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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern
Autoren: Andreas Eschbach
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ihm N’etehu gezeigt hatte.

2
    In einem Sternenschiff zu reisen war ganz anders, als Kelwitt sich das vorgestellt hatte. Es war vor allem laut. Über Tage und Tage hinweg war das Dröhnen der Motoren zu vernehmen, das ihm zuerst kaum aufgefallen war, sich aber dadurch, dass es niemals aufhörte, zu schierer Unerträglichkeit steigerte. Und es war trocken. Die klimatisierte Luft schien einem förmlich die Nässe von der Haut zu saugen, und selbst die Ruhemulden waren allenfalls feucht zu nennen. Als einziges Zugeständnis an das Wohlbefinden waren hier und da in den endlosen Gängen Duschen angebracht.
    An Bord des Schiffes begegnete Kelwitt zum ersten Mal Wesen, die keine Jombuuraner waren. Den Gunradi etwa, fast durchsichtigen Wesen, die auf vielen hundert kleinen Füßen die Gänge entlangkrabbelten und sich über Farbveränderungen in ihrer Haut verständigten. Zwei von ihnen arbeiteten als Piloten, aber sie hatten eine unübersichtlich große Sippschaft dabei, die in einem warmen Raum zu einer großen glibberigen Kugel zusammengewimmelt von der Decke hing und nach verfaultem Meergras roch. Für die beiden Gunradi standen spezielle Armaturen in der Steuerzentrale bereit, mit vielen hundert Schaltern, über die sie das Sternenschiff steuern konnten. Oder der Waijanti: ein düsterer Koloss mit sechs Armen und einem Wabenauge in jeder Fingerspitze, der sich zeitlupenhaft bewegte, sich um die Maschinen kümmerte und niemals einen Laut von sich gab. Außerdem war oft von einem Wesen die Rede, das die anderen »den Steinfließer« nannten, worunter Kelwitt sich nichts vorstellen konnte und das er auch nie zu Gesicht bekam.
    Man hatte Kelwitt eine kleine Höhle zugewiesen, in der nur der Boden mit der Ruhemulde aus echtem Stein bestand, die Wände und die Decke waren aus steinartig lackiertem Metall. Reichlich ungemütlich also. Die Fahrt verlief absolut eintönig – das Schiff trat in eine Sternstraße ein, flog eine Zeit lang, verließ sie wieder, manövrierte eine Zeit lang, immer so weiter – und schien überhaupt kein Ende zu nehmen. Irgendwann, als bestimmt schon zwei kleine Mondzyklen verstrichen waren, begann Kelwitt sich zu fragen, ob man ihn womöglich vergessen hatte.
    Doch gerade als er sich entschlossen hatte, in der Steuerzentrale nachzufragen, kam von dort die Mitteilung, dass man demnächst Kelwitts Stern erreiche und er sich bereit machen solle.
    Auf dem Weg zu den Laderäumen ließ Kapitän Handuma keine Dusche aus. »Keine Lust, dass man mich zu Hause für eine Lederhaut hält, sag’ ich dir!«, dröhnte der schwergewichtige, nicht mehr ganz junge Jombuuraner und ließ das Wasser auf sich niederrieseln. Kelwitt hätte es ihm gern gleichgetan, traute sich aber nicht.
    Einer der ganz kleinen Gunradi, die unaufhörlich durch das Schiff wuselten, ohne dass jemand verstanden hätte, wieso, kam ihnen entgegen, nahm aber dann Reißaus vor der tropfnassen Gestalt. Die Gunradi mochten keine Feuchtigkeit, und von Wasser bekamen sie Hautausschläge, was bedeutete, dass sie taub und stumm wurden.
    »Also«, meinte der Kapitän dann und legte Kelwitt die schwere Hand auf die Schulter, »in fünf oder sechs Zeiteinheiten ist es so weit. Verdammt viel los auf den Sternstraßen in diesem Sektor, sage ich dir! Man kommt kaum von der Stelle. Sind vor allem die Grünen. Von denen geistern hier so viele herum, dass man sich fragt, ob ihr Heimatplanet überhaupt noch besiedelt ist. Ziemlich verrückt, die Grünen. Hast du schon mal einen gesehen?«
    »Ähm … also … Nein.«
    »Sind auch Zweibeiner, aber kleiner als wir. Haben einen großen Kopf, grüne Haut und eigentlich einen ganz anderen Namen, aber den kann niemand aussprechen, deshalb nennen wir sie die Grünen.«
    »Aha.«
    »Die Grünen haben ein riesiges Riechorgan. Sieht aus wie ein Trichter und sitzt unterhalb der Augen. Übrigens ihre empfindlichste Stelle, falls du dich mal mit einem prügeln musst. So«, verkündete Handuma dann und öffnete eine breite Tür, »da sind wir.«
    Der Laderaum war groß und ein einziges Chaos. Alles stand durcheinander, offenbar ohne Plan und Ziel. Und falls es einen Plan gab, dann kannte ihn der Kapitän ebenso wenig wie Kelwitt. Zumindest ließ das die Art, wie er umherging und sich suchend umsah, vermuten.
    »Habe ich dir eigentlich schon alles erklärt?«, fragte Handuma dabei.
    »Nein«, erwiderte Kelwitt zaghaft.
    »Noch nicht alles?«
    »Eigentlich … eher … noch gar nichts.«
    Der Kapitän stieß einen Pfiff der
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