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Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa

Titel: Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa
Autoren: Dora Heldt
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nachgedacht.«
    »Worüber?«
    Sie folgte mir in die Küche und setzte sich an den Tisch. »Wann wir mit den anderen reden. Oder andersrum, wer überhaupt die
     Wahrheit erfahren soll – außer denen, die sowieso schon eingeweiht sind. Man könnte auch behaupten, dass Axel und Marleen
     für ein paar Monate einen Jobtausch machen. Das wäre doch ganz plausibel, wenigstens hier auf der Insel. David muss sich etwas
     anderes ausdenken.«
    Ich trank Wasser aus der Flasche und schwang mich auf die Fensterbank.
    »Hast du noch eine Zigarette?«
    »Noch eine?« Ines hob die Augenbrauen. »Was ist los?«
    »David ist von Morell fotografiert worden und heute in der Zeitung. Er wird begeistert sein.«
    Ines kramte ein zerknittertes Päckchen aus ihrer Tasche und warf es mir zu. Ich öffnete das Fenster, bevor ich eine Zigarette
     anzündete, und blies kurz darauf den Rauch in den Garten.
    »Das vielleicht Gute ist   …«, begann ich, »dass David ein ganz kurzes Telefonat mit Kühlke hatte, in dem es sich so anhörte, als käme die Sache langsam
     in Bewegung. Das Blöde ist, dass wir zwar hoffen können, aber immer noch nichts Konkretes wissen. Und dass alles andere wahnsinnig
     durcheinander ist.«
    Meine Stimme wurde brüchig, plötzlich hatte ich Tränen in den Augen und fühlte mich unglaublich müde.
    Ines sah mich forschend an, dann stand sie auf und riss ein Stück Küchenrolle ab, das sie mir in die Hand drückte.
    »Hier, Taschentücher sind aus«, sagte sie, nahm mir die Zigarette aus der Hand und löschte sie unter dem Wasserhahn. »Muss
     so gehen.«
    Ich putzte mir lautstark die Nase und wischte mir die Haare aus dem Gesicht, bevor ich sie anguckte.
    »Mir wird das alles zu viel. Diese Geheimnisse, Papa und sein Argwohn, dass ich immer noch nicht weiß, was mit Marleen ist
     und wie es ihr geht, dass ich keinen Job habe, dieser ganze Scheiß mit Johann, dass du am Wochenende zurückmusst, dass Gesa
     so arrogant zu Jurek, also Axel war, dass der blöde Morell David fotografiert hat und offenbar doch hinter irgendetwas her
     ist, dieser blöde Gisbert von Meyer und dann noch Tom   …«
    Mittlerweile bahnten sich die Tränen in Sturzbächen ihren Weg, ich flennte wie eine Zwölfjährige.
    Ines wartete schweigend, bis ich wieder Luft bekam, gab mir ein neues Stück Küchenrolle und setzte sich neben mich. Sie legte
     mir die Hand um die Taille.
    »Lass uns doch mal sortieren: Kühlke wird uns bestimmt demnächst anrufen, dann wissen wir vielleicht definitiv, was jetzt
     passiert und wie lange es dauert. Papa und seine Vermutungen kannst du ignorieren, ich nehme das auch nicht ernst. Der ganze
     Rest ist, bis vielleicht auf Johann, Kleinkram, um den du dich überhaupt nicht kümmern musst. Für einGespräch mit Johann gibt es einen besseren Zeitpunkt, das brauchst du heute auch nicht zu lösen. Und ich habe vorhin mit meiner
     Chefin telefoniert und sie gefragt, ob ich noch eine Woche Urlaub dranhängen kann. Das geht, ich bleibe also etwas länger.
     Es ist nicht alles furchtbar.«
    Das Klingeln meines Handys brachte mich schon wieder in Aufruhr und meine Schwester dazu, aufzustehen und nach dem Telefon
     zu greifen.
    »Es ist Gesa«, sagte sie und nahm das Gespräch an. »Ja?   … Nein. Ich bin schon auf dem Weg. Nein, Christine hat noch einen Termin mit dem Fremdenverkehrsverein, hatte sie vergessen   … Ja, bis gleich.«
    Sie legte das Handy zurück auf den Tisch. »Sie fragt, wo wir bleiben. Ich gehe rüber, du steigst in die Badewanne, legst dich
     anschließend aufs Sofa und guckst Fernsehen. Ich schaffe das auch allein. Und morgen sieht alles schon ein bisschen leichter
     aus. Also, bis nachher.«
    Mit einem aufmunternden Lächeln griff sie nach ihrer Tasche und verließ die Wohnung. Und ich heulte erleichtert eine kleine
     Weile weiter.
     
    Tatsächlich wachte ich am nächsten Morgen gegen fünf von selbst und mit einem guten Gefühl auf. Kein Wunder, nach fast zehn
     Stunden Schlaf. Die Badewanne hatte meiner Erschöpfung den Rest gegeben, ich hatte noch nicht mal den Fernsehfilm im Vorabendprogramm
     geschafft, sondern mich schon um acht Uhr ins Bett gelegt.
    Im Traum wurde ich von Johann für 125   000   Euro an David verkauft, mein Vater hatte das Geschäft eingefädelt, dafür wurde er Hausmeister im »Grand Hotel« in Hamburg,
     in dem meine Mutter zusammen mit Hans-Jörg die Küche übernahm. Ich hatte versucht, David davor zu warnen, er sprach aber kein
     Deutsch. Trotzdem war ich mit
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