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Keine Zeit für Vampire

Keine Zeit für Vampire

Titel: Keine Zeit für Vampire
Autoren: Katie MacAlister
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einschüchternd. »Wenn man sich die Zeit nimmt, die Menschen um einen herum genau zu studieren, kann man faszinierende Entdeckungen machen.«
    »Wie wahr. Ich werde dich auch nicht mehr über dein wahres Wesen ausfragen, denn ich bin sicher, dass Imogen dich später noch gründlich ausquetschen wird«, erklärte er und zwinkerte mir amüsiert zu. Wir schlenderten langsam weiter. »Meine Schwester beobachtet ebenfalls gern die Menschen. Man könnte es mit Neugier verwechseln, aber eigentlich mag sie einfach nur Sterbliche.«
    Halte dich nur ja in der Öffentlichkeit auf, schärfte ich mir ein. Bleib da, wo andere Menschen euch sehen können. Geh unter keinen Umständen mit diesem merkwürdigen Typen allein irgendwohin. »Ich versichere dir, ich bin bei Weitem nicht so interessant. Und es tut mir wirklich leid, dass ich bei Imogen scheinbar von einem Fettnäpfchen ins andere trete.«
    Er blieb vor einem Stand stehen, wo Zeitreisen angepriesen wurden, und sah mich verwundert an. »Wie bitte?«
    Ich verzog gequält das Gesicht. »Ich wollte just an dem Ort mit Imogen Fotos machen, an dem euer Vater sein Ende gefunden hat.«
    »Mein Vater?« Ben blinzelte irritiert. »Mein Vater ist in Südamerika.«
    »Oh, entschuldige bitte.« Ich lief knallrot an. Schon wieder hatte ich mich zum Idioten gemacht. »Ich dachte, du und Imogen, ihr hättet denselben Vater.«
    »So ist es auch. Ich glaube, er hält sich in Brasilien auf. Oder Argentinien. Jedenfalls irgendwo, wo es viele halb nackte junge Frauen gibt und lockere Sitten herrschen.«
    Ich starrte ihn verständnislos an. »Er ist also nicht tot?«
    »Nein.« Er beugte sich dicht zu mir und raunte mir zu: »Mein Vater ist ein Dunkler. Er kann nicht sterben, außer jemand legt sich beim Versuch, ihn umzubringen, mächtig ins Zeug, und ich kann dir versichern, dass das schon seit mehreren Hundert Jahren nicht mehr vorgekommen ist.«
    »Seit mehreren Hundert Jahren«, wiederholte ich, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Mein Verstand brüllte mir derweil zu, loszurennen und so schnell wie möglich eine große, große Distanz zwischen mich und diesen durchgeknallten Typen zu bringen.
    Doch dann kam mir die Erleuchtung. Versuchten Imogen und er, mich hochzunehmen? Erlaubten sie sich einen Spaß mit der dummen, kleinen amerikanischen Touristin? Warteten sie etwa nur darauf, dass ich ausflippte, damit sie mich auslachen konnten?
    Schweinebande. Dieses Vergnügen würde ich ihnen nicht bereiten!
    »Also … dreihundert Jahre etwa. Ja, das kommt ungefähr hin. Soweit ich mich erinnere, ist er etwa 1708 ausgerastet. Das wären dann dreihundert und ein paar Zerquetschte.«
    Nach der Schmutzkampagne, die Barry mit den tausend Händen gegen mich angezettelt hatte, war mein Stolz zwar ziemlich angekratzt, doch nun mobilisierte ich alles, was mir an Selbstachtung noch geblieben war, und erwiderte völlig gelassen: »Ach, so ein Dunkler ist er. Ich dachte, du meinst die nicht-dreihundertjährige Sorte.«
    Er glotze mich an, als würden ein paar Kartoffeln auf meinem Kopf Polka tanzen. »Die was?«
    »Na, du weißt schon. Die, die keine dreihundert Jahre leben.«
    Die Kartoffeln waren wohl zu einer Darbietung auf dem Trapez übergegangen, denn nun stierte er mich wirklich vollkommen irritiert an. Okay, offenbar versuchten sie doch nicht, mich zu veralbern. So entgeistert schaut niemand, dem man gerade bei einem Streich auf die Schliche gekommen ist.
    »Du hast doch dreihundert Jahre gesagt, oder?«, fragte ich nochmals nach, denn nun befürchtete ich, mich vielleicht verhört zu haben. Dann würde er mich zu Recht für diejenige von uns beiden halten, die nicht mehr ganz richtig im Kopf war.
    »Ja«, bestätigte er weiterhin skeptisch. »Mein Vater ist sogar älter als dreihundert Jahre. Lass mich mal überlegen … Ich bin dreihundertneunzehn. Das bedeutet, dass er so um die dreihundertsechzig Jahre alt sein müsste. Oder dreihundertsiebzig. Ungefähr.«
    Was erwidert man einem Mann, der von sich behauptet, mehr als dreihundert Jahre alt zu sein? Ich weiß nicht, was ihr gemacht hättet. Ich für meinen Teil beschloss jedenfalls, vorerst mitzuspielen und dann zuzusehen, wie ich ihn so schnell wie irgend möglich loswurde.
    »Meine ich doch. Das sind meine liebsten Düsteren.«
    »Dunklen.«
    »Verzeihung.« Ich räusperte mich und machte Anstalten, mich unauffällig zu verdrücken. »Also, ich werde dann mal …«
    Leider ließ Ben das nicht zu. Er folgte mir und musterte
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