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Keine Zeit für Vampire

Keine Zeit für Vampire

Titel: Keine Zeit für Vampire
Autoren: Katie MacAlister
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das Wohngebäude einfach verschacherte. »Beim Fotografieren kann ich mich entspannen. Dieser Sommer wird sicher der schönste werden seit … na ja, seit dem letzten Sommer, den wir zusammen verbracht haben.«
    Gretl lachte. »Damals warst du sechzehn. In der Zwischenzeit hat sich in St. Andras einiges verändert.«
    »Für mich ist es noch dieselbe süße, österreichische Kleinstadt.« Mit einem Kopfnicken wies ich auf die Burgruine, die oben auf dem Hügel kauerte. »So malerisch und bezaubernd, dass ich wahrscheinlich am Ende des Sommers überhaupt nicht mehr nach Hause möchte – genau wie damals mit sechzehn. Habe ich dir eigentlich schon dafür gedankt, dass du mich zu dir eingeladen hast, und dir gesagt, dass du die großartigste Cousine bist, die es gibt?«
    »Ja. Dass ich dich eingeladen habe, war allerdings nicht ganz uneigennützig«, erwiderte sie und schob mich an einigen Ständen vorbei. »Seit Anna geheiratet hat, ist es doch ziemlich einsam geworden.«
    »Das mag schon sein, aber du hast doch trotzdem eine ganze Menge um die Ohren mit den Yogastunden und dem Förderprogramm für junge Künstler, von dem du mir auf der Fahrt hierher berichtet hast.«
    »Ach was! Für die Familie habe ich immer Zeit. Ah, sieh mal! Imogen ist wieder da. Sie ist eine alte Freundin von mir. Wir kennen uns schon seit über dreißig Jahren. Du wirst sie mögen – sie hat so eine angenehme Art, dass sich eigentlich jeder in ihrer Gegenwart wohlfühlt. Imogen!«
    Gretl eilte auf eine hochgewachsene, elegante Frau mit langen blonden Locken zu, die gerade Schalen mit polierten Steinen auf einem Tisch arrangierte, der mit einem schwarzen Samttuch abgedeckt war. Ich folgte ihr gemächlich, um Gretl Gelegenheit zu geben, in aller Ruhe ihre Freundin zu begrüßen. Die Frau drehte sich um, und Gretl blieb abrupt stehen.
    »Gretl? Bist du das etwa?« Die blonde Frau ging Gretl mit einem überraschten, aber freudigen Lächeln entgegen.
    »Ja, ich bin es«, erwiderte Gretl, doch ihre Stimme klang irgendwie seltsam. »Es ist kaum zu glauben! Du hast dich kein bisschen verändert, seit ich dich vor zwölf Jahren zum letzten Mal gesehen habe. Wie ist das möglich? Welche Wundercreme verwendest du, dass du noch immer so jung aussiehst?«
    Imogen lachte, doch die Fältchen um ihre Augen ließen ihren Gesichtsausdruck eher schroff als freundlich wirken. Sie hatte einen blassen Teint, was bei ihrem blonden Haar eigentlich normal war, doch mir erschien sie ein wenig zu bleich, so als stünde sie unter großer Anspannung. »Ich glaube, das liegt einfach nur an den guten Genen. Du siehst allerdings auch noch genauso großartig aus wie bei unserem letzten Treffen, und du bist immerhin schon Großmutter! Das kommt bestimmt von den Yogastunden, von denen du mir geschrieben hast.«
    Die beiden Frauen umarmten sich. Es freute mich für Gretl, dass dabei in den blauen Augen ihrer Freundin aufrichtige Zuneigung aufblitzte.
    »Ich sehe alles andere als großartig aus, aber ich bin zufrieden«, entgegnete Gretl und ließ Imogen los. »Aber jetzt möchte ich dir unbedingt meine Cousine aus Amerika vorstellen. Iolanthe, das ist Imogen Slovik. Iolanthe verbringt den Sommer bei mir.«
    Wir tauschten ein paar Höflichkeiten aus und schüttelten uns die Hände. »Bist du als Touristin hier?«, fragte mich Imogen etwas später, nachdem sie und Gretl sich gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht hatten. »Reist du noch weiter durch Österreich oder bleibst du in St. Andras?«
    »Etwas von beidem. Ich nutze meinen Aufenthalt quasi als Arbeitsurlaub«, erklärte ich und hielt meine Kamera hoch. »Ich möchte versuchen, mich als Fotografin selbstständig zu machen. Darum bin ich momentan in St. Andras auf der Suche nach interessanten Motiven. Glücklicherweise gibt es die ja hier in Hülle und Fülle.«
    »Stimmt, hier in der Gegend gibt es einige schöne Plätzchen«, stimmte Imogen mir zu.
    Ich betrachtete sie eingehender. Ich war fasziniert von der Aura von Zerbrechlichkeit, die sie umgab, und ich fragte mich, ob ich dies auf einem Foto festhalten könnte. Die Frau hatte das Zeug zu einem Fotomodell, doch sie schien so sehr unter Spannung zu stehen, als würde sie in der nächsten Sekunde in tausend Stücke zerspringen. Ich musste sie einfach fragen: »Dürfte ich … also, das klingt jetzt wahrscheinlich ziemlich dreist, aber dürfte ich dich vielleicht fotografieren? Ich kann dir leider nichts dafür bezahlen, aber du kannst so viele Abzüge haben, wie
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