Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt
Autoren: Niels Peter Henning
Vom Netzwerk:
zwar
darauf, sich nach Möglichkeit nur in eine Richtung zu orientieren, doch
stellenweise zwang ihn das Layout des Labyrinths, ein Stück in die Richtung zu
laufen, in der er den Killer vermutete. Daher musste er jederzeit damit
rechnen, bereits an einer der nächsten Abzweigungen auf den Burschen
aufzulaufen. Von Zeit zu Zeit hörte er auch das Gebrüll des Entsorgers. Der
Kerl musste wirklich völlig von der Rolle sein. Doch das Geschrei half ihm, den
Abstand zu dem Killer zu vergrößern. Und schließlich fand er, was er gesucht
hatte. Vielleicht hatte es auch ihn gesucht. Das wusste er nicht. In jedem Fall
würde er nun Gelegenheit bekommen, seine These in der Praxis zu testen.
    Der schwarze Schatten
kauerte auf der anderen Seite des Tunnels auf dem Laufgang, genau unter einer
ausgefallenen Arbeitsleuchte an der Decke. Hätte er nicht gewusst, worauf er
achten musste, dann hätte er den Mutanten glatt übersehen.
    Vor nicht allzu langer Zeit
hätte er sich in diesem Augenblick umgedreht und wäre Hals über Kopf
geflüchtet. Doch das war in der Zeit, in der er sich noch für einen normalen
Typen von der Straße gehalten hatte - und diese Zeiten waren vorbei.
    Falls er mit seinen Annahmen
falsch lag, dann würde er sterben. Jetzt gleich. Dann würde dieses Monster aus
dem Schatten springen und seiner Existenz mindestens ebenso schnell ein Ende
setzen, wie es ein Schuss des Entsorgers tun würde.
    Doch er starb nicht.
    Dieses Biest hockte dort
drüben in den Schatten und starrte ihn einfach nur an. Zumindest nahm er das
an. Vielleicht lebte er auch nur noch, weil dieses Vieh gerade ein Nickerchen
hielt. Nun, gleich würde er es wissen, denn er plante, seine These in der
Praxis zu testen.
    „ Ich muss hier raus."
    Das Ding hörte ihn, denn es
regte sich. Nun fragte er sich nur noch, ob es ihn auch verstand - und ob es
auf seiner Seite stand. Oder betrachtete es ihn ebenso als Beute wie alle
anderen auch?
    „ Ich muss dringend hier
raus", sagte er noch einmal. Dabei tat er einfach so, als verstehe ihn das
Wesen. Er wusste nicht, wie er sonst hätte vorgehen sollen. „Zeigt mir den Weg.
Aber lasst den Kerl in Ruhe, der hinter mir her ist."
    Der Schemen verschwand
schneller aus den Schatten, als er ihm mit den Augen folgen konnte. In einem
Augenblick saß der Mutant noch auf dem Laufgang, im nächsten Augenblick wischte
er nach hinten in den Tunnel.
    „ Ihr müsst den anderen in
Ruhe lassen", rief er dem Mutanten hinterher. „Hörst du? Ihr dürft ihn auf
keinen Fall angreifen. Noch nicht."
    Hoffentlich verstand dieses
Ding, was er wollte. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich darauf zu
verlassen und dem Schatten zu folgen.
    Er rannte weiter und wählte
die nächsten beiden Abzweigungen willkürlich. Nichts passierte. Dann kreuzte
der Tunnel, in dem er unterwegs war, einen breiteren Schacht. Er bog nach
rechts ab, doch dort erwarteten ihn gleich zwei der schwarzen Dinger. Eines
kauerte auf dem Laufsteg, das zweite klammerte sich an die Seitenwand des
Schachtes und hing dort wie eine gewaltige Spinne mit vier Beinen. Er hielt an
und wartete einen Augenblick ab. Die beiden Dinger rührten sich nicht. Also
drehte er um und ging in die entgegengesetzte Richtung. Dort wartete nichts und niemand auf ihn. Außerdem entfernte er sich immer weiter vom
Geschrei des Entsorgers. Inzwischen konnte er nicht einmal mehr die Richtung
bestimmen, aus der das Gebrüll ertönte. Auch die Worte verstand er nicht mehr.
Nur der Tonfall ließ keinen Zweifel offen: Ein weiteres Zusammentreffen mit dem
Entsorger würde er keinesfalls überleben.
    Und sein Plan funktionierte.
An der nächsten Kreuzung versperrte ihm ein dunkler Schemen den Weg. Als er nach links abdrehen wollte, wartete dort ebenfalls ein
Mutant auf ihn. Nur der Weg nach rechts blieb ihm offen. Also rannte er dort
entlang. Immer weiter und weiter. Und dann, einige Abzweigungen später,
erreichte er die Treppe. Das Geschrei des Entsorgers hörte er inzwischen
überhaupt nicht mehr.
    Er stolperte die Stufen
hinauf, wobei er sich rechts und links an den Wänden abstützte, um auf den
Steinstufen nicht auszurutschen. Und dann fand er sich in den Katakomben
wieder. Beinahe schon vertrautes Terrain für ihn. Immerhin hatte sein Plan bis
hierher funktioniert. Nun musste er nur noch einen Weg nach oben finden.
    Doch zuvor hatte er noch
etwas zu erledigen. Dazu wandte er sich der Treppe zu und spähte in die
Dunkelheit. Dort tauchte ein schwarzer Schatten auf.
    „ Alles klar",
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher