Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kassandras Fluch

Kassandras Fluch

Titel: Kassandras Fluch
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
einer überdacht war. Der Rangierbahnhof war viel größer. Vom Meer her flössen immer dichtere Nebeltücher heran und umschlangen die Umgebung mit ihren langen Armen.
    Hinter uns packten zwei Arbeiter Pakete und Gepäckstücke auf einen flachen Wagen, der von einer Elektromaschine gezogen wurde. Auf Gummirädern rollte dieser kleine Zug sanft an uns vorbei und verschwand durch ein offenstehendes Tor in einem Gepäckschuppen. SLiko ging einige Schritte zur Seite. Unter einer Normaluhr blieb er stehen.
    »Was hast du für ein Gefühl?« sprach ich ihn an.
    Er schaute in den Nebel. »Das kann ich dir nicht sagen, John, glaube aber, daß sie noch nicht verschwunden sind. Du hast sie mir beschrieben: Die fallen in einem Personenzug mit Sicherheit auf. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ihnen so etwas gefallen würde.«
    »Das meine ich auch.« Suko blieb unter der runden Uhr stehen, während ich den Fahrplan studierte. Ich verglich das Gedruckte mit der jetzigen Zeit und stellte fest, daß der nächste Zug erst in vierzig Minuten eintreffen würde. Das war zu lang, wie auch Suko fand, aber er kam mit einem Einwand.
    »Du sprichst dabei von einem Personenzug, John. Die Güterzüge sind nicht aufgeführt — oder?«
    »Nein.«
    »Sie sollten wir aber in unsere Rechnung mit einbeziehen. Ich werde mich mal erkundigen.«
    Suko verschwand im Stationsgebäude. Ich schob die Hände in die Taschen und wartete.
    Es war kälter geworden. Bei der hohen Luftfeuchtigkeit spürte man es besonders. Ich schaute über den Bahnsteig hinweg, sah die zahlreichen Gleise, auf denen Güterzüge zusammengestellt wurden. Man hörte die für einen Rangierbetrieb typischen Geräusche: Gleisquietschen, Aufprallgeräusche, Bremsen, das Anfahren von Lokomotiven. Suko kehrte zurück. Er nickte mir zu und blickte dabei auf seine Uhr. »In fünf Minuten wird ein Güterzug halten. Man hängt noch einen Wagen mit Holz an.«
    »Das könnte eine Chance sein«, murmelte ich.
    »Da ist der Wagen.« Suko deutete nach rechts, wo eine Lok den flachen, mit Baumstämmen beladenen Waggon auf ein Nebengleis schob, das durch eine Weiche mit dem Hauptgleis verbunden war, wo der Güterzug halten würde.
    Und er kam.
    Wenn mich nicht alles täuschte, war er sogar zu früh. Von den drei Gestalten hatten wir nichts gesehen, dabei mußten wir Spinosa unbedingt einfangen, um den dritten Teil des Rings zu bekommen. Noch immer klangen mir die sehr ernsten Worte unseres Chefs in den Ohren. Leider hatte er nicht gesagt, was es für eine Bewandtnis mit dem verfluchten Ring hatte.
    Die schwere Lok lief in den Bahnhof ein, verlor rasch an Geschwindigkeit.
    Wir konnten wieder einmal feststellen, daß ein Güterzug gar nicht so langsam fuhr, wie es oft aus der Ferne aussah. Dahinter steckte schon eine immense Kraft.
    Geschlossene und offene Wagen wechselten sich ab. Unter unseren Füßen vibrierte der Boden. Wind, der einige Nebelschwaden zerfetzt hatte, wehte gegen unsere Gesichter.
    Dann hielt der Zug.
    Weit draußen stand die Lok. Eine andere brachte den mit Baumstämmen beladenen Wagen an das Ende des Zugs. Die Stämme waren durch Ketten gesichert, so daß sie sich nicht selbständig machen konnten. Wir hatten unseren Platz nicht verlassen. Ich schaute nach rechts, wo der neue Wagen angekoppelt wurde. Sukos Blicke glitten in der anderen Richtung über den Zug.
    »Eigentlich hätte sich einer von uns an der anderen Seite aufstellen müssen«, meinte er. »Sorry, zu spät.«
    Der letzte Wagen war angekoppelt. Der Rangierer gab dem Lokführer das Zeichen, daß die Arbeit beendet war. Der Zug hatte Ausfahrt und setzte sich langsam in Bewegung.
    Wir gingen einige Schritte vor bis dicht an den Rand des Bahnsteigs. Ich hatte längst etwas von der Spannung erfahren, die in mir hochgestiegen war. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, daß in den nächsten Sekunden etwas passieren mußte.
    Und es passierte etwas.
    Der letzte Waggon näherte sich uns. Die aufgeladenen Baumstämme glichen einem liegenden Ungeheuer, auf dem jedoch einige Gestalten umherturnten und sich jetzt duckten, weil sie das Gleichgewicht nicht verlieren wollten.
    »Verdammt, das sind sie!« schrie ich.
    Auch Suko hatte sie gesehen. Er lief bereits los, parallel zum fahrenden Zug.
    Wollten wir Spinosa schnappen, gab es für uns nur eine Chance. Den schon fahrenden Zug entern und die Kerle dort wegholen… Das war etwas für einen Stuntman, der diese Dinger locker in Szene setzte. Leider waren wir in dem Beruf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher