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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)
Autoren: Matthias Zipfel
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Beine und der fleckigen Schürze konnte ich ihm eine gewisse Grazie nicht absprechen. Und sein Bauch erschien auch nicht so voluminös wie sonst, sondern irgendwie erheblich straffer.
    »Gude Nabend, wasse darfsse sein? Vielleich eine Döner-Sbessiahl? Isse seha ssu empfehle«, sagte er etwas gepresst, weil mit angehaltenem Atem. Mensch Selim, alter Angeber, dachte ich, atme bloß aus, sonst verreckst du uns hier noch vor versammeltem Publikum.
    Ich bestellte einen Döner – und zwar einen normalen – und riet auch Sonia von Selims fragwürdigem Angebot ab.
    »Es sei denn, sie müssen heute noch irgendwo ein Loch in Stahlbeton schweißen. Dafür ist der Spezial-Döner nämlich prima geeignet!« schloss ich geistreich.
    Aber Sonia hatte, wie immer, ihren eigenen Kopf. Nun gut, ich hatte sie gewarnt! Trotzdem schaute ich mich schon mal verstohlen nach einem Feuerlöscher um und rekapitulierte meine dürftigen Erste-Hilfe-Kenntnisse. Ich würde sie in den Armen halten, wenn sie wie Schneewittchen mit dem Bissen »Döner-Spezial« in ihrem Hals aus der Ohnmacht erwachen würde, das war klar. Unsere Blicke würden sich treffen, ihrer flackernd, meiner felsenfest, flüchtige Blicke zunächst, dann immer intensivere mit jeder Sekunde, in der die Erkenntnis von unseren Herzen Besitz ergriff, dass wir füreinander geschaffen waren, unausweichlich, schicksalhaft, untrennbar. Inklusive jeder Menge wildem Sex. Logisch.
    »Was amüsiert Sie denn so, Chef?«, fragte Sonia.
    »Ooch, nichts weiter«, log ich, und spürte, wie meine Ohren rot anliefen.
    Dann saßen wir einfach nur schweigend da, umdudelt von der türkischen Volksmusik, und waren vergnügt.
    Selim, der straffe Kugelblitz, kam angesaust und stellte die Döner vor uns hin.
    »Dasse hier isse deina, Ahno, isse nisso sssarf.«
    »Wie schön«, sagte ich maliziös. Und meinte damit: Ach Selim, wie wäre es denn, wenn du dich einfach mal um deinen eigenen Scheiß kümmern würdest?
    Sonia packte gekonnt ihren Todesdöner und biss kräftig hinein. Nichts tropfte, nichts triefte, nicht der kleinste Klecks von Knoblauchsoße oder sonst was. Andererseits: Wer so beherzt zutreten konnte wie sie, der konnte natürlich auch genauso beherzt zugreifen. Leuchtete ein, oder? Ich hielt die Luft an und wartete gespannt auf ihr Seufzen und die anschließende Ohnmacht.
    »Hmm, wirklich sehr, sehr lecker, dieser Döner«, sagte sie, während sie sich mit einer Papierserviette den gespitzten Mund abtupfte, »und recht pikant.«
    Heilige Feuerqualle – pikant! Woraus bestanden ihre Magenwände? Aus Titan?
    »Was ich schon lange vorschlagen wollte, Sonia: Weil wir doch so ein tolles Team sind und uns jetzt ja auch schon eine Weile kennen und so ... ich meine, wollen wir uns nicht duzen?«
    »Gerne, Arno. Ich finde nämlich auch, dass wir ein ziemlicha tolles Team sind und so.«
    Wir kreuzten, wie sich das so gehörte, unsere Bier- und Mineralwasserflaschen und nahmen einen brüderlichen Schluck, ich von Flaschenhals zu Arnos Hals, sie durch den bunten, im oberen Fünftel ergonomisch abgeknickten Strohhalm.
    Dann kam der brüderliche Bruderkuss.
    Sonia wandte sich mir zu und kam näher und näher. Diese blauen Augen, Mannomann! Obwohl: Eigentlich stehe ich gar nicht auf blaue Augen. Aber das hier war etwas Anderes: Man blickte direkt in das stählerne Blau des Meeres an einem strahlenden Sommertag. Wenn ich nicht rechtzeitig meine innerlichen Schwimmflügelchen aufgeblasen hätte, wäre ich augenblicklich geläutert, mich ergebend, glücklich abgesoffen. Dann kam ihr Gesicht noch näher, ihre geöffneten Lippen berührten meine. Sonias Zunge, das Weichste, Wärmste, Geschmeidigste, was ich je erlebt hatte, erforschte vorsichtig meinen Mund wie ein neugieriges Kätzchen, erkundete jeden Winkel und teilte dabei kleine Stromstöße aus, die vom Gehirn über das Herz bis in die Zehenspitzen und dann flink wieder zurückbritzelten und dabei jede Körperzelle in freudige Erregung versetzten.
    So etwas hatte ich noch nie erlebt! Und auch die Tatsache, dass ich kussmäßig eigentlich überhaupt noch nicht so rasend viel erlebt hatte, tat diesem phänomenalen Erlebnis keinerlei Abbruch. Wenn das ein Bruderkuss war, dann würde ich einen leidenschaftlichen Liebeskuss von ihr schwerlich überleben. Mir wurde ja von dieser Light-Version schon heiß wie im Stahlofen – ich glühte, ich schmolz, ich verflüssigte mich und wartete darauf, dass man mich in eine andere Form gießen möge. In welche auch
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