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Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Titel: Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin
Autoren: Kate Pepper
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apathische Ruhe, die von einem Besitz ergriff, wenn man nach einem langen Winter am Strand saß und versuchte, in dunstiger Ferne den Horizont zu erkennen.

KAPITEL 26
    Mac und ich fühlten uns über die Maßen geehrt, als wir am nächsten Morgen von der SOKO die Einladung erhielten, der Vernehmung von Pater Ximens Dandolos beizuwohnen. Zwei volle Tage hatte der Mann hartnäckig geschwiegen, nun aber war er bereit, eine Aussage zu machen. Unsere Anwesenheit hatte allerdings auch einen praktischen Grund: Mac und ich hatten inoffiziell mit Eddie Walzcak und Joey Esposito gesprochen und verfügten im Gegensatz zur SOKO über zusätzliche Informationen. Ein informelles Gespräch war häufig aufschlussreicher als Wissen aus zweiter Hand. Aus diesem Grund sollten wir genau zuhören und aufpassen, ob Pater X vielleicht etwas Wichtiges erwähnte, das den anderen Polizisten möglicherweise unbedeutend erschien. Nach der Vernehmung sollten wir uns, wie La-a es formuliert hatte, »von dieser Ermittlung fernhalten«.
    Sam, George, Mac und ich saßen in einem viel zu kleinen Raum hinter dem Einwegspiegel und verfolgten, wie Billy und La-a sich in dem schäbigen Verhörraum auf die Vernehmung einstellten.
    In gewisser Weise liefen die Vorbereitungen genauso ab wie vor einer Show: Man verrückte seinen Stuhl und überprüfte den Videorecorder, man vergewisserte sich, dass der Büstenhalter nicht aus dem V-Ausschnitt hervorblitzte, und warf die Haare nach hinten (wenn man La-a war), man schnallte den Gürtel enger und trank einen Schluck Wasser (wenn man Billy war) – und tat so, als säße Pater X nicht an dem fleckigen, verkratzten Tisch. Man machte den Befragten nervös und setzte ihn psychologisch unter Druck, indem man ihn schmoren ließ. Auf diese Weise konnte man ihn peinigen, schikanieren und in die Schranken weisen. Im Grunde genommen lief es darauf hinaus, das Heft in die Hand zu nehmen, bevor der andere einem zuvorkam. Wie so oft heiligte auch hier der Zweck die Mittel: Die Polizei versuchte, dem Verdächtigen, der seinen Kopf aus der Schlinge ziehen wollte, die Wahrheit zu entlocken.
    Pater X saß aufrecht auf seinem Stuhl – die Hände lagen zusammengefaltet auf dem Tisch – und blickte den beiden Polizisten direkt ins Gesicht. In dem orangefarbenen Overall und ohne den Priesterkragen wirkte er längst nicht so selbstsicher und vital wie bei früheren Begegnungen. Das schüttere Haar auf seinem von Leberflecken überzogenen Kopf war fettig, die Tränensäcke waren unübersehbar, seine brüchigen Fingernägel viel zu lang.
    »Bist du so weit?«, fragte Billy schließlich La-a.
    »Ja.«
    Er schaltete die Videokamera ein, und sie nannte Datum, Uhrzeit und die Namen der Anwesenden, ehe die Vernehmung begann.
    »Gut«, sagte La-a zu Pater X. »Legen Sie los.«
    Er holte tief Luft und stieß einen lauten Seufzer aus. Dann schloss er die Augen, sammelte sich und hob wieder die Lider. »Wo soll ich anfangen?«
    »Am besten ganz von vorn«, entgegnete Billy gelassen. »Wir haben alle Zeit der Welt. Kein Grund zur Eile.«
    Pater X räusperte sich. »Reed und Marta Dekker habe ich vor zehn Jahren kennengelernt, als sie sich unserer Gemeinde anschlossen. Zu jener Zeit hatten sie gerade ein Haus in der Gegend gekauft und gewöhnten sich langsam im Viertel ein. Reed, der sehr gescheit wirkte, verdiente seinen Lebensunterhalt als Banker.«
    La-a verdrehte die Augen und tippte zweimal mit ihrem Stift auf die Tischplatte. »Sie brauchen kein Loblied auf ihn anzustimmen, kapiert?«
    »He, Dash.« Billy legte die Hand auf ihren Arm, um sie zu beruhigen. Die Art und Weise, wie sie miteinander umgingen, mutete wie ein abgekartetes Spiel an. Billy übernahm die Rolle des interessierten Zuhörers, während La-a – ihrem Naturell entsprechend – keine Gelegenheit ausließ, Pater X zu provozieren.
    »Tut mir leid, Pater«, entschuldigte sie sich. »Fahren Sie fort.«
    »Abby war damals ungefähr ein Jahr alt, und Reed und Marta hatten erst kurz zuvor geheiratet. Reed behauptete, davor Witwer gewesen zu sein. Diese Geschichte hat er allen aufgetischt – auch Marta. Er beteuerte, seine erste Frau wäre bei der Geburt gestorben und Abby wäre aus dieser Verbindung hervorgegangen. Irgendwann bin ich ihm allerdings auf die Schliche gekommen.« Er schloss kurz die Augen und sammelte sich. »Reed und Steve sind seit Ewigkeiten einmal im Jahr nach Brasilien gereist und haben sich Mädchen, egal woher, beschafft ... manchmal auch bei dort
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