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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht?
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offensichtlich erscheinen.« Er schenkt mir ein professionelles Lächeln, und ich habe das Gefühl, als hätte er das schon tausendmal gesagt. »Können Sie mir sagen, wie Sie heißen?«
    »Mein Name ist Lexi Smart«, antworte ich sofort. Dr. Harman nickt und hakt etwas in seinem Ordner ab.
    »Und wann sind Sie geboren?«
    »1979.«
    »Sehr gut.« Er macht sich eine weitere Notiz. »Okay, Lexi. Bei Ihrem Autounfall sind Sie mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe geprallt, was eine leichte Hirnschwellung hervorgerufen hat, aber es scheint, als hätten Sie großes Glück gehabt. Allerdings muss ich noch ein paar Tests durchfuhren.« Er hält seinen Kugelschreiber hoch. »Behalten Sie bitte die Spitze von meinem Stift im Auge, während ich ihn hin und her bewege ...«
    Ärzte lassen einen nie zu Wort kommen, oder?
    »Entschuldigung!« Ich winke ihm zu. »Sie verwechseln mich mit jemandem. Ich hatte keinen Autounfall.«
    Dr. Harman runzelt die Stirn und blättert in seinem Ordner zwei Seiten zurück. »Hier steht: Die Patientin war in einen Autounfall verwickelt.« Er dreht sich um, sucht Bestätigung.
    Warum fragt er die Schwestern? Ich war doch dabei.
    »Na, dann hat man es offenbar falsch aufgeschrieben«, sage ich entschlossen. »Ich war jedenfalls mit ein paar Freundinnen unterwegs, wir sind auf ein Taxi zugelaufen, und dabei bin ich gestürzt. Das ist passiert. Ich kann mich ganz genau daran erinnern.«
    Dr. Harman und Maureen tauschen fragende Blicke.
    »Es war definitiv ein Autounfall«, murmelt Maureen. »Zwei Fahrzeuge, seitlicher Aufprall. Ich war in der Notaufnahme und habe gesehen, wie sie hereingebracht wurde. Und den anderen Fahrer auch. Ich glaube, er hatte eine leichte Unterarmfraktur.«
    »Ich kann keinen Autounfall gehabt haben.« Ich versuche, die Geduld zu bewahren. »Ich besitze gar kein Auto. Ich kann überhaupt nicht fahren!«
    Eines Tages werde ich es noch lernen. Aber bisher bestand nie ein Anlass, da ich mitten in London wohne, und außerdem sind Fahrstunden teuer, und ich kann mir sowieso kein Auto leisten.
    »Sie besitzen kein ...«, Dr. Harman blättert eine Seite um und liest ab,»... Mercedes Cabrio?«
    »Einen Mercedes?« Ich schnaube vor Lachen. »Soll das ein Witz sein?«
    »Aber hier steht ...«
    »Hören Sie ...« So freundlich wie möglich schneide ich ihm das Wort ab. »Ich verrate Ihnen, wie viel eine fünfundzwanzig-jährige Juniorassistentin bei Deller Carpets verdient, okay? Und dann verraten Sie mir, wie ich davon ein Mercedes Cabrio bezahlen soll.«
    Dr. Harman macht den Mund auf, um zu antworten, doch die Assistenzärztin tippt ihm an die Schulter. Sie kritzelt etwas in meine Akte, und Dr. Harman macht ein erschrockenes Gesicht. Er sieht die junge Ärztin an, die ihre Augenbrauen hochzieht, einen Blick zu mir herüberwirft und dann wieder auf die Akte deutet. Die beiden sehen aus wie zwei unbegabte Pantomimenschüler.
    Jetzt kommt Dr. Harman näher heran und betrachtet mich mit ernster, aufmerksamer Miene. Plötzlich wird mir ganz flau im Magen. Ich habe Emergency Room gesehen. Ich weiß, was dieser Blick bedeutet.
    Lexi, beider Computertomografie haben wir etwas gefunden, mit dem wir nicht gerechnet hatten. Möglicherweise hat es nichts zu bedeuten.
    Nur dass es niemals nichts zu bedeuten hat, oder? Sonst wäre es ja nicht in der Serie.
    »Stimmt was nicht mit mir?«, frage ich fast aggressiv, um das plötzliche Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken. »Sagen Sie es mir einfach, okay?«
    Schon spiele ich alle Möglichkeiten durch. Krebs. Ein Loch in der Herzwand. Beinamputation. Vielleicht haben sie mir schon ein Bein amputiert, und sie trauen sich nur nicht, es mir zu sagen. Verstohlen taste ich unter der Decke herum.
    »Lexi, ich möchte Ihnen eine andere Frage stellen.« Dr. Harmans Stimme klingt sanfter. »Können Sie mir sagen, welches Jahr wir haben?«
    »Welches Jahr wir haben?« Ich starre ihn an, sprachlos.
    »Keine Sorge«, sagt er beschwichtigend. »Sagen Sie mir einfach, was Sie glauben, welches Jahr wir haben. Es gehört zu unseren Standard-Checks.«
    Mein Blick wandert von einem zum anderen. Ich sehe ihnen an, dass sie irgendein Spielchen mit mir treiben, aber ich komme nicht darauf, was es sein könnte.
    »Wir haben 2004«, sage ich schließlich.
    Eine sonderbare Stille erfüllt den Raum, so als hielten alle die Luft an.
    »Okay.« Dr. Harman setzt sich aufs Bett. »Lexi, heute ist der 6. Mai 2007.«
    Er verzieht keine Miene. Auch die anderen wirken
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