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Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi

Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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könnte ich hinter der Straße und einem Stück Wiese das Meer sehen.
    Wir traben auf ein lang gestrecktes Flughafengebäude zu. Es istnicht groß, aber mit einem Buschflughafen hat es auch nichts zu tun. Stahl und Glas. Eine dunkle Frau mit zwei kleinen Kindern überholt mich. Sie bewegen sich selbstbewusst, die vielen schwarzen Zöpfchen wippen, sie lachen. Weniger Drill und Druck als bei uns zu Hause. Der hoch gewachsene Mann vor mir könnte Anwalt sein: Leichter Sommeranzug, gute Schuhe, Brille mit feinem Goldrand, Aktenkoffer. Für einen Moment hab ich bei „Anwalt“ nicht an Oskar gedacht. Ich bin auf dem Weg der Besserung. Drei dicke Touristinnen reden in einer Sprache aufeinander ein, die ich für Holländisch halte. Ihre Kniekehlen sind knallrot. Zu viel Sonne. Ich werde aufpassen.
    Die Glastür geht auf. Drinnen ist es mehr als gut klimatisiert, ein Temperatursprung von mindestens zehn Grad. Zum Glück bin ich nicht empfindlich. Vor uns muss noch ein Flieger gelandet sein, vor den beiden Einreiseschaltern hat sich eine lange Schlange gebildet. Ich bin übermüdet und aufgedreht zur gleichen Zeit.
    „Yes?“, sagt die Beamtin eine halbe Stunde später und sieht mich würdevoll an. Sie muss um die hundert Kilo wiegen, ihre Frisur ist kunstvoll: Ihr Haar besteht aus vielen dünnen Strähnen, die am Hinterkopf möglichst glatt zu einer Rolle gelegt wurden.
    Ich lächle freundlich. Man lässt sich hier Zeit, das habe ich schon begriffen.
    Sie beäugt meinen Pass, als könne etwas daran nicht stimmen. Langsam werde ich nervös. Sie liest Wort für Wort, was im Einreiseformular steht. Was ist los?
    Warum ich da bin? Seltsame Frage. „Holiday“, sage ich, und: „I am a newspaper editor.“ Ob ich zum ersten Mal da sei. Ja, warum? Dann plötzlich nimmt sie den Stempel und drückt ihn sorgfältig in den Pass.
    „Next please.“
    Meine Reisetasche steht schon neben dem Förderband, keiner von den paar Menschen hier scheint darauf aus zu sein, sie oder die wenigen anderen Taschen und fest verschnürten Kartons zu klauen. Ich gehe an den beiden Zollbeamten vorbei, habe nichts zu verzollen, aber wie immer trotzdem ein schlechtes Gewissen.
    „Stop!“, befiehlt die Beamtin und deutet mir, die Tasche auf den Tisch zu legen. Sie drückt mir ein Formular in die Hand. Auch wenn ich nichts zu verzollen habe, das muss ausgefüllt werden. Also trage ich wie schon in das Einreiseformular Namen und Anschrift und Grund meines Besuchs und Urlaubsadresse ein und streiche, was ich alles nicht mithabe: weder größere Geldbeträge noch Pflanzen noch Waffen noch Drogen. Sie liest es, nickt befriedigt und lässt mich durch. Was auf dem Papier steht, unterschrieben und gestempelt, dem glaubt man hier. So scheint es mir jedenfalls.
    Eine automatische Türe, und ich stehe im Freien, einige Männer in bunten Hemden halten Schilder hoch, drei, vier Taxifahrer bieten ihre Dienste an, Touristen suchen, versperren einem den Weg, die Sonne steht knapp über dem Horizont, blendet mich, wie ein alter Indianer schirme ich die Augen mit der Hand ab und ich sehe nun tatsächlich aufs Meer. Tief durchatmen. Karibik. Grün und gelb und blau, vor allem hell. Die meisten Touristen sind bereits zugeordnet, eingefangen und verstaut, als ich einen dünnen Schwarzen in dunkelblauem Hemd sehe, der verzweifelt ein Schild hochhält, auf dem „Miss Valensky“ zu lesen ist. Ich gehe auf ihn zu, er nimmt mir erleichtert die Reisetasche aus der Hand. Jetzt erst fällt mir auf, wie schwer sie ist. Der Bus des Pleasures ist mit einer fröhlich lachenden gelben Sonne bemalt, als ob man hier so etwas zusätzlich bräuchte. Der Fahrer redet in einem Dialekt auf mich ein, den ich kaum verstehe. Ich hab mehr als ein Jahr in New York gelebt, eigentlich kann ich ganz gut Englisch. Aber viel an Konversation wird von mir ohnehin nicht erwartet. Ja, ich sei aus Österreich, ja, Schwarzenegger sei auch aus Österreich, nein, nicht alle Männer bei uns sähen so aus. Zum Glück, füge ich im Geist hinzu. Die Straße ist überraschend gut, wir fahren an einer Siedlung mit kleinen, kastenförmigen und einheitlich gestalteten Häusern vorbei. Ich verstehe den Fahrer, als er mir erzählt, dass es sich um Sozialbauten für die Ärmeren handelt, man wolle sie aus ihren armseligen Hütten herausholen, erklärt er stolz, das hier sei ein aufstrebendes Land. Sozialwohnungen mit Garten und Blick aufs Meer, gar nicht übel. Der riesige Stein, der am Straßenrand liegt, entpuppt
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