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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton
Autoren: Daniel Defoe
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‚das tust du, und du bist der Mann, den
ich suche, komm also mit.’ Darüber erschrak ich furchtbar und schrie so laut, daß ich aufwachte, und seitdem leide ich unter
schrecklicher Angst.“
„Also gut“, sagte William, „komm, gib mir die Pistole, von
der du eben gesprochen hast.“
„Warum“, fragte ich, „was willst du denn damit tun?“ „Damit tun?“ sagte William. „Nun, du brauchst dich nicht
selbst zu erschießen, ich werde es für dich tun müssen. Denn
du wirst uns noch alle ins Unglück bringen.“
„Was meinst du denn, William?“ fragte ich.
„Was ich meine?“ sagte er. „Na, was meinst denn du, wenn
du im Schlaf laut brüllst: ‚Ich bin ein Dieb, ein Seeräuber, ein
Mörder und verdiene, gehängt zu werden!’? Du wirst uns alle
ins Verderben stürzen. Ein Glück, daß der Holländer kein
Englisch versteht. Kurz, ich muß dich erschießen, um mein
eigenes Leben zu retten. Also komm“, sagte er, „gib mir die
Pistole.“
Ich gestehe, daß mich dies nun wieder auf eine andere Weise
in Angst versetzte, und ich begann zu begreifen, daß ich, wenn
sich jemand in meiner Nähe befunden hätte, der Englisch
verstand, verloren gewesen wäre. Von diesem Augenblick an
dachte ich nicht mehr daran, mich zu erschießen, und ich
wandte mich William zu.
„Du bringst mich gänzlich durcheinander, William“, sagte
ich, „ich bin tatsächlich nie in Sicherheit, und es ist auch nicht
ungefährlich, in meiner Gesellschaft zu sein. Was soll ich
machen? Ich werde euch alle verraten.“
„Aber, aber, Freund Bob“, sagte er, „ich werde all dem ein
Ende setzen, wenn du meinen Rat befolgst.“
„Welchen denn?“ fragte ich.
„Nun, einfach den, daß du dich das nächstemal, wenn du mit
dem Teufel sprichst, ein bißchen leiser mit ihm unterhältst“,
sagte er, „sonst sind wir alle verloren, und du mit uns.“ Dies ängstigte mich, muß ich gestehen, und dämpfte einen
großen Teil der Gemütsunruhe, in der ich mich befand. Nachdem William aber mit mir gescherzt hatte, begann er ein sehr langes, ernsthaftes Gespräch über das Besondere an meiner Lage und über die Reue mit mir zu führen. Er sagte, sie müsse wirklich begleitet sein von tiefem Abscheu über das Verbrechen, das ich mir vorzuwerfen hatte; an Gottes Barmherzigkeit zu verzweifeln sei aber kein Bestandteil der Reue, sondern hieße, mich dem Teufel auszuliefern, vielmehr müsse ich mich befleißigen, mit einem ehrlichen, demütigen Bekenntnis meines Verbrechens Gott, den ich so oft beleidigt hatte, um Vergebung zu bitten, mich seiner Gnade zu empfe hlen und mich zu entschließen, Ersatz zu leisten, wenn es Gott jemals gefallen würde, dies in meine Macht zu legen, und sei es bis zum Letzten, was ich auf der Welt besaß. Dies sei auch die Methode, so sagte er mir, die er für sich selbst beschlossen
habe, und darin habe er seinen Trost gefunden.
Das Gespräch mit William war für mich äußerst befriedigend
und beruhigte mich sehr. Seitdem aber war William außerordentlich besorgt, ich könnte im Schlaf reden, und achtete
darauf, daß er stets selbst bei mir schlief und mich davon
abhielt, in irgendeinem Haus zu schlafen, wo man auch nur ein
Wort Englisch verstand.
Es gab danach jedoch nicht mehr soviel Anlaß dazu, denn ich
war innerlich viel ruhiger und entschlossen, in Zukunft ganz
anders zu leben, als ich es zuvor getan hatte. Was den Reic htum betraf, den ich besaß, so bedeutete er mir nichts. Ich
entschied mich, ihn aufzuheben, für den Fall, daß mir Gott
Gelegenheit gab, Gerechtigkeit zu üben; und die wunderbare
Möglichkeit, die sich mir später bot, einen Teil davon dazu zu
verwenden, eine Familie, die ich ausgeplündert hatte, vor dem
Ruin zu bewahren, mag es wert sein, daß man sie liest, falls ich
in meinem Bericht noch Platz dafür habe.
Nach diesen Entschlüssen begann sich mein Gemüt in gewissem Maße wieder zu beruhigen, und da wir, nach fast dreimonatigem Aufenthalt in Basra, einige unserer Waren verkauft, aber noch immer viele übrig hatten, mieteten wir uns auf Empfehlung des Holländers Boote und fuhren nach Bagdad oder Babylon am Tigris oder vielmehr Euphrat. Wir führten eine beachtliche Warenladung mit, weshalb wir dort Aufsehen erregten und achtungsvoll empfangen wurden. Wir hatten neben anderen Waren vor allem zweiundvierzig Ballen indische Stoffe der verschiedensten Art, wie Seiden, Musseline und feine Chintze, bei uns, dazu fünfzehn Ballen sehr kostbare chinesische Seiden und siebzig Bündel oder Ballen
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