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Katzenhöhle

Katzenhöhle

Titel: Katzenhöhle
Autoren: Hildegunde Artmeier
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Waffe und steckte sie ein. »Sie kommen mit, ich brauche Sie.«
    So hatte sie Cedric unter Kontrolle. Nur für den Fall, dass ihre Intuition sie enttäuschen sollte.
     
    Julians Finger waren warm. Fest hielt er sie um Lenas Hand geschlungen. Sie glaubte, dass sie ihren Empfindungen noch trauen konnte, auch wenn diese immer verworrener wurden. Doch warum drückte er jetzt so fest zu, dass ihre Hand zu schmerzen anfing?
    »Auf einmal hast du mir diese alte Auftragsmappe gezeigt, keine Ahnung, wo du die ausgegraben hast. Und obwohl ich sie sofort vernichtet habe, hast du dir in deinem Terminkalender wieder eine Notiz dazu gemacht, um sie nur ja nicht zu vergessen.«
    Ein erster Missklang in Julians Geschichte.
    »In den fünf Jahren bei mir hast du viel gelernt. Leider bist du eine Spur zu gewissenhaft geworden. Aber das macht nichts, das bringen wir jetzt in Ordnung. Schlaf, meine Liebe, es ist alles gut.«
    Also doch ein Happy End. Sie fühlte, wie Julian ihre Hand los ließ und über ihre Haare strich. Oder bildete sie sich das nur ein? Auf jeden Fall wünschte sie, er würde ihr auch einen Gute-Nacht-Kuss geben, denn das hatte der Papa immer getan. Dann hatte er das Licht ausgeknipst und die Tür angelehnt. Eine Weile noch kicherten die Zwillinge, aber irgendwann wurde es dann doch ruhig. Fast glaubte Lena, auch jetzt Miras regelmäßigen Atem zu hören. Sie schlief meistens als Erste ein, so aktiv sie sonst war. Bald würde auch Lena in jenes herrliche Traumland hinübergleiten, wo sie keine Sorgen mehr plagten, dafür aber verlockende Träume erwarteten. Am betörendsten war dieser eine Traum, der sie seit ihrer Kindheit begleitete – ob er auch heute zu ihr käme? Sie und Mira liefen über eine Wiese am Waldrand, überall Blumen, dahinter die ehrwürdigen, alten Bäume. Auf die sausten sie zu, fingen sich gegenseitig, lachten vor Übermut und genossen die Sonnenstrahlen auf Haut und Gesicht. Auf einmal leuchtete das matte Braun ihrer Haare so kräftig wie Moorerde, verheißungsvoll und voller Leben. Sie rannten weiter, Hand in Hand, als ob sie auf ewig zusammen gehörten, untrennbar …

22
    »Okay, wir machen’s so wie besprochen. Ich fang jetzt an.«
    Lilian hatte die Waffe wieder entsichert. So fühlte sie sich wohler, egal, ob mit Cedric oder gegen ihn.
    »Und wenn niemand aufmacht?«
    »Probieren wir’s erst mal.«
    Energisch drückte Lilian auf Lenas Klingelknopf. Sie standen vor ihrer Appartementtür, die Haustür unten war offen gewesen. Nichts rührte sich. Wieder läutete sie, keine Reaktion. Schließlich hämmerte sie im Stakkatorhythmus auf die Klingel. Alles blieb ruhig, aus der Wohnung drang kein Ton nach außen.
    Lilians Nackenhaare fingen an sich aufzurichten. Was hatte sie in der Grundausbildung gelernt, was in den seltenen Zusatzschulungen, vor denen sie sich meistens gedrückt hatte? Wie verhielt man sich am geschicktesten, wenn man nicht mehr weiter wusste, und das keiner merken durfte? Auf einmal hatte sie alles vergessen, ihr Kopf war wie leer gefegt, als hätte sie sich nach endlosen Jahren endlich dazu entschlossen, jedes noch so unnötige Gerümpel in der hintersten Ecke zu entsorgen. Denn das brauchte ohnehin niemand. Pech aber auch.
    »Und?«
    Cedrics Gesicht war ebenso ratlos wie das ihrige, soviel war klar, auch wenn sie keinen Spiegel vor sich hatte. Improvisieren war jetzt gefragt. Sie hämmerte gegen die Tür.
    »Aufmachen! Machen Sie sofort auf, hier ist die Polizei!«
    Stille.
    »Verdammt, machen Sie auf, aber schnell! Sonst schieße ich das Schloss auf! Ich zähle bis drei.«
    Ein Quietschen, über ihnen öffnete sich eine Tür, irgendwo noch eine. »He, was ist das für ein Lärm? Wenn das nicht gleich aufhört, dann ruf ich die Polizei!«
    Das hatte ihr gerade noch gefehlt. »Ich bin die Polizei! Gehen Sie in Ihre Wohnung und verhalten Sie sich ruhig!«
    Die Türen fielen wieder zu. Dort oben lebten brave Bürger.
    Von neuem schlug Lilian gegen Lenas Wohnungstür.
    »Also, was ist jetzt? Das mit dem Schießen hab ich ernst gemeint. Es geht los: eins, zwei …«
    Die Tür ging auf. Lilian ließ die eine Hand kurz sinken, riss gleichzeitig die andere hoch und umklammerte dann die Waffe mit beiden Händen. Julian erschien in der Tür. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie Cedric schon auf ihn losgehen wollte. Sie versperrte ihm den Weg.
    »Wo ist Lena?«
    »Was soll denn das?« Ungläubig starrte Julian auf die Waffe, die direkt auf ihn gerichtet war. »Sind Sie völlig
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