Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)

Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)

Titel: Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)
Autoren: Stephan Harbort
Vom Netzwerk:
ich gestört.«
    »Das war aber nicht immer so …«
    »Es ging nix. Die Erregung war auf einmal weg.«
    »Manch einer versucht, sich trotzdem zu stimulieren, indem er sein T-Shirt über das Gesicht des Opfers legt oder andere Sachen macht …«
    »Ich hab mir nach den Taten die Szenen noch mal vorgestellt und mich dabei stimuliert. In meinen Gedanken hat dann alles geklappt.«
    »Haben Sie nach einer Ihrer Taten so etwas wie Erleichterung oder Freude verspürt?«
    »Nee, nix.«
    »Wenn Sie im Nachhinein über Ihre Taten nachgedacht haben, was haben Sie dabei empfunden?«
    »Weiß nicht.«
    »Hatten Sie das Gefühl, ein Stück größer geworden zu sein, etwas Besonderes getan zu haben?«
    »Nach der Sache in Dortmund, ja, schon.«
    »Warum?«
    »Da gab’s ein Phantombild von mir, das sah mir aber gar nicht ähnlich. Selbst die Tätowierungen waren ganz woanders. Da hab ich gedacht, jetzt kannst du auch losziehen, wenn es hell ist.«
    »Und das war ein gutes Gefühl?«
    »Ja. Ich war der King. Mich kann nie einer kriegen.«
    Ich gebe Barbara Eder an dieser Stelle ein Zeichen, woraufhin sie den Dreh beendet: »Cut – danke!«
    Im Verlaufe des Gesprächs habe ich mehr und mehr den Eindruck gewonnen, Joachim Mattock hie und da zu überfordern. Ich sehe mich ihm gegenüber in der Pflicht, die Grenzen seiner Belastbarkeit zu respektieren und rechtzeitig die Notbremse zu ziehen. Und auch mich plagen mittlerweile Kopfschmerzen. Es ist genug für heute.
    Joachim Mattock hat während der Therapie fraglos beachtliche Fortschritte erzielt, die bei unserem erstmaligen Treffen nicht einmal ansatzweise auszumachen waren: Er ist jetzt bereit, über seine Taten und die motivischen Hintergründe zu sprechen; es ist ihm gelungen, zumindest zu seinen Therapeuten ein Vertrauensverhältnis aufzubauen; er betrachtet Frauen nicht mehr ausschließlich als objekthafte Wesen, die es zu erniedrigen und zu beherrschen gilt; und er hat gelernt, eigene Bedürfnisse zu formulieren und Konflikte nicht nur zu verdrängen oder eine gewaltsame Lösung anzustreben, sondern sich entsprechend zu artikulieren und darüber zu kommunizieren.
    Vor allem sehe ich jetzt deutlich klarer, warum Joachim Mattock die Taten begangen hat. Es ging ihm weniger darum, Sexualverkehr mit einer Frau zu erzwingen, sondern vornehmlich um das Ausüben sexualisierter Gewalt. Er hat dieses abnorme Verlangen in einfachen Worten so ausgedrückt: »Mit Sex über sie Macht haben.«
    Besonders ärgerlich und bedenklich erscheint dabei, dass Joachim Mattock – ausgerechnet! – während seiner ersten Inhaftierung Urteile von Mitgefangenen zu lesen bekam, die in ihm nicht nur abnorme Bedürfnisse weckten, sondern später auch als Blaupause für seine Gewaltverbrechen dienten. Wäre seine kriminelle Karriere, vielleicht sogar sein bürgerliches Leben anders verlaufen, hätte Joachim Mattock diese ihn prägenden Erfahrungen nicht gemacht?
    Und ein weiterer Aspekt ist deutlich geworden, der mir zuvor verborgen geblieben war: Die von ihm in Westdeutschland begangenen Tötungsdelikte waren – neben der Verdeckungsabsicht und dem affektiv anmutenden Bestrafungscharakter – auch eingefärbt vom Motiv der Mordlust, denn seine abnormen Phantasien beinhalteten schon zu diesem Zeitpunkt die Tötung des Opfers als einen Gewaltakt, der einherging mit der unnatürlichen Freude an der Vernichtung eines Menschenlebens. Und solange Joachim Mattock diese Phantasien hat, wird man ihn nicht in die Sozialgemeinschaft zurückgeben dürfen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird deshalb jene umstrittene Formel in diesem Fall doch aufgehen: Lebenslänglich = lebenslänglich.

Nachwort – Vom Wesen des Bösen
    Das Böse steht als Begriff für das Unmoralische, das Schlechte im Menschen, die dunkle Seite, den Abgrund. Als Gegenbegriff zum Guten ist das Böse der zentrale Gegenstand verschiedener Religionen und Kulturen, aber auch wissenschaftlicher Disziplinen, die nach den Ursachen abweichenden Verhaltens fragen. Wenn etwas Böses passiert, gerät auch immer etwas aus den Fugen, kleine und große Welten – Empörung macht sich breit und provoziert Fragen: Wie konnte das nur passieren? Wer ist zu so etwas fähig? Aus welchem Grund?
    Auch ich habe mich anfangs vom Begriff des Bösen leiten und verleiten lassen. Ich war der Meinung, Serienmörder seien böse Menschen, die monströse Taten begehen und eingesperrt gehören, lebenslang. Und ich rechnete damit, dem Bösen leibhaftig zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher