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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel
Autoren: Michael Marshall
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und stapft etwas mühsam durch den Sand. Sie ist allein. Sie wusste in all den langen Jahren nicht, wohin, und so hat sie auf ihn gewartet.
    Hunter kann nichts dagegen machen. Sie wird immer da sein, ihm an seinem Strand in einigem Abstand folgen. Doch sie ist dick und alt, er und Katy sind jung. Wahrscheinlich wird es ihnen gelingen, sie abzuhängen.
    Das nimmt er zumindest an.
    Sie können es versuchen.
    Dann glaubt er, eine Stimme zu hören, es könnte aber auch das Plätschern der Wellen sein. The Breakers war schon immer ein dämlicher Name für einen Bau auf dieser Seite der Halbinsel. Hier sind die Wellen nicht hoch. Hier gibt es nur diese kleinen Dinger, die wie Atemzüge kommen und gehen.
    Er hört wieder die Stimme, lauter und dringlicher.
    Einen Moment lang fragt er sich, ob das Weiß, das sie umgibt, vielleicht gar nicht von der Sonne kommt und ob die Schatten über dem Strand vielleicht doch nicht von zarten Wolkenfetzen rühren, sondern von diesen Leuten, die sich über ein Krankenhausbett beugen.
    Eher unwahrscheinlich.
    Er verwirft den Gedanken, legt Katy den Arm um die Schulter und küsst ihr den Nacken.
    »Mal sehen, wie weit wir kommen«, sagt er.
    Sie lächelt und nickt.
    Und sie laufen.
     
    »Ja, er ist tot«, sagt die Stimme. »Notieren Sie die Zeit, und melden Sie’s den Cops.«

50
    W ir brauchten eine endlose Viertelstunde zurück zur Abfahrt vom Highway, und es kostete mich einige Überredungskünste, um Steph davon zu überzeugen, dass es eine gute Idee war, umzukehren. Ich war mir selbst nicht ganz sicher. Mein Bauchgefühl legte entschieden Protest ein und schrie, nichts wie weg, bloß raus aus der Stadt, und zwar
jetzt-jetzt-
JETZT
!,
doch ich wusste auch, dass ich nicht einfach weiterfahren konnte, wenn Karren plötzlich in das Nachspiel der ganzen Geschichte geriet. Wir hatten uns nie nahegestanden, doch wenn man an den Punkt kommt, tatenlos zuzulassen, dass anderen etwas passiert, dann wirft das einen tiefen Schatten über das eigene Leben.
    Ich bat Steph, Karren zurückzurufen, doch sie meldete sich nicht. Bis ich dort war, konnte ich nichts tun, und so fuhr ich nur schnell weiter und erfuhr unterwegs, dass Nick Steph fast vom ersten Tag an Avancen gemacht hatte, dass sie ihm höflich, aber bestimmt die kalte Schulter gezeigt hatte und ihr Widerstand erst gestern Nachmittag wegen der Sache mit den Fotos von Karren gebrochen war. Ich glaubte ihr, jedenfalls zu neunundneunzig Prozent. Zumindest brauchte mich inzwischen niemand mehr davon zu überzeugen, dass es nur einiger winziger »Modifikationen«, einiger verschobener Wände bedurfte, damit ein bis dahin solides, festgefügtes Leben einem plötzlich so vorkam, als bestünde es aus Pappmaché.
    Karrens Wohnung befand sich in einem Gebäudekomplex, der nur wenige Straßen von der Bucht zurück lag, eine halbe Meile nördlich vom Zentrum, in einer Gegend, die Yuppies mit Geld, aber ohne schulpflichtige Kinder bevorzugten. Es war ein dreistöckiger Häuserblock inmitten einer kleinen, doch gepflegten Gartenanlage und in einem Winkel zur Bucht, dass die oberen Geschosse über Meeresblick verfügten. Karren hatte sich schon früh in das Projekt eingekauft. Eine clevere Investition. Sie war eine clevere Frau. Da ich hier einmal eine Wohnung verkauft hatte, kannte ich das Gebäude flüchtig.
    Doch als ich auf dem Parkplatz hielt, wurde mir klar, dass ich Karrens Wohnungsnummer nicht wusste.
    »Rutsch auf den Fahrersitz rüber und verriegle die Türen«, sagte ich. Dann griff ich in den Fußraum auf ihrer Seite und nahm die Pistole an mich. Steph starrte darauf.
    »Seit wann hast du eine Pistole, Bill?«
    »Lange Geschichte.« Ich stieg aus. »Sobald du irgendjemanden kommen siehst, egal, wen, fahr einfach los. Sieh zu, dass du hier wegkommst, okay? Wenn du in Sicherheit bist, ruf mich an. Alles klar?«
    Steph rührte sich nicht. Ich steckte mir die Waffe hinten in die Jeans, wie ich es bei Emily gesehen hatte. Hier endeten meine Kenntnisse über Schusswaffen aber auch schon. »Liebling, hörst du mich?«
    Sie erwachte plötzlich wieder zum Leben.
    »Ja«, sagte sie. Es war nicht einfach, durch diese Mischung aus Angst und Benommenheit zu dringen. »Aber ich rutsche langsam rüber, ja? Mir tut wirklich alles weh. Am ganzen Körper.« Sie klang, als wäre sie ungefähr acht Jahre alt.
    »Natürlich, Schatz, weiß ich doch. Ich bin gleich wieder da. Ich mach jetzt diese Tür zu. Schließ hinter mir ab, in Ordnung?« Sie nickte. Ich schloss
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