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Keine Macht den Doofen

Keine Macht den Doofen

Titel: Keine Macht den Doofen
Autoren: Michael Schmidt-Salomon
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Tyr oder Frigg?),
hätte der Jahwekult nicht zwei religiöse Ableger hervorgebracht, die sich, da
sie zufälligerweise dem Ungeist ihrer Zeit entsprachen, recht bald zu
Weltreligionen entwickeln konnten: Christentum und Islam .
    Dass das Judentum – im Unterschied zu so vielen anderen historischen
Religionen – die Jahrtausende überdauerte, ist nicht zuletzt dem Umstand zu
verdanken, dass Christen und Muslime, nachdem sie das jüdische Erbe gnadenlos
ausgeplündert hatten, alles taten, um sich von »den Juden« abzugrenzen.
Besonders markant war dieser Vorgang im Christentum: Der Wandel von der
Weltuntergangssekte eines jüdischen Wanderpredigers hin zur antijüdischen,
christlichen Religion vollzog sich bereits in den Texten des Neuen Testaments:
So heißt es im Johannesevangelium, dass die Juden den »Teufel zum Vater« haben. 17 Der Verfasser des
Matthäusevangeliums wiederum legte ihnen angesichts der Kreuzigung Jesu (für
die im Grunde ja »die Römer«, nicht »die Juden« verantwortlich waren –
eigentlich hätten also »die Italiener« als »Gottesmörder« in die Geschichte
eingehen müssen) jene verhängnisvolle Selbstverfluchung in den Mund, auf die
sich später ganze Generationen von Judenhassern berufen sollten: »Sein Blut
komme über uns und unsere Kinder!« 18
    Schon die ersten christlichen Kaiser ließen entsprechende Taten
folgen. Sie schränkten die Rechte des »durch gottloses Verbrechen befleckten«
jüdischen Volkes mehr und mehr ein und unterbanden die weitere Ausbreitung des
jüdischen Glaubens in ihrem Herrschaftsgebiet, indem sie die Konversion zum
Judentum unter Todesstrafe stellten. Im christlichen Mittelalter kam der Wahn
erst richtig zur Blüte: Man unterstellte den »Gottesmördern«, Ritualmorde zu
begehen, Hostien zu schänden, Brunnen zu vergiften und Krankheiten wie die Pest
zu verbreiten. Zahlreiche Pogrome waren die Folge. Doch das reichte der Homo-demens -Fraktion der frommen Eiferer noch lange nicht:
So fragte der Reformator Martin Luther in seiner Hetzschrift »Von den Juden und
ihren Lügen«, was man mit »diesem verworfenen und verdammten Volk« anstellen solle.
Sein Ratschlag war, »dass man ihre Synagoge oder Schule mit Feuer anstecke, und
was nicht brennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, dass kein Mensch
einen Stein oder Schlacke davon sehe ewiglich«. 19
    In der Reichspogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 (an »Luthers
Geburtstag«, wie der evangelische Landesbischof von Thüringen, Martin Sasse,
jubilierte) wurde der »treue Rat« des Reformators endlich umgesetzt. Denn
Hitler, der bereits in »Mein Kampf« seinen Status als Homo-demens -Volltrottel
eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatte (»Indem ich mich des Juden erwehre,
kämpfe ich für das Werk des Herrn … Die Aufgabe, mit der Christus begann, die
er aber nicht zu Ende führte, werde ich vollenden« 20 ),glaubte allen Ernstes an eine »jüdische
Weltverschwörung«, die seit »Anbeginn der Zeit« auf eine »Vernichtung der Welt«
hinarbeitete und in die so unterschiedliche Personen wie Moses, Paulus,
Spinoza, Lassalle, Rothschild, Heine, Marx, Lenin und Einstein verwickelt
waren. 21 Man weiß gar
nicht, wovor man sich mehr ekeln soll – vor der bestialischen
Kaltschnäuzigkeit, mit der Hitlers Schergen den Massenmord an Millionen
jüdischer Männern, Frauen und Kindern verübten, oder vor der abgrundtiefen
Stumpfsinnigkeit, der brechreizerregenden Mega-Blödheit jenes Homo-demens -Hirnwurms, der die nationalsozialistischen
Gräueltaten heraufbeschwor.
    Immerhin: Mit der zivilisatorischen Zäsur, die mit der Verarbeitung
des Holocaust einherging, ebbte der traditionelle Judenhass innerhalb des
Christentums ab. Dafür nahm er innerhalb des muslimischen Kulturkreises immer
bedrohlichere Ausmaße an – und dies, obwohl der Islam ursprünglich gegenüber
dem Judentum toleranter war als das Christentum: Immerhin galten Juden (wie
Christen) als »Dhimmi«, als Schutzbefohlene, die mit eingeschränktem Rechtsstatus
und gegen Zahlung einer entsprechenden Steuer im muslimischen Hoheitsgebiet
geduldet wurden. (Um dieser Dhimmi-Steuer zu entgehen und gleiche Rechte zu
erhalten, traten ab dem 7. Jahrhundert im Nahen Osten übrigens massenhaft Juden
zum Islam über, sodass man davon ausgehen kann, dass viele Palästinenser, die
heute eifrig ihren antisemitischen Wahn demonstrieren, selbst von Juden abstammen.)
    Auch wenn es unter islamischer Herrschaft vereinzelt zu Massakern an
jüdischen Menschen
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