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(K)ein Mann für die Ewigkeit?

(K)ein Mann für die Ewigkeit?

Titel: (K)ein Mann für die Ewigkeit?
Autoren: Heidi Rice
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ablieferte. Daraufhin behielt sie ihre Antwort für sich.
    Nachdem sie sechs Monate gespart und erfolglos nach Geldgebern gesucht hatte, gab es kaum noch eine Möglichkeit, an die dreißigtausend Pfund heranzukommen, die sie brauchte, um den Crown and Feathers Theatre Pub über die nächste Saison zu bringen. „Billet Doux – die Agentur für singende Telegramme“ war die vielversprechendste Idee zur Mittelbeschaffung gewesen. Doch bislang waren sie nur sechs Mal gebucht worden, und zwar ausschließlich von wohlmeinenden Freunden.
    In den letzten sieben Jahren hatte Issy es vom Mädchen für alles zur Leiterin des Lokals geschafft, und nun erwartete man von ihr, dass die Show weiterlief.
    Issy seufzte. Die Verantwortung, die auf ihr lastete, bereitete ihr Kopfschmerzen, und das Fischbein in ihrem Korsett schnürte ihr den Atem ab. Mit der Drohung der Bank im Rücken, den Kredit für das Theater sofort zu kündigen, konnte sie es sich nicht leisten, ihren feministischen Prinzipien treu zu bleiben.
    Als sie den Auftrag vor acht Stunden entgegengenommen hatte, war ihr nichts anderes übrig geblieben, als ihn als einmalige Gelegenheit anzusehen. Sie würde „Life is a Cabaret“ zum Besten geben, ihre weiblichen Reize spielen lassen und mit einem hübschen Sümmchen für den Crown-and-Feathers-Rettungsfonds nach Hause gehen. Außerdem konnte der Auftrag für wertvolle Mundpropaganda sorgen, denn immerhin war dies einer der exklusivsten Herrenclubs der Welt. Unter seinen Mitgliedern fanden sich Prinzen, Herzöge und Lords des Königreichs, ganz abgesehen von den reichsten und mächtigsten Geschäftsleuten Europas.
    Eigentlich sollte es ein Kinderspiel sein. Sie hatte dem Auftraggeber ganz klar gesagt, was ein singendes Telegramm beinhaltete und was nicht. Und Roderick Carstairs und seine Freunde wären sicher ein leichteres Publikum als die zweiundzwanzig Fünfjährigen, denen sie letzte Woche „Happy Birthday“ vorgesungen hatte.
    Das hoffte sie zumindest.
    Doch als sie die schwere Eichentür zum Salon öffnete und ihr das Gejohle und Gelächter der Männer entgegenschlug, erstarb diese Hoffnung auf der Stelle.
    Dem Klang nach zu urteilen waren die Männer betrunken – und lange nicht so alt, wie sie angenommen hatte. Wie angewurzelt blieb sie ungesehen im Türrahmen stehen.
    Es würde wohl doch kein Kinderspiel werden …
    Sie nahm all ihren Mut zusammen, sich in die Höhle des Löwen zu begeben, als sie eine Bewegung auf dem Balkon des weitläufigen Salons wahrnahm. Die Silhouette eines hochgewachsenen Mannes zeichnete sich vor dem dämmrigen Abendhimmel ab. Er telefonierte. Zwar konnte sie sein Gesicht nicht sehen, doch das, was sie sah, kam ihr so bekannt vor, dass sich Issys Nackenhaare sträubten. Der Anblick des breitschultrigen Fremden mit seinen kraftvollen, raubtierhaften Bewegungen ließ sie augenblicklich erstarrten. Er erinnerte sie an einen Tiger, der in einem Käfig umherstrich.
    Doch sie riss ihren Blick los und wandte sich wieder dem körperlosen Gegröle der Männer zu.
    Konzentrier dich, Issy. Konzentrier dich.
    Sie richtete sich auf und tat einen Schritt nach vorn, doch dann sah sie wieder zum Balkon. Der Fremde war stehen geblieben. Ob er sie beobachtete?
    Wieder musste sie an einen Tiger denken. Und plötzlich erinnerte sie sich.
    „Gio“, flüsterte sie und bekam kaum noch Luft. Das Korsett zwängte sie ein wie ein Schraubstock.
    Keuchend schöpfte sie Atem, während ein Hitzeschauer ihr den Nacken emporstieg und ihren Kopf glühen ließ.
    Tu so, als wäre er nicht da.
    Gedemütigt von dem Umstand, dass schon der Gedanke an Giovanni Hamilton genügte, sie derart zu erregen, dass ihr Herz sich schmerzhaft zusammenzog, riss sie sich von seinem Anblick los.
    Das konnte nicht Giovanni sein. So viel Pech konnte sie gar nicht haben. Dass sie der größten Katastrophe ihres bisherigen Lebens ins Auge sah, wo sie doch gerade dabei war, in die nächste zu schliddern. Sicher bildete sie sich das vor lauter Stress einfach nur ein.
    Sie straffte die Schultern und atmete so tief ein, wie das Korsett es erlaubte.
    Zeit für deinen Auftritt!
    Issy betrat den Hauptraum und sang dabei die ersten Töne von Liza Minellis bekanntestem Lied. Doch als sie Rodders und seine Freunde sah, blieb sie taumelnd stehen. Die besoffenen jungen Hohlköpfe sprangen auf, und ihr Johlen und Pfeifen hallte laut in dem antik eingerichteten Raum wider.
    Issys Kehle war wie zugeschnürt. Sie kam sich vor wie Rotkäppchen, die an
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