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Kerzenlicht Für Eine Leiche

Kerzenlicht Für Eine Leiche

Titel: Kerzenlicht Für Eine Leiche
Autoren: Granger Ann
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gemacht, wie bei einem richtigen Begräbnis. Niemand würde etwas bemerken, wenn die Erde erst fest geworden war. Und wenn jemand wissen wollte, warum frische Erde drauflag – ich hab nur gemacht, worum Eunice Gresham mich gebeten hatte. Danach wollte ich weg vom Friedhof – und wem muss ich begegnen?« Bullens Gesicht lief zornig rot an.
    »Ich bin direkt dieser naseweisen Frau in die Arme gerannt, dieser Mrs. Etheridge! Was hatte sie um diese frühe Zeit am Friedhof zu suchen, frage ich Sie? Sie war ein ständiges Ärgernis und hat sich andauernd über mich beschwert, und sie war eine von denen, die mich loswerden wollten. Sie fing auch gleich wieder an, mich zu beschimpfen. Beschuldigte mich, schon um diese Tageszeit betrunken zu sein! Ich antwortete mit ein paar derben Flüchen, bis sie sich auf ihr Fahrrad schwang und davonradelte, als sei der Teufel hinter ihr her.« Bullens schrilles Kichern hallte ein weiteres Mal durch die Luft. Dann wurde er wieder ernst.
    »Aber ich hab mir Gedanken gemacht, Mr. Markby. Ich wusste, dass es gegen das Gesetz war, das Mädchen einfach so zu begraben, ohne dass jemand davon wusste. Schlimmer noch, sie hatte nicht einmal einen richtigen Gottesdienst, und jeder Mensch hat ein Recht darauf, nicht wahr? Also bin ich ein paar Tage später abends in die Kirche geschlichen und …« Bullen blickte verlegen drein.
    »Es klingt dumm, aber ich wollte etwas Gutes für sie tun. Ich hab eine Kerze angezündet und ein paar Blumen auf den Altar gelegt und ein Gebet für die Kleine gesagt. Aber mittendrin, man soll es wirklich nicht glauben, kam diese Mrs. Etheridge in die Kirche! Ich hatte das Gefühl, dass sie mir überall hin hinterherschlich, und ich konnte sie einfach nicht loswerden! Jedenfalls, sie hat mich nicht gesehen. Ich hab mich hinter einer Säule versteckt. Sie hat die brennende Kerze gefunden und fing an zu glucksen wie eine alte Henne, während sie nach draußen rannte. Als sie weg war, bin ich auch gegangen. Ich dachte mir, dass sie mit dem Vikar zurückkommen würde. Ich bin nicht wieder in die Kirche gegangen.« Bullen streckte seinen alten Rücken.
    »Das ist alles, Sir. Verhaften Sie mich jetzt?«
    »Nein, Nat. Ich weiß ja, wo ich Sie finde. Sie werden zur Wache kommen und alles noch einmal erzählen müssen, damit wir es in einem Protokoll festhalten können. Es wird vielleicht ein wenig Wirbel geben, doch ich bezweifle, dass man Sie ins Kittchen stecken wird.«
    »In diesem Fall«, sagte Bullen, »haben wir vermutlich Zeit für einen weiteren Schluck von diesem guten Zeugs hier, oder?«
    »Das Problem ist, dass wir alle von Sex besessen sind. Er verzerrt unsere Sicht der Dinge.«

    »Meinst du uns? Dich und mich persönlich?« Alan Markby ließ die Frage im Raum verhallen, während er einen nachdenklichen Blick auf den kleinen Rest Wein in der Flasche auf dem Tisch warf.

    »Nein! Ich meine uns alle! Sieh mal, Kimberley war jung, hübsch und schwanger, als sie starb. Also dachten wir alle: Aha! Ein Sexualverbrechen!«
    »Es schien eine vernünftige Annahme.«
    Der Dessertwagen kam in ihre Richtung. Es war wie stets ein Augenblick der Wahrheit. Markby bemühte sich, nicht auf die angebotenen Köstlichkeiten zu blicken. Meredith hatte den Wagen noch nicht bemerkt. Sie erging sich noch immer über den Sex und die Art und Weise, wie er den Menschen die Sicht auf die Dinge verstellte. Zu wahr, dachte er mit einem Seufzer.

    »Es war die falsche Annahme!«, verkündete sie.
    »Mrs. Archibald vermutete bereits seit Jahren, dass Kimberley Dereks Tochter war, und sie hatte gelernt, mit diesem Wissen zu leben. Was sie hat durchdrehen lassen, war, als sie mit anhören musste, wie Derek seiner Tochter versprach, das Testament zu ändern und ihr die Familienmetzgerei zu vermachen. Keine sexuelle Eifersucht, sondern Habsucht war ihr Motiv. Ganz gewöhnliche altmodische Gier.«

    »Das sind tiefe Wasser, Watson!«, sagte Markby, als er sein Glas hob und mit einer Grimasse den dunkelroten Fleck bemerkte, der sich auf der steifen Damasttischdecke gebildet hatte. Er tröstete sich damit, dass das Old Coaching Inn ohne Zweifel eine kompetente Wäscherei beschäftigte und schon Schlimmeres gesehen hatte.
    Der Dessertwagen war eingetroffen. Einen Augenblick zögerten sie schuldbewusst, dann resignierten beide. Meredith entschied sich für die Mousse au chocolat (
    »Sie ist ganz leicht!«), und Markby nahm ein Stück Aprikosenstreusel (
    »Mit Eierlikör bitte, ohne Sahne!«).

    »Wenn
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