, das ist ein für sie typisches Verhalten.«
    »Angenommen, ich muß runter nach Florida fliegen, um sie zu suchen. Selbst wenn ich nur die Hälfte meines üblichen Stundenlohns für die Reisezeit berechne, würde es Sie ein Vermögen kosten. Hören Sie, Mrs. Danziger — «
    »Beverly, bitte.«
    »Okay, Beverly. Ich möchte Sie in Ihrem Vorhaben nicht entmutigen, aber, ehrlich gesagt, es hört sich an, als könnten Sie das genausogut selbst machen. Ich würde Ihnen sogar gerne ein paar Tips geben.«
    Beverly lächelte mich an, aber das Lächeln hatte eine gewisse Schärfe, und endlich wurde mir klar, daß sie daran gewöhnt war, ihre Vorstellungen durchzusetzen. Ihre Augen starrten wie aus Porzellanlasur und wirkten blau und starr wie Glas. Die schwarzen Wimpern zwinkerten mechanisch.
    »Elaine und ich stehen nicht auf bestem Fuße miteinander«, sagte sie ruhig. »Ich glaube, ich habe dieser Sache schon genug Zeit geopfert, aber ich habe Mr. Wender versprochen, daß ich sie finde, damit der Nachlaß geregelt werden kann. Er steht unter dem Druck der anderen Erben, und er übt diesen Druck wiederum auf mich aus. Ich kann Ihnen einen Vorschuß geben, wenn Sie möchten.«
    Wieder wühlte sie in ihrer Tasche herum und kam diesmal mit einem Scheckbuch heraus. Sie öffnete den Rosenholzfüllhalter und sah mich an.
    »Sind siebenhundertfünfzig Dollar genug?«
    Ich griff in meine Schreibtischschublade. »Ich werde einen Vertrag aufsetzen.«

    Ich ging mit dem Scheck zur Bank rüber und holte mein Auto vom Parkplatz hinter dem Büro. Dann fuhr ich zu Elaine Boldts Adresse in die Via Madrina. Es war nicht weit von der Stadtmitte entfernt.
    Ich dachte, dies wäre eine Routinesache, die ich in ein oder zwei Tagen erledigt haben würde, und ich dachte mit Bedauern daran, daß ich möglicherweise die Hälfte des Geldes, das ich gerade abgeholt hatte, wieder zurückzahlen müßte. Nicht, daß ich besonders viel zu tun gehabt hätte — das Geschäft lief schlecht.
    Die Umgebung, in der Elaine Boldt lebte, war eine Mischung aus bescheidenen 30er-Jahre-Bungalows und gelegentlichen Apartmentkomplexen. Noch überwogen die kleinen Holz- und Stuckhäuser, aber die Grundstücke wurden eins nach dem anderen für kommerzielle Zwecke umgewandelt. Heilpraktiker zogen ein und Zahnärzte, die zu einem Sonderpreis bereit waren, ihre Patienten in einen Dämmerschlaf zu versetzen, damit diese ihre Zähne schmerzfrei gereinigt bekommen konnten, künstliche gebisse in einem tag — Kredit. Es war beunruhigend. Was würden sie mit einem machen, wenn man die Rate für den oberen Gaumen nicht mehr bezahlen konnte? Die Gegend war noch weitgehend intakt — alte Rentner, die hartnäckig versuchten, ihre Hortensiensträucher aufzupäppeln — , aber Grundstücksgesellschaften würden schließlich alles niedermähen. Es gibt eine Menge Geld in Santa Teresa, und viel davon wird dafür geopfert, der Stadt einen bestimmten »Stil« zu erhalten. Es gibt keine blinkenden Neonlichtreklamen, keine Slums, keine rauchspeienden Industriebetriebe, die die Landschaft verschandeln können. Überall gibt es Stuck, rote Ziegeldächer, Kletterpflanzen, ächzende Balken, Lehmziegelmauern, gewölbte Fenster, Palmen, Balkone, Farne, Springbrunnen und blühende Blumen. Restaurationen im Überfluß. Alles ist merkwürdig verwirrend — so üppig und kultiviert, daß es einen für jeden anderen Ort verdirbt.
    Als ich Mrs. Boldts Adresse gefunden hatte, parkte ich meinen Wagen vor der Tür, schloß ihn ab und verbrachte ein paar Minuten damit, die Lokalitäten zu inspizieren. Die Wohnanlage war eine Kuriosität. Das Gebäude selbst war hufeisenförmig
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