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Keine E-Mail fuer Dich

Keine E-Mail fuer Dich

Titel: Keine E-Mail fuer Dich
Autoren: Franziska Kuehne
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des anderen. Der andere wird dann meist zur Rede gestellt: »Wo warst du?«, »Warum bist du nicht ans Telefon gegangen?«.
    Das Ausmaß von digitaler Beziehungskommunikation bestimmt meist das Selbstwertgefühl. Dabei wird die Menge empfangener Nachrichten häufig mit der Qualität einer Beziehung gleichgesetzt. »Wir mailen, also ist alles gut«, »Er simst mir heute nicht, also scheint etwas nicht in Ordnung zu sein«. Wir sind abhängig von unseren digitalen Geräten geworden, denn nur sie melden und sichern uns unseren Beziehungsstatus. Dies ist überlebenswichtig.
    Eine Klientin schickt ihrem Freund morgens auf dem Weg zur Arbeit eine SMS , dieser antwortet ihr nicht. Ab mittags wird sie deutlich unruhig und schreibt wieder eine SMS . Auch diese wird nicht beantwortet. Gegen Spätnachmittag geht es ihr richtig schlecht. Sie fühlt sich nicht gehört, nicht verstanden und verlassen. Sie befürchtet »etwas« stimme nicht und der Freund werde mit ihr Schluss machen. Um ihm zuvorzukommen, schreibt sie ihm eine böse Trennungs- SMS . Spätabends meldet sich der Freund und reagiert mit großem Unverständnis, schließlich wüsste sie doch, dass er den ganzen Tag auf der Messe in Hannover und dort am Arbeiten sei. Solche Dramen gibt es regelmäßig in ihrer Beziehung. Sie braucht die ständige positive Bestätigung ihrer Person durch den Freund per digitaler Kommunikation.
    Chatten ist für viele Alltag, manchmal sogar einziger Lebensinhalt geworden. Internetkonsumenten, die ihr gesamtes soziales Leben ins Internet verlagert haben, rekrutieren dort ihren ganzen Bekanntenkreis. Der PC läuft oft rund um die Uhr, sie sind in ihren Chaträumen zu Hause und führen dort ein soziales Ersatzleben.
    Bemerkenswert ist, dass dort sogar eine eigene Sprache entstanden ist. Wortabkürzungen oder Wortneuschöpfungen sind die in Chats übliche Sprache. Dadurch entsteht eine ganz neue Form von Kommunikation, die eher Codes entspricht als dem gesprochenen Wort. BIDUNOWA = Bist du noch wach?, IC = I see, HF = Have Fun, GN 8 = Gute Nacht, TS = Träum süß, HDGDL = Hab dich ganz doll lieb! sind nur einige Beispiele. Ausdrucksmöglichkeiten werden zunehmend erweitert und differenziert. Wir kennen sie alle, die sogenannten Emoticons (z. B. J L ), die Symbole für individuelle Befindlichkeiten. Dadurch können verwendete Sätze besser eingeordnet bzw. bewertet werden. Sie sind entstanden, da durch digitale Kommunikation das reale Gegenüber fehlt und dadurch auch die Körpersprache, Mimik, Gestik, um Botschaften richtig einordnen zu können.
    Die Medien unterscheiden heute zwischen Digital Natives – Kinder und Jugendliche, die unter den Bedingungen der digitalen Medienwelt aufwachsen – und den Digital Immigrants – Nutzer, die erst im Erwachsenenalter den Umgang mit digitalen Medien gelernt haben. Die Durchdringung des Alltags durch Medien bei Kindern und Jugendlichen ist enorm. Der Computer bzw. das Internet hat bereits ab dem Jugendalter dem Fernsehen den Rang abgelaufen. Den Umgang mit dem Computer lernen Kinder und Jugendliche zuerst von den Eltern, meist von den Vätern. Daneben wird sich mit Freunden ausgetauscht und Wissen vermittelt. Während bei Jungen eher das Spielen, Surfen und die Musik im Internet eine Rolle spielen, nutzen Mädchen den Computer eher im Schul- und Lernbereich. Der Zugang von Kindern zu digitalen Medien ist von der Einstellung der Eltern geprägt, von deren eigener Mediennutzung und Schichtzugehörigkeit. In bildungsfernen Schichten ist die gesamte Familie oft stark auf elektronische Medien ausgerichtet, was zu einer Ausweitung der Nutzungszeit und Verschiebung der konsumierten Medieninhalte führt. Eine ausgiebige Nutzung findet vor allem dann statt, wenn weniger alternative Freizeitmöglichkeiten vorhanden sind. Ab einem Alter von zwölf Jahren ist von einem relativ guten Verständnis des Internets und dessen Umgang auszugehen. Eltern haben eine Vorbildfunktion und die Aufgabe, eine qualitative und auch quantitative Einordnung der Neuen Medien für ihre Kinder vorzunehmen. Da dies in bildungsfernen Schichten selten geschieht, muss hier die Schule den richtigen Umgang mit digitalen Medien vermitteln. Wird dies versäumt, dürfen wir uns zukünftig auf noch mehr kommunikations- und beziehungsgestörte Mitmenschen einstellen.

HUND – NAPF
    MENSCH – COMPUTER
    D as Pawlow’sche Experiment aus dem Jahre 1905 , der Hund und die Glocke, ist fast jedem bekannt. Das Hundeexperiment ist eine klassische
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