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Keine Angst vor Anakondas

Keine Angst vor Anakondas

Titel: Keine Angst vor Anakondas
Autoren: Lutz Dirksen
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balzenden Ohrentauchern im norwegischen Flachland ein …

Epilog
    Wie erwartet, begann nach unserer langen Nachtwache der folgende Morgen dann mit hektischen Aktivitäten. Bei einem kleinen Frühstück aus Crackern und Marmelade berieten wir, wie der Tag mit unserer Anakonda am besten zu gestalten ist. Wir wollten das Maximum aus unserem spektakulären Fang herausholen. Zunächst wurde schließlich ich dabei gefilmt, wie ich wissenschaftliche Daten der Anakonda sammelte: Ich vermaß das Prachtexemplar, zählte relevante Schuppen zur Artunterscheidung, ermittelte Farbmerkmale.
    Später filmten wir die Große Anakonda im Wasser, was eine besondere Herausforderung darstellte. Wir hatten einen breiten, aber seichten Zufluss entdeckt, ideal für diesen Zweck. Zu viert hievten wir sie in das Flüsschen und entfernten uns ein paar Meter. Jetzt schwamm sie im niedrigen, klaren Wasser, konnte uns aber nicht ohne Weiteres entwischen. Die Kamera fing ausgesprochen schöne Aufnahmen des Reptils in seinem natürlichen Lebensraum ein.
    Und dann würden wir die Anakonda bald wieder freilassen. Auf diesen Moment freute ich mich besonders. Für mich gibt es nichts Schöneres, als Tiere in die Freiheit zu entlassen. Die Anakonda hatte uns lange genug für Filmzwecke zur Verfügung gestanden.
    Wir sitzen mal wieder im Boot und suchen einen perfekten Platz, der geradezu danach schreit, dass sich genau hier eine Große Anakonda sonnt. Neben mir sitzt Jörg – diesmal schweigend. Unser Filmstar, die Große Anakonda, liegt vor uns auf dem Boden und regt sich nicht. Ich schaue sie an, versuche mir jedes Detail von ihr einzuprägen: ihre enormen Ausmaße, den stechenden Blick, die vielen Narben, die ihr Beutetiere zufügten. Ich rufe mir noch einmal ihre geschmeidigen Bewegungen in Erinnerung, das Züngeln, ihre heftige Gegenwehr, als wir sie einfingen. Immer wieder bin ich erstaunt, wie entspannt sich die Anakonda seitdem uns gegenüber verhalten hat. Ich bin mir absolut sicher, diese gigantische Anakonda und die geschichtsträchtige Nachtwache zusammen mit Jörg werde ich mein Lebtag nicht vergessen!
    »Glaubst du, dass eines Tages jemand den Preis für die größte Schlange der Welt bekommen wird?«, fragt mich Jörg plötzlich und knüpft an unser letztes Gespräch über das Preisgeld von 50 000 Dollar an.
    »Nein, das wird wohl nichts mehr werden«, antworte ich.
    »Wieso?«, will Jörg wissen.
    »Der Preis ist seit über 100 Jahren ausgesetzt. Viele Abenteurer, Biologen und Tierfilmer waren unterwegs und haben nach der Rekordschlange gesucht. Alles vergeblich. Der Preis müsste längst eingelöst sein. Die Nichteinlösung spricht Bände. Außerdem breitet sich die Zivilisation rasend schnell weiter aus, die natürlichen Lebensräume gehen verloren und größere Exemplare in Reichweite des Menschen werden fast immer getötet, bevor sie in der Lage sind, Rekordmaße zu erreichen.«
    »Kann ich gut verstehen, wer will schon so ein Ungeheuer im Garten haben. Das heißt doch letztlich aber, dass Anakondas keine neun Meter lang werden. Du als Experte: Wie lang können sie denn nun werden?«
    »So ist das nun auch wieder nicht richtig. Es existiert zum Beispiel eine Anakondahaut in einem Naturmuseum, die nicht gestreckt wurde und knapp neun Meter misst! Die Schlange wurde 1936 in Brasilien erschossen, nachdem sie ein Rind getötet hatte. So wie es beim Menschen sehr seltene Ausnahmegrößen von über 2,40 Meter gibt, könnten auch Anakondas von über neun Metern Länge durchaus vorkommen. Eine ausgestorbene Riesenschlange mit dem schönen Namen Titanoboa soll, nach Hochrechnung der Wirbelgrößen, sogar zwischen 11 und 15 Meter lang gewesen sein. Bisher absoluter Rekord.«
    »Dann ist es also doch möglich, dass irgendwann irgendwo im Dschungel so ein Gigant gefunden und der Preis eingelöst wird?!«
    »Theoretisch schon, aber die Rekordschlange müsste erst einmal gefangen und lebend dem New York Bronx Zoo übergeben werden. Schwierig! Außerdem verbietet das Washingtoner Artenschutzübereinkommen den Handel und damit Ein- und Ausfuhren. No way! Und welches Land würde freiwillig so eine Weltsensation hergeben?«
    »Versucht denn niemand die Rekordschlange, sagen wir mal in den USA , privat zu züchten, mit Nahrung vollzustopfen und aufzupäppeln, bis sie die nötige Länge hat?«, will Jörg wissen. Seine Fantasie und seine Neugier kennen keine Grenzen.
    »Schon möglich, und vielleicht klappt es sogar eines Tages. Dennoch wird dieser
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