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Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa

Titel: Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa
Autoren: Dora Heldt
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Marleen letztes Jahr in Berlin auf der Tourismusmesse kennengelernt. Wir kamen bei einer total
     langweiligen Veranstaltung ins Gespräch und sind dann später in einer Kneipe versackt. Ich habe zu der Zeit das Hotel in Hamburg
     geleitet und hatte irgendwie keine Lust mehr. Ich hatte in den letzten fünf Jahren nur gearbeitet und wusste überhaupt nicht
     mehr, ob das immer in dem Stil weitergehen sollte. Und dann hat Marleen vorgeschlagen, eine Zeitlang auszusteigen, um in Ruhe
     nachzudenken. Wer von uns auf die Idee kam, dass ich hier den Hausmeister mache, weiß ich gar nicht mehr. Aber der Einfall
     war großartig.«
    Ich sah ihn ehrfürchtig an. »Und was hast du dir überlegt?«
    Jurek/Axel grinste. »Ich übernehme nächstes Jahr die Leitung. Aber ein bisschen bleibe ich noch hier.«
    »Warte mal, warte.« Pierre verscheuchte eine imaginäre Fliege. »Du bist in Wirklichkeit Hotelmanager und spielst hier nur
     den Hausmeister?«
    Axel nickte verlegen.
    Meine Schwester betrachtete ihn mit Interesse, dann schaute sie mich an, dann wieder Axel und wieder mich.
    »Und wir machen uns hier verrückt. Und lassen Mama und Hanna Rosinenhühnersuppe kochen. Jurek, ähm, Axel, du könntest die
     Pension doch mit links schmeißen, oder?«
    Er nickte wieder, dieses Mal nicht verlegen. »Sicher. Marleen hat mit mir bereits zwei Termine abgesprochen, an denen ich
     sie vertreten soll. Deshalb verstehe ich ja auch nicht, was hier eigentlich gerade passiert. Warum sie mich nicht jetzt schon
     um Hilfe gebeten hat. Aber ich wollte mich auch nicht einmischen. Ich habe nur in der Küche ein bisschen mitgemischt, hat
     aber, glaube ich, keiner gemerkt. Was ist denn mit Marleen?«
    »Das, mein Lieber, erklären wir dir jetzt.«
    Während Ines dem erschrockenen Axel von Marleens Dilemma berichtete, kam mir kurz der Gedanke, dass Gesa sich in den Hintern
     beißen würde.
     
    Eine Stunde und drei Milchkaffees später hatten wir alles besprochen. Jurek, den wir ab jetzt natürlich nur noch Axel nennen
     wollten, stand eine Zeitlang unter Schock. Er fing sich aber schnell wieder, als es um die praktischen Dinge ging. Natürlich
     würde er die Pensionsleitung übernehmen, für ihn war es nur selbstverständlich. Pierre hatte in seiner charmanten Art gefeixt,
     für Axel wäre das vermutlich so, als wenn man sonst Cayenne fahre und plötzlich einen alten Ford Fiesta vor dem Haus hätte.
    Ines hatte ihn angefunkelt und entgegnet, dass Axel der Einzige von uns wäre, der überhaupt einen Führerschein besitze. Dann
     hatte sie sich Axel zugewandt und gesagt: »Lass uns beten, dass die Geschichte schnell erledigt ist. Oder könntest du auch
     länger bleiben?«
    »Ich hoffe nicht, dass das nötig ist.« David hatte seine Tasse hart auf den Tisch gestellt. »Das wird sich alles bald klären.
     Es muss. Es geht hier auch um meinen Bruder. Das darf einfach nicht mehr lange dauern.«
    David hatte mich hilfesuchend angesehen, ich zwang mich, ihm beruhigend zuzunicken. Er hatte ein schönes Gesicht. Und ich
     wünschte mir so sehr, dass er recht behalten würde.

»So.« Ines drückte entschlossen ihre halb gerauchte Zigarette aus und wischte ihre Finger an der Jeans ab. »Ich gehe jetzt
     in die Wohnung und lege mich noch eine Stunde hin. Ich bin völlig platt.«
    Ich lehnte meinen Kopf an die Hauswand und sah sie mit gerunzelter Stirn an.
    »Du bist doch noch gar nicht in dem Alter, in dem man Mittagsschlaf braucht.«
    Wir saßen auf der Bank neben der Hintertür und rauchten diese Notfallzigarette ganz öffentlich. Wobei es auch keine Notfall-,
     sondern mehr eine Erleichterungszigarette war. Die Last, Marleens Pension zu retten, war uns durch den vom Himmel gefallenen
     Jurek/Axel genommen worden.
    »Das ist mir so egal, dass man es auf einer Skala von eins bis zehn gar nicht messen könnte.« Ines stand langsam auf und streckte
     sich. »Immer, wenn ich ein Problem von der Backe habe, werde ich unendlich müde. Jetzt ist so ein Punkt. Also, bis später.«
    Sie ging, und ich sah ihr nach, bis sie um die Ecke gebogen war. Dann schloss ich die Augen. Eine Welle von Dankbarkeit überrollte
     mich. Ich war so froh. Weil Ines, die Marleen eigentlich kaum kannte, hier mitgemacht hatte, weil ich mich so auf sie verlassen
     konnte, weil es mich allein gnadenlos überfordert hätte, weil sie meine Schwester war, weil ich   …
     
    »Du rauchst?«
    Ich öffnete die Augen erst, als Tom sich schon neben mich gesetzt hatte.
    »Nur im
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