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Katrin Sandmann 04 - Blutsonne

Katrin Sandmann 04 - Blutsonne

Titel: Katrin Sandmann 04 - Blutsonne
Autoren: Sabine Klewe
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Pfau. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie sie wochenlang mit diesem Mann zusammenarbeiten sollte. Noch dazu, wo er offensichtlich vorhatte, sich auch in ihre Arbeit reinzuhängen. Sie war die Fotografin. Die Fachfrau. Es war ihr Beruf. Sie wusste schon, was sie tat.
    Katrin zog die Tür zur Damentoilette auf, und im gleichen Augenblick blieb sie wie versteinert stehen. Ihr Herz hämmerte los wie eine Horde durchgegangene Pferde. Verdammt! Die Toilette lag im Kellergeschoss. Eine schmale, gerade Treppe führte hinunter. Krachend fiel die Tür hinter ihr ins Schloss. Katrin krallte sich an das Geländer. Hektisch schnappte sie nach Luft. Schweiß klebte an ihrem Körper, in ihren Schläfen pochte das Blut. Die Treppe fing an, sich zu drehen. Raus! Ich muss hier raus! Sie keuchte, tastete nach der Tür, doch sie bekam die Klinke nicht zu fassen. Schneller und schneller drehte sich die Treppe, wand sich wie ein alles verschlingender Wirbelsturm auf Katrin zu. Gleich würden die wirbelnden Stufen sie einsaugen und ersticken. Verzweifelt fuhr Katrin mit den Fingern über das Holz in ihrem Rücken. Sie wagte nicht, sich umzudrehen. Endlich, die Klinke! Sie stieß die Tür auf und schlüpfte zurück in den sicheren Schankraum.
    Schwer atmend blieb sie stehen. Sie fasste an ihre Stirn, sie war kalt und nass. Mit zitternden Fingern kramte Katrin ein Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich über das Gesicht.
    Die Kellnerin trat zu ihr. »Alles in Ordnung? Brauchen Sie einen Arzt?«
    »Danke. Mir geht es gut. Mir war nur kurz schwindelig.« Mit unsicheren Schritten wankte Katrin zu ihrem Platz zurück. Glücklicherweise war der Schankraum L-förmig . Marc Simons saß um die Ecke. Er hatte von ihrer Panikattacke nichts mitbekommen. Sie hätte keine Lust gehabt, ihm zu erklären, warum sie höllische Angst vor Kellern hatte. Es ging ihn auch überhaupt nichts an. Obwohl er es vermutlich ungeheuer spannend gefunden hätte.
    Ohne ein Wort glitt sie zurück auf ihren Stuhl.
    Simons starrte sie fassungslos an. »Ist Ihnen auf dem Klo ein Geist erschienen? Sie sind schneeweiß.«
    »Nur ein leichter Schwindel. Ist gleich vorbei.« Am liebsten wäre sie sofort gegangen. Der Stuhl unter ihr stach wie ein heißes Nadelkissen. Die Wände der Kneipe, die ihr eigentlich so vertraut waren, ihr sonst Sicherheit und Geborgenheit boten, bewegten sich drohend auf sie zu, bereit, sie zu zerquetschen. Sie wollte nach Hause. Allein sein. Sicher. Simons hielt sie jetzt vermutlich für ein zimperliches Mimöschen . Schwindelanfall. Wie in einem Jane-Austen-Roman. Fehlte nur noch, dass sie ein Fläschchen Riechsalz aus ihrer Handtasche kramte. Den Auftrag konnte sie bestimmt knicken. Dabei reizte er sie. Trotz der Aussicht, mit diesem arroganten Affen zusammenarbeiten zu müssen.

     
    *
    Kriminalhauptkommissar Klaus Halverstett gähnte. Dann lenkte er den Wagen in die Cecilienallee . Der Tag hätte nicht mieser beginnen können. Erst gestern hatte er wieder mit seiner Frau Veronika gestritten, weil sie der Ansicht war, er lebe nur für seinen Beruf. »Wann sind wir eigentlich das letzte Mal zusammen ausgegangen?«, hatte sie gefragt, und er war ihr die Antwort schuldig geblieben. Dann hatte die Kriminalwache um kurz nach sechs angerufen. Leichenfund im Rheinpark. Na wunderbar. Veronika hatte irgendetwas gemurmelt, von dem Halverstett nur die Wörter ›siehst du‹ und ›Scheißjob‹ verstanden hatte, doch das war genug gewesen, ihm den Morgen vollends zu verderben.
    Vor ihm blinkte es blau. Hier musste es irgendwo sein. Halverstett glitt in eine der Parklücken und gähnte erneut. Dann stieß er die Wagentür auf und wuchtete seinen umfangreichen Körper aus dem Opel. Mist. Dieser Bauch machte ihm mehr und mehr zu schaffen. Schon wieder passten die Hosen kaum noch, und bei der kleinsten Anstrengung fiel ihm das Atmen schwer. Auch das war gestern ein Streitpunkt zwischen ihm und Veronika gewesen. »Du denkst nur noch an deine blöden Mörder! Und ans Essen natürlich! Das ist ja kaum zu übersehen!« Er hatte das Haus verlassen und die Tür hinter sich zugeknallt. Aufgewühlt war er durch den Nebel gestapft, hatte Gedanken im Kopf hin und her gewälzt, die ihn zutiefst erschreckt hatten. Es musste doch einmal Dinge gegeben haben, die ihn und Veronika verbunden hatten, irgendetwas mussten sie gemeinsam gehabt haben, irgendwelche Ideen, Träume, Ziele. Aber es war ihm nichts eingefallen. Als er sie vor fast dreißig
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