Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)

Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)

Titel: Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)
Autoren: Lorelei Mathias
Vom Netzwerk:
Abend, den ich je erlebt habe. Kein einziges Kreuzchen. Nicht mal annähernd. Nicht, dass ich es erwartet hätte. Zugegeben – ein paar waren ganz erträglich. Ein bisschen zumindest. Und ein, zwei waren darunter, mit denen hätte ich mich zur Not vielleicht sogar verstehen können, hätten uns die Umstände nicht das Ambiente einer Schuldisco aufgezwungen. Ich schätze, Nummer 13 wäre ganz passabel, wenn er sich nicht gar so viel Mühe mit seinem Drei-Minuten-Auftritt gegeben hätte.
    Rückblickend muss ich sogar zugeben, dass Nummer 6 ziemlich gut ausgesehen hat, und ich gestehe, dass ich mich leise auf meine drei Minuten mit ihm gefreut hatte. Leider hat irgendeine Laune der Rotation dazu geführt, dass er nie an meinen Tisch kam. Dort drüben steht er, umgeben von einer Mädchentraube, die ihn einer »Nachbehandlung« unterzieht. Na, der kann so gut aussehen, wie er will, ich werde mich jedenfalls nicht unter die Cowboystiefel-Horde mischen. Nein, ich bin vollkommen zufrieden damit, hier zu sitzen, einen Wodka zu schlürfen und den Albtraum literarisch zu verdauen. Dazu dudelt im Hintergrund »Get Into the Groove«.
    Kaum zu fassen, aber Duncan und Sally scheint es ganz gut gefallen zu haben. Sie haben jeder großzügigerweise sechs Kandidaten angekreuzt und sich prompt unters Volk gemischt, um ihre Treffer »nachzubearbeiten«. Nein, ich kann mir beim besten Willen keinen Reim darauf machen, wie zwei gut aussehende, erfolgreiche, intelligente Freunde von mir daran etwas finden konnten. Wieso geht mir das alles nur so auf die Nerven? Was stört mich daran? Ist es -

    Amelie zuckte erschrocken zusammen, weil jemand sie an den Haaren zupfte. Es war Sally. Sie kreischte ihr nun förmlich ins Ohr: »Amelie Holden, du bist erbärmlich! Was sitzt du hier rum und kritzelst in dein Buch! Komm und misch dich unter die Leute!«
    »Genau«, ertönte nun auch Duncans vorwurfsvolle Stimme. »Wenn du schon nicht deinen Kreuzchen nachjagen willst, dann komm wenigstens auf die Tanzfläche! Den Song magst du doch ganz besonders, wenn ich mich recht erinnere?«
    Amelie klappte ihr Tagebuch zu und blickte die beiden mit einem entschuldigenden Lächeln an. »Sorry, Leute, aber ich bin einfach nicht in Stimmung. Ich finde das alles zu... bizarr, zu verrückt. Und ich muss aufschreiben, was mir durch den Kopf geht – ich habe schon jede Menge Material... bestimmt ist was drunter, was wir für die Kampagne gebrauchen können.«
    Duncan stellte kopfschüttelnd sein Bierglas ab. Er musterte Amelie mit einem forschenden Blick. »Am, es ist jetzt zehn Uhr nachts. An einem Freitagabend. Du hast dir ein paar Notizen gemacht. Na toll. Wunderbar. Aber könntest du das jetzt vielleicht sein lassen und dich einfach amüsieren?«
    Amelie schenkte Duncan ein warmes Lächeln. Sie fragte sich, wie er sich auf diesem institutionalisierten Fleischmarkt bloß amüsieren konnte. »Freut mich, dass es dir gefällt, aber ich bin vollkommen zufrieden damit, einfach nur hier zu sitzen. Hier hab ich alles, was ich brauche.«
    »Was soll das heißen, alles, was du brauchst?«, wollte Sally wissen. »Du spinnst doch. So viel kann man doch gar nicht darüber schreiben!« In diesem Moment sah sie, dass sich sexy Nummer 6 endlich aus den Oktopusarmen von Nummer 14 befreit hatte. Rasch sagte sie: »Äh, sorry, ich muss weg. Bis später.« Und schon war sie in Richtung Tanzfläche entschwunden. Duncan blickte Sally kurz nach, dann schaute er wieder Amelie an. »Jetzt komm schon, Am, misch dich ein bisschen unter die Leute. Sitz hier nicht so allein rum wie ein Mauerblümchen.«
    Amelie griff abermals zum Stift, schlug ihr Tagebuch auf und sagte streng: »Ja, gleich. Aber erst muss ich noch diese Seite hier fertig schreiben.«

    All Bar One, noch immer, 22:20 Uhr
     
    Was finden die bloß alle an diesem Speed-Dating-Karussell? Ich kapier’s einfach nicht. Stimmt was nicht mit mir? Jetzt mache ich mir allmählich ernsthaft Sorgen. Wie zum Teufel sollen wir das verkaufen? Wer ist der Markt?? Bin ich blind? Ich kann beim besten Willen keinen USP, keinen Unique Selling Point erkennen. Nicht im Entferntesten. Vielleicht bin ich ja wirklich blind oder ich sehe das Ganze nicht richtig, aber mir scheint es so, dass Speed-Dating sowohl hirntötend öde und repetitiv ist als auch abgrundtief unromantisch. Nach allem, was ich gerade erlebt habe, sollte das Motto unserer Kampagne lauten:
    Alleinsein war nie verlockender.

    Endlich daheim (hurra!), Freitag, 7. Januar,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher