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Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Titel: Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
Autoren: Christine Anlauff
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noch keinen Wurf hervorgebracht. Aber lange konnte es nicht mehr dauern, und Serrano bangte vor diesem Tag. Er kannte die enorme Wirkung des ersten Wurfs auf das Selbstbewusstsein eines Katers. Und an Selbstbewusstsein mangelte es Cäsar schon jetzt nicht. Vor einigen Tagen hatte Serrano ihn mit einem Pansen im Maul an der Abfalltonne der Fleischerei erwischt. Er erinnerte sich gut an Cäsars Blick. Die Herausforderung darin, das verschlagene Grinsen, als Serrano ihn auf die Mauer zum Nachbargrundstück gejagt hatte.
    Cäsar wurde von der Frau des Pfarrers, zu dessen Haushalt er gehörte, gut versorgt, er brauchte den Pansen nicht. Dass er ihn vor den Augen seines Vaters aus der Tonne gestohlen hatte, war ein Zeichen, das deutlicher kaum sein konnte.
    Aber Serrano war selbst erst fünf Jahre alt und nicht gewillt, auch nur einen Meter seines Hoheitsgebietes abzutreten. Er würde Cäsars Souveränität auf dem Pfarrhof und dem benachbarten Gut des Gemeindeamtes respektieren. Solange sein Sohn respektierte, wer der Princeps des Viertels war. Zumindest bis heute Morgen gewesen war. Verzweifelt flüchtete Serrano sich in einen kurzen, anstrengenden Schlaf. Als er aufwachte, beschloss er, Bismarck ins Vertrauen zu ziehen.
    Bevor er ging, putzte er sich oberflächlich. Bismarck mochte es nicht, wenn man ihm mit schmutzigem Fell gegenübertrat. Dann glitt Serrano aus der Tür.
    Der schreckliche Tag neigte sich langsam dem Ende entgegen. Nur vor dem Delikatessenladen auf der anderen Straßenseite war noch Betrieb. Rechts von Serrano fegte die Fleischersfrau summend den Weg vor ihrem Laden. Zum Glück stand sie mit dem Rücken zu ihm. Serrano wandte sich in die Gegenrichtung und rannte in eine Schuhspitze.
    »Kroppzeug«, sagte die Trägerin des Schuhs, als sie sich wieder gefangen hatte.
    »Das ist schon die dritte, die mir hier vor die Füße läuft.«
    »Ja, aber der da gehört hierher«, erklärte die Inhaberin des Zeitungsladens, die ihre Kundin an die Tür begleitet hatte, um hinter ihr abzuschließen.
    »Sagt wer?« Die Kundin riss ihre gerade erstandene Schachtel Gudang Garam auf.
    »Na, der Fleischer zum Beispiel«, sagte die Zeitungsfrau schüchtern.
    Sie sah zu, wie ein Feuerzeug aus einem goldenen Ungetüm von einer Tasche in die Hand der Kundin wanderte. So etwas hatte sie hier noch nie gesehen. Aber die Kundin war schließlich nicht von hier, sie war eine Frau von Welt, das hatte sie gleich gemerkt. Vielleicht eine vom Laufsteg oder eine Maklerin, die den Wert der wenigen noch nicht sanierten Häuser schätzen wollte. In solchen Kreisen trug man jetzt wahrscheinlich goldene Säcke.
    Trotzdem verspürte die Verkäuferin das Bedürfnis, das Viertel, in dem sie seit über zwanzig Jahren einen Zeitungsladen führte, zu verteidigen. »Der Kater da ist ein guter Rattenjäger.«
    Die Kundin warf ihr einen türkisfarbenen Blick zu und kräuselte die Lippen. »Ach, Ratten gibt es hier auch?«
    Eine der angenehmen Eigenschaften Bismarcks war seine Prinzipientreue.
    Wen er einmal in sein Herz geschlossen hatte, den gab er nicht mehr preis.
    Er ernährte sich ausschließlich von einer bestimmten Sorte Hering, die ihm seinen Namen eingetragen hatte, und besaß einen Stammplatz, den er pünktlich mit der Hyazinthenblüte einnahm und bis zum ersten Frost nicht verließ.
    Nur zweimal am Tag drehte Bismarck eine Runde um den Block. Serrano kannte ihn, seit seine Mutter ihn entwöhnt hatte. Auch da war Bismarck schon ein Greis gewesen. Schätzungen seines Alters schwankten zwischen achtzehn und zwanzig Jahren. Er hatte Seite an Seite mit Serranos Urgroßvater im Krieg gekämpft, und er erzählte gern, wie jener ihm das Leben gerettet hatte. Manchmal war es auch umgekehrt, aber egal, wer wen gerettet hatte, wichtig war, dass Bismarck sich den Abkömmlingen seines alten Freundes verbunden fühlte. Besonders Serrano, dem einzigen Kater, dem er darüber hinaus sogar Respekt zollte.
    Serrano begrüßte ihn mit ehrerbietigem Schweigen. Bismarck nahm auf dieselbe Weise an. Nach einer Weile rutschte er auf dem abgenutzten Stück Bastmatte, das eine freundliche Seele unter seinen Fliederbusch gelegt hatte, unauffällig ein wenig beiseite.
    Sie sahen durch eine lichte Stelle im Blattwerk auf die Straße und das Haus auf der anderen Seite. Es war eins der milchigen. Die meisten Häuser hatten in den letzten Jahren die Farbe gewechselt. Vorher waren sie braun, rötlich oder grau gewesen, jetzt waren fast alle milchig, fleischfarben oder
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