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Kaste der Unsterblichen

Kaste der Unsterblichen

Titel: Kaste der Unsterblichen
Autoren: Jack Vance
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Linie vor und hoben mahnend die Arme.
    An der Spitze schritt Guy Carskadden, der Obertribun.
    Die Menge zögerte für einen Augenblick und senkte den Sturmbock.
    »Dieser Wahnsinn muß aufhören!« rief Carskadden. »Was wollt ihr hier?«
    »Waylock!« antworteten Dutzende von Stimmen. »Wir wollen den Verbrecher, das Ungeheuer!«
    »Seid ihr Barbaren, die nur Zerstörung im Sinn haben und die Gesetze der Enklave mißachten?«
    Diesmal waren die Stimmen lauter und herausfordernder. »Es gibt keine Gesetze mehr!« Und ein einzelner, schriller Schrei: »Es gibt keine Enklave mehr!«
    Carskadden winkte verzweifelt ab. Die Menge wogte vorwärts, und die Barriere gab unter dem Gewicht von zehntausend menschlichen Leibern nach. Männer und Frauen mit funkelnden Augen stürmten vor. Die Tribune wichen zögernd zurück, streckten abwehrend die Hände aus und riefen: »Kehrt um, kehrt um!«
    Unter der schlanken Kontur der Star Enterprise , die im trüben Licht des späten Nachmittags glänzte, formten die Tribune eine Linie. Die Massen kamen langsam näher.
    Carskadden versuchte erneut, ihnen Einhalt zu gebieten. »Bis hierher und nicht weiter!« donnerte er. »Kehrt nach Hause zurück und macht euch wieder an eure Arbeit!«
    Die Menge blieb mit einem drohenden Murmeln stehen. »Waylock!« »Das Ungeheuer Waylock!« »Er hat uns unser Leben geraubt!«
    Carskadden sprach mit all der Überzeugungskraft, die er aufbringen konnte. »Seid vernünftig. Wenn Waylock Verbrechen begangen hat, dann wird er dafür bezahlen!«
    »Unser Leben! Verstümmelt! Vergeudet!« »Wir rächen unser Leben!«
    Die Massen fluteten nach vorn und überwältigten die Tribune. Dann kletterten die Rasenden über die Rampe hinauf, auf die offene Luke zu, die rund fünfzehn Meter über dem Boden lag.
    Im Innern des Schiffes rührte sich etwas. Reinhold Biebursson trat aus dem dunklen Zugang heraus und blieb auf der Plattform vor der Luke stehen. Zwinkernd blickte er auf die Massen hinab und schüttelte mitleidig seinen großen Kopf. Er hob einen Behälter und leerte seinen Inhalt aus.
    Grünes Gas floß in dicken Schwaden über die Rampe. Die Menge keuchte, schrie mit gutturalen Stimmen auf, wogte durcheinander und wich vom Schiff zurück.
    Biebursson sah zum Himmel auf. Ein großes Luftfahrzeug neigte sich dem Schiff entgegen. Dann blickte er erneut auf die Menschenmenge hinab, hob die Hand zu einem melancholischen Gruß und verschwand wieder im Innern.
    Die Gaswolke hatte eine kurze Ruhe bewirkt, obwohl die Massen, die aus allen Straßen Elgenburgs immer noch Nachschub erhielten, sich inzwischen über die ganze weite Fläche des Raumhafens ausgebreitet hatten.
    Irgendwo in den hinteren Reihen ertönte ein Sprechchor: »Gavin Waylock – gebt uns Waylock! Gavin Waylock – gebt uns Waylock!«
    Immer mehr Menschen fielen in den Ruf mit ein, und er rollte einem grollenden Donner gleich über das Meer von Leibern. Die Menge begann sich erneut vorwärts zu schieben und drängte dem aufragenden Sternenschiff entgegen.
    Das Luftfahrzeug sank tiefer und schwebte dann einige Meter über dem Boden. Ein mittelgroßer Mann trat aufs Außendeck. Sein Gesicht war offen und gutmütig; er hatte dichtes, blondes Haar, und von der einen Seite seiner Stirn fiel eine dünne Locke herab.
    Er sprach in ein Mikrofon. Seine Stimme dröhnte aus einem Lautsprecher und übertönte das Donnern des Sprechchors.
    »Freunde – einige von euch kennen mich. Ich bin Jacob Nile. Darf ich zu euch sprechen? Ich habe einige Worte zu sagen, die die Zukunft von Clarges betreffen.«
    Der Sprechchor verklang. Die Menge wartete.
    »Freunde, ihr seid erregt und aufgebracht – und das mit Recht. Denn heute habt ihr mit der Vergangenheit gebrochen und euch damit eine weite und helle Zukunft erschlossen.
    Ihr seid hierhergekommen, um Gavin Waylock zu suchen, doch das ist töricht.«
    Ein kurzes zorniges Murmeln erhob sich aus der Menge. »Er ist dort drinnen!«
    Jacob Nile sprach mit unerschütterlichem Gleichmut weiter. »Wer ist Gavin Waylock? Wie können wir ihn hassen, wie können wir uns selbst hassen? Gavin Waylock ist ein Mensch wie wir! Er hat das getan, was wir alle zu tun wünschten. Er hat ohne Hemmungen gehandelt, ohne Rücksicht und ohne Furcht. Gavin Waylock ist erfolgreich damit gewesen, und nun sind wir wütend – wir beneiden ihn um seinen Erfolg!
    Gavin Waylock hat Verbrechen begangen. Wenn ihr ihn in Stücke reißen würdet, so ließet ihr ihm damit praktisch Gerechtigkeit
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