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Kein Bisschen ohne dich

Kein Bisschen ohne dich

Titel: Kein Bisschen ohne dich
Autoren: Mari Mancusi
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Chance besteht darin, die ganze Vampirgeschichte zu vergessen und zu lernen, in dieser schönen neuen Welt als Sterbliche zu leben.«
    »Wohl eher langweilige neue Welt«, stöhne ich.
    »Normale neue Welt«, entgegnet Rayne. »Die Art Welt, von der du gesagt hast, dass du immer dort leben willst, könnte ich hinzufügen. Eine Welt ohne verrückte, lebensgefährliche Abenteuer. Keine supergeheimen Verschwörungen. Eine Welt, in der Mom zu Hause lebt und in der Dad nicht tot ist. Und du auch nicht. Ich meine, du musst doch zugeben, es ist viel besser, im Algebrakurs sitzen zu bleiben als im Hades. Zumindest hast du eine Chance, Algebra zu bestehen und weiterzuziehen.«
    »Eine sehr kleine Chance«, schnaube ich. Etwas in mir will sagen, die Highschool sei schlimmer als der siebte Kreis der Hölle, aber dann bemerke ich den hoffnungsvollen Ausdruck auf ihrem Gesicht und zwinge mich, stattdessen zustimmend zu nicken. Schließlich hätte sie mich einfach dort lassen und ihr eigenes Leben weiterleben können. Aber nein, sie hat das alles für mich getan. Zumindest kann ich so tun, als wäre ich dankbar.
    »Es ist nicht so, dass ich es nicht zu schätzen wüsste, dass ich hier bin«, versichere ich ihr. »Es ist bloß . . . na ja, ich vermisse Magnus. Es ist so verrückt zu wissen, dass er irgendwo ist und dass ich keine Ahnung habe, wo.«
    »Na ja, das stimmt nicht ganz«, widerspricht Rayne. »Ich meine, wir wissen immerhin, wo er heute Abend sein wird.«
    Mein Herz setzt einen Schlag aus. »Das wissen wir?«
    »Na ja. Er wird im Trainingskurs für Vampire sein.
    Tatsächlich sind wir uns in dieser Nacht das erste Mal begegnet«, erklärt Rayne. »Aber keine Sorge. Wie gesagt, ich werde diesmal nicht hingehen«, fügt sie hinzu. »Ich bin wild entschlossen, ab jetzt wie versprochen vampirfrei zu bleiben. Ganz egal, was passiert.«
    »Ich auch«, erwidere ich. »Vampirfrei, das bin ich.«
    Aber meine Gedanken gehen eigene Wege.

4
    Ich widerstehe dem fast unwiderstehlichen  Drang, unter mein schwarz und rot gesäumtes Korsett zu greifen, um mich ausgiebig am Bauchnabel kratzen zu können. Im Ernst, ich weiß nicht, warum, zum Kuckuck, Rayne jeden Tag diese Gothic-Sachen trägt. Sie sind so wahnsinnig unbequem, mit der dicken schwarzen Spitze, die mir die Achselhöhlen wund scheuert, und den Korsettstangen, die sich in meine Taille bohren und es mir fast unmöglich machen, tief Luft zu holen. Und dazu kommt noch der Quetschfaktor, der sich auf meine zugegebenermaßen sowieso schon kleinen Brüste auswirkt. Im Ernst, gebt mir jeden Tag ein Paar Bootcut Jeans von Old Navy, ein Tanktop und Flipflops und ich bin zufrieden. Zwar würde ich damit auf dem Laufsteg niemanden vom Hocker reißen, aber wenigstens kann ich darin meine volle Lungenkapazität ausnutzen.
    Doch leider wird meine eigene »Uniform« heute Abend nicht genügen. Nicht wenn ich die Vampire an der Universität des Blutzirkels davon überzeugen will, ich sei meine Zwillingsschwester. Rayne würde sich in Jeans nicht mal beerdigen lassen, und das heißt, dass ich die Qual und die Demütigung erdulden muss, mich in voller Gothic-Montur aus dem Haus zu schleichen: mit flauschigem Tüllrock, zerrissenen Netzstrümpfen und schwarzen Stiefeln mit fünfzehn Zentimeter hohen Plateausohlen, alles aus ihrem mit düsteren Klamotten vollgestopften Schrank gewühlt.
    Jaja, ich weiß. Ich sollte das nicht tun. Und Rayne würde mich verdammt noch mal umbringen, wenn sie es herausfände. Auch wenn sie noch gar nicht wüsste, dass ich ihre Sachen anhabe. Schließlich ging es bei diesem Neustart-Deal, den meine Schwester mit dem Gott der Unterwelt ausgehandelt hat, darum, dass wir die Chance bekommen, in ein normales, vampirfreies Leben zurückzukehren. Und wenn Rayne - das Mädchen, das Vampire mehr liebt als irgendetwas sonst im Universum - es fertigbringt, ihren Vampirvorbereitungskurs sausen zu lassen, wie zum Teufel kann ich da an ihrer Stelle daran teilnehmen?
    Aber mal ganz ehrlich: Was würdet ihr tun, wenn ihr die Chance hättet, ein letztes Mal einen Blick auf eure große Liebe zu werfen? Könntet ihr einfach weggehen – und euch stattdessen einen Film ansehen? Seht ihr? Und ich will ja auch nicht mit ihm rummachen und ihm ewige Treue schwören oder so etwas. Ich will ihn nur aus sicherer Entfernung still anschauen. Einen letzten sehnsüchtigen Blick auf ihn werfen, bevor ich für immer in mein jämmerliches, normales, magnusfreies Leben zurückgehe.
    Außerdem
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