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Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)

Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)

Titel: Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
Autoren: Mark Mazzetti
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konnte, in die Ermittlungen wegen der Iran-Contra-Affäre verwickelt zu werden, die die Abteilung auf Jahre hinaus beschädigten.
    Rodriguez war beliebt unter seinen Kollegen, hatte sich aber nie als besonders begabter Führungsoffizier erwiesen. Er diente in einer Reihe von CIA -Stationen in Lateinamerika, darunter Bolivien und Mexiko, und er erwarb sich einen Ruf als Querdenker, der den Bürokraten in Langley ordentlich die Meinung sagte, weil sie seiner Ansicht nach die Operationen vor Ort zu autoritär und zu penibel steuerten. Außerdem war er ein leidenschaftlicher Reiter. In seiner Zeit als Stationschef in Mexiko taufte er sein Lieblingspferd »Business« und instruierte seine Untergebenen, sie sollten sagen, er sei »on Business«, wenn sich die Bosse in Langley nach seinem Verbleib erkundigten.
    Die Lateinamerikaabteilung war wieder einmal in der Krise, als er sie 1995 übernahm. John Deutch, Clintons zweiter CIA -Direktor, hatte gerade eine Reihe von Führungsoffizieren wegen eines Fehlverhaltens gefeuert, das man bei der CIA euphemistisch als »enge und kontinuierliche Kontakte mit Ausländern« bezeichnet. Mit anderen Worten: Die Männer hatten in Lateinamerika außereheliche Affären, und es bestand die Befürchtung, dass sie erpressbar sein könnten. Bald schon bekam Rodriguez selbst Schwierigkeiten. Ein Jugendfreund von ihm wurde in der Dominikanischen Republik wegen eines Drogendelikts verhaftet, und er intervenierte, damit der Freund in der Untersuchungshaft nicht von der Polizei geschlagen wurde. Ein klarer Interessenkonflikt für den Chef der Lateinamerikaabteilung der CIA . Der Generalinspekteur des Geheimdiensts mahnte ihn ab, weil er einen »bemerkenswerten Mangel an Urteilsvermögen« gezeigt habe, und er verlor seinen Posten.
    Bis 2001 jedoch hatte Rodriguez diesen Rückschlag überwunden und war zusammen mit mehreren weiteren Lateinamerikanern, etwa seinem Freund Enrique Prado, maßgeblich daran beteiligt, den neuen Krieg der CIA zu führen. Er wurde ein regelmäßiger Teilnehmer der Gruppe, die sich jeden Tag um 17 Uhr an Tenets Konferenztisch versammelte, um als ranghohe CIA -Beamte die neuesten Informationen über die Operationen in Afghanistan und anderswo zu erhalten. Auf einer dieser Sitzungen machte Rodriguez eine beiläufige Bemerkung, die zu einer der folgenschwersten Entscheidungen der Regierung Bush führen sollte.
    Die CIA -Beamten befassten sich gerade mit der Frage, was mit all den Talibankämpfern zu geschehen habe, die in Afghanistan von amerikanischen Soldaten und CIA -Beamten gefangen genommen wurden: Wo konnte man sie langfristig internieren? Die Beamten veranstalteten eine Art Brainstorming und nannten Länder, die vielleicht bereit waren, die Gefangenen aufzunehmen. Einer der CIA -Beamten schlug das Gefängnis von Ushuaia in der argentinischen Tierra del Fuego vor, eine trostlose Einrichtung in der südlichsten Stadt der Welt. Ein anderer brachte die karibischen Corn Islands ins Spiel, zwei winzige Fleckchen Land vor der Küste Nicaraguas. Aber alle Vorschläge wurden als unrealistisch verworfen. Schließlich sagte Rodriguez halb im Scherz: »Wir könnten sie ja nach Guantánamo Bay schaffen.«
    Alle am Tisch lachten bei der Vorstellung, wie sich Fidel Castro ärgern würde, wenn die USA die Gefangenen aus ihrem neuen Krieg auf einem amerikanischen Militärstützpunkt in Kuba internierten. Aber je mehr sie darüber nachdachten, desto mehr kamen sie zu der Überzeugung, dass Guantánamo tatsächlich Sinn machte. Der Stützpunkt war eine amerikanische Einrichtung, und seine Funktion als Gefängnis wäre nicht wie in anderen Ländern dadurch gefährdet, dass die amerikanischen Gefangenen nach einem Regierungswechsel vielleicht nicht mehr beherbergt würden. Außerdem vermuteten die CIA -Beamten, dass ein Gefängnis in Guantánamo Bay nicht der Jurisdiktion amerikanischer Gerichte unterliegen würde. Es war offenbar ein perfekter Standort.
    Kuba wurde von der CIA als bester Ort für das neue amerikanische Gefängnis empfohlen, und schon bald sollte der Geheimdienst in einer Ecke der Haftanstalt in Guantánamo sein eigenes Geheimgefängnis bauen – eine Hochsicherheitseinrichtung, der die CIA -Beamten irgendwann den Spitznamen Strawberry Fields verpassten, weil die Gefangenen, wie die Beatles sangen, »forever« dort bleiben würden.
    Auf einem chaotischen Schlachtfeld 11000 Kilometer von Washington entfernt entpuppte sich der erste Krieg des 21. Jahrhunderts als sehr viel
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