Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Keine E-Mail fuer Dich

Keine E-Mail fuer Dich

Titel: Keine E-Mail fuer Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Kuehne
Vom Netzwerk:
erschöpft, er könne nicht mehr. Diese Frau raube ihm seine letzte Kraft. Er freue sich wie ein kleines Kind darauf, nach Hamburg zu fahren. Seine Mutter und Tina seien einfach zu viel für ihn. Die dänische Studentin sei keine Dauerlösung, aber ein kleines Trostpflaster. Allerdings wisse sie nicht, dass sie nur ein Trostpflaster ist.
    Er betrügt seine Lebensgefährtin, sie betrügt ihn, beide können und wollen sich nicht trennen, sind unfähig, ihre Konflikte zu kommunizieren und zu lösen.
    Rüdiger möchte sich nun auf die Lauer legen. Er ist sich sicher, dass er Tina mit einem andern Typen erwischen wird. Er hat Angst, dass sie schwanger von einem anderen wird, dann hat er ein Kuckuckskind.
    Tina besucht mich eine Woche später und beschwert sich, dass Rüdiger zuletzt etwas mürrisch nach Hause gekommen sei, und nicht mehr mit ihr geredet habe. Die Kommunikation zwischen ihnen habe sich etwas verbessert, doch dann sei es wieder wie vorher gewesen. Er habe erwähnt, dass es beruflich nicht so gut laufe und er deswegen öfter Selbstmordgedanken habe. Am Freitag führe er erst einmal auf Dienstreise nach Hamburg. Er bleibe bis Montag und träfe sich am Wochenende dort auch mit seinem Schulfreund. Sie selbst habe daraufhin das Wochenende mit einem Online-Lover verplant.
    Dass er sich umbringen wolle, mache sie nicht nachdenklich, das könne sie nicht so ganz ernst nehmen. Er sei viel zu feige für so was. Wie er’s machen wolle, habe er auch nicht erwähnt. Als sie sich früher einmal über so etwas unterhalten haben, meinte er, er würde sich mit einem Gürtel seines Vaters erhängen. Sie fand’s schon etwas gruselig, aber es hat ihr nicht weiter zu denken gegeben. Rüdiger lebe ja noch, also sei sie ganz entspannt.
    Ihr sei es in den letzten zwei Wochen blendend gegangen. Sie sei weiterhin fest entschlossen, ihren Baby-Plan umzusetzen. Ihre Eltern würden auch langsam Druck machen. Letzte Woche hätten sie sie wieder gefragt. Als sie zugeben musste, dass sie immer noch nicht schwanger sei, seien sie sehr enttäuscht gewesen. Sie habe es an ihren Gesichtern gesehen.
    So gut scheint’s der Patientin also doch nicht zu gehen. Sie spürt, dass sie die Erwartungen ihrer Eltern nicht erfüllen kann.
    Im Bekanntenkreis hätten auch schon alle Kinder, nur sie nicht. Das sähe langsam komisch aus. Sie könne ja nicht herumrennen und jedem erzählen, dass Rüdiger es einfach nicht bringe. Das belaste sie. Sie seien nach außen das perfekte Paar. Ihre Mutter war so stolz auf sie, dass sie sich so einen reichen Mann geangelt habe. Sie habe es damals gleich in der ganzen Nachbarschaft erzählt. Tina war damals auch ganz stolz auf sich. Im Internet könne man so eine gute Partie ganz leicht finden.
    In einer Suchmaske gebe man einfach ein, was man finden möchte, und dann könne man sich nach Merkmal und Kategorie einen Mann auswählen. Angefangen bei der Haar- und Augenfarbe, über Körpergröße, Sternzeichen, Beruf bis hin zum monatlichen Einkommen. Das sei eine sehr effektive Sache, da könne man die »Armen« schon direkt aussortieren. Es fehle nur noch, dass man auch die Penislänge auswählen könne. Rüdiger sei da leider nicht so gut ausgestattet.
    Je mehr sie erzählt, desto mehr bezweifle ich, dass es ihr wirklich so »blendend geht«, wie sie anfänglich behauptet hat. Bei ihrer Beschreibung, wie man sich heutzutage »einen Mann angelt«, wundert es mich nicht, dass so viele Beziehungen nicht funktionieren.
    Sie sei auf jeden Fall bestens gelaunt, denn am Wochenende mache sie es sich mit dem Online-Lover zu Hause gemütlich. In Rüdigers Haus, denn er sei doch in Hamburg, da habe sie nun sturmfreie Bude.
    Verhüten tue sie manchmal, manchmal aber auch nicht. Wenn sie fruchtbar sei, träfe sie sich nicht mit jemand anders, dann sei ja »Rüdiger-Zeit«. Sonst nehme sie meistens schon Kondome. Sie habe die Situation voll im Griff, daher könne man die Gespräche hier ja beenden. Sie wüsste, dass mit ihr alles in Ordnung sei. Der Rüdiger sei es, der die Gehirnwäsche brauche. Sie möchte, dass er jede Woche in meine Sprechstunde kommt. Sie sei neugierig, an welcher psychischen Krankheit er leide.
    Sie habe ja schon vermutet, dass er nicht ganz normal sei. Sie kenne jedenfalls keinen Mann, der keine Lust auf Sex hat. Das sei doch ein ganz natürlicher Trieb. Wäre sie so alt wie er und ihr Body wäre nicht mehr so in Form und ihr Gesicht nicht mehr so hübsch, sondern faltig, könne sie das durchaus

Weitere Kostenlose Bücher