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Kinder der Dunkelheit

Kinder der Dunkelheit

Titel: Kinder der Dunkelheit
Autoren: Gabriele Ketterl
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dahin.
    „Mohammed, Ihr seid solch ein Schmeichler! Aber ich bitte Euch, macht weiter, ich sauge Eure Komplimente auf und verschließe sie in meinem Herzen, für die trockenere Zeit in meinem Heim.“ Ein Seitenhieb auf ihren sicherlich langweiligen, doch gutmütigen Gatten, der solche verbalen Fehlgriffe seiner Frau meist mit einem Lächeln überspielte.
    Fröhlich plaudernd führte ihn seine Gastgeberin durch die Räu mlichkeiten auf die große Terrasse hinaus, wobei er ununterbrochen Bekannte und Freunde begrüßte; das Gesicht jedoch, das er am meisten zu sehen wünschte, konnte er zu einer großen Enttäuschung nicht entdecken. Nur widerwillig ließ seine Gastgeberin ihn schließlich aus ihren Fängen und wandte sich auch ihren anderen Gästen zu, um sich nicht allzu offensichtlich nur Mohammed zu widmen.
    Endlich hatte er die Muße, sich ein Glas Wein zu holen und sich unter die anderen Gäste zu mischen. Ihm fiel auf, dass es außer ihm und Salman, dem Besitzer der großen Pferdezucht, offenbar nur Christen waren, die Donna Sonja eingeladen hatte. Das übe rraschte ihn sehr, denn bis zum heutigen Tage waren die Festgäste von Donna Sonja stets eine gute Mischung aus Christen und hochrangigen Moslems der Gesellschaft Granadas gewesen. So gern er es getan hätte, das konnte nicht einmal er ignorieren – trotz seines ansonsten so unbeschwerten Gemütes. Während er grübelnd an einer Wand lehnte, ließ er den Blick über die Gäste schweifen. Zwar hatten ihn alle herzlich und freundlich begrüßt, doch so sehr er auch versuchte, es zu verdrängen, so wie heute war noch keine der Einladungen gewesen. Nur ab und zu kam jemand auf ihn zu und sprach ihn an. Die Unterhaltungen waren kurz und oberflächlich, fast so, als fürchtete man, ein Thema anzusprechen, das unangenehm werden könnte. Er war tief in Gedanken versunken, als hinter ihm die Stimme erklang, auf die er so sehr gehofft hatte.
    „Guten Abend! Schön, Euch zu sehen, Mohammed. Seid Ihr ganz allein hier?“
    Mohammed wandte sich der Sprecherin zu. Ana lächelte ihn so erfreut und herzlich an, dass er alle negativen Gedanken sofort beiseiteschob.
    „Jetzt nicht mehr, Ana. Ich hatte gehofft, dass Ihr auch hier seid. Ich musste Euch sehen.“
    Fast unmerklich hob Ana den Finger an die Lippen, so als bedeute sie ihm, zu schweigen. Sofort schwieg er und blickte Ana fragend an. Die sprach an seiner statt nun fröhlich weiter. „Begleitet ihr mich? Ich habe heute Abend noch nichts gegessen. Ich möchte mir etwas von den Köstlichkeiten holen, die Donna Sonja vorbereitet hat.“
    „Natürlich komme ich mit Euch; wenn Ihr mir sagt, wonach Euch der Sinn steht, so bringe ich es Euch gern.“
    „Nein, vielen Dank, ich muss sehen, was es gibt. Lasst uns gehen und dann nach einem ruhigen Plätzchen suchen, um zu essen.“
    Ohne weiter auf Ana einzugehen, folgte Mohammed ihr, half ihr dabei, einige Speisen auf ihren Teller zu legen und trug ihr diesen dann zu einer Bank, etwas abseits vom Trubel. Hier schien es Ana zu gefallen, denn sie nickte zustimmend und ließ sich auf dem Bänkchen nieder. Dort rutschte sie etwas beiseite und bot ihm den Platz neben sich an. Mohammed saß nun so, dass er den Anwesenden, die etwas weiter entfernt seitlich von ihnen standen, den Rücken kehrte. Das schien Ana auch so geplant zu haben. Ihr Blick war seltsam unruhig, doch nachdem sie ihn eine Weile suchend über die Gäste hatte schweifen lassen, wandte sie sich ihrem Gegenüber etwas weniger angespannt zu.
    „Mohammed, du musst vorsichtiger sein, bitte, das ist wichtig. Sieh dich einmal unauffällig um, was siehst du?“
    Mohammed tat, wie ihm geheißen, bevor er leise antwortete. „Christen? Abgesehen davon sehe ich die schönste Frau der Welt.“
    Ana seufzte nur. „Bleib ernst, bitte, lenk nicht ab. Mir ist nicht nach Scherzen.“ Dennoch lachte sie laut, als habe Mohammed ihr etwas sehr Lustiges erzählt, doch ihre Augen blieben ernst. Als sie gleich darauf weitersprach, war ihm sofort klar, warum. „Meine Eltern haben mir gestern Abend eröffnet, dass sich ihre Pläne in Sachen meiner Vermählung gefestigt hätten. Moha mmed, ich soll Don Ricardo heiraten. Mein Vater hat ihm bereits seine Zustimmung erteilt.“
    „Nein, das kann er nicht tun!“ Alle Vorsicht vergessend, hatte Mohammed so laut gesprochen, dass sich einige der Gäste zu ihnen umdrehten.
    Ana reagierte sofort. „Doch, wenn ich es Euch sage, er wird das Pferd verkaufen! Ich hatte nicht einmal die Chance,
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