Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
Hoppy.
    »Man kann niemals wirklich ganz sicher sein«, meinte Andrew. »Das ist es doch, was das Leben zum Problem macht, oder nicht? Wir müssen den Tatsachen ins Auge schauen ... Auch Dangerfield ist nun einmal sterblich. Irgendwann muß auch er das Handtuch werfen. So wie wir alle.« Er musterte sie.
    »Aber nicht jetzt«, sagte sie. »Wenn's später sein müssen sollte, in ein paar Stunden ... dann könnte ich es vielleicht verkraften.« Sie nahm seine Hände, lehnte sich nach vorn und küßte ihn. Zeit, dachte sie. Die Liebe, die wir in der Vergangenheit füreinander empfunden haben. Die Liebe, die wir in der Gegenwart Dangerfield entgegenbringen, ihm morgen entgegenbringen werden. Bloß zu dumm, daß es eine Liebe ohne jede Macht ist, zu dumm, daß es ihn nicht automatisch heilen und gesund machen kann, dies Gefühl, das wir füreinander haben – und für ihn.
    »Entsinnst du dich an den Tag X?« fragte Andrew.
    »O ja, sicherlich«, antwortete Bonny.
    »Hast du dir einmal irgendwelche weiteren Gedanken über damals gemacht?«
    »Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, daß ich dich liebe«, sagte Bonny. Sie errötete, kaum daß sie das ausgesprochen hatte, und löste sich von ihm. »Es muß an der erfreulichen Neuigkeit liegen«, meinte sie, »daß ich mich so gehen lasse. Entschuldige, ich werde mich wieder zusammenreißen.''
    »Aber es ist dein Ernst«, bemerkte er scharfsichtig.
    »Ja.« Sie nickte.
    »Ich werde jetzt allmählich älter«, sagte Andrew.
    »Das geht uns allen so«, sagte Bonny. »Wenn ich morgens aufstehe, knarren mir die Knochen ... Vielleicht hast du's vorhin gemerkt.«
    »Nein«, sagte er. »Bei dir kann davon keine Rede sein, solange du deine Zähne im Mund hast, so wie jetzt.« Er sah sie mit einem Unbehagen an. »Ich weiß nicht recht, was ich dazu sagen soll, Bonny. Ich habe den Eindruck, wir können hier sehr vieles erreichen. Ich hoff's jedenfalls. Oder ist es etwa unsinnig und verwerflich, jetzt Berkeley aufgesucht zu haben, um die Ausstattung meiner Fabrik mit Maschinen zu ermöglichen? Ist das etwa ...« Er fuchtelte. »Ist das denn abwegig?«
    »Es ist wundervoll«, gab Bonny zur Antwort.
    Mrs. Hardy betrat den Flur. »Eben haben wir ihn noch einmal kurz empfangen können«, sagte sie, »und er hat noch immer aus seiner Kindheit erzählt. Ich nehme an, wir werden ihn jetzt bis zur üblichen Sendezeit – heute nachmittag um vier Uhr – nicht mehr hören können. Wie wär's mit Frühstück? Wir haben drei Eier zum Aufteilen, mein Mann hat sie letzte Woche bei einem Straßenhändler erwischt.«
    »Eier«, wiederholte Gill. »Was für welche? Hühnereier?«
    »Sie sind ziemlich groß und braun«, sagte Mrs. Hardy. »Ich vermute, daß es Hühnereier sind, aber sicher können wir erst sein, wenn wir sie aufmachen.«
    »Das klingt ja wunderbar«, sagte Bonny. Auf einmal verspürte sie starken Hunger. »Aber ich bin der Ansicht, wir sollten dafür bezahlen, Sie haben schon soviel für uns getan ... eine Unterkunft, gestern das Abendessen.« Dergleichen war heutzutage buchstäblich undenkbar geworden, und zudem hatte sie so etwas schon gar nicht in der Stadt erwartet.
    »Wir sind jetzt Geschäftspartner«, stellte Mrs. Hardy klar. »Alles was wir haben, wird von nun an geteilt, oder nicht?«
    »Aber ich habe nichts zu bieten.« Urplötzlich empfand Bonny diese Tatsache sehr deutlich und ließ den Kopf hängen. Ich kann nur nehmen, dachte sie, nicht geben.
    Doch anscheinend waren die anderen nicht dieser Meinung. Mrs. Hardy nahm sie bei der Hand und führte sie in die Küche. »Sie können mir beim Zubereiten des Frühstücks helfen«, sagte sie. »Wir haben auch Kartoffeln. Sie können sie schälen. Unsere Arbeiter bekommen auch Frühstück von uns, wir essen immer zusammen, erstens ist das billiger, zweitens haben sie keine eigenen Küchen, Stuart und die anderen wohnen in Zimmern. Wir müssen ein bißchen auf ihr Wohlergehen achten.«
    Ihr seid gute Menschen, dachte Bonny. Diese ganze Stadt, sie ist gut – und wir haben sie jahrelang gemieden. Wir haben scheußliche Gerüchte gehört, daß sie bloß aus Ruinen bestünde, in denen es von Raubtieren wimmle, von menschlichen Wracks, Lumpen, Banditen, schäbigen Überbleibseln all dessen, was es hier einmal gegeben hat ... Aber wir haben die Stadt ja schon vor dem Krieg gescheut. Wir waren stets viel zu feig, um in einer Stadt leben zu wollen.
    »... und abgesehen davon, daß diese Ratte die Nasenflöte spielen konnte, hat sie ...«, sagte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher