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Kap der Finsternis: Roman (German Edition)

Kap der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Kap der Finsternis: Roman (German Edition)
Autoren: Roger Smith
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hatte noch einmal kurz gewinselt und war dann mit einem Seufzer wieder auf den Betonboden gesunken, wo er nun mit einem geöffneten Auge lag.
    Benny Mongrel hatte dort gesessen, beobachtet und gewartet. Darauf gewartet, die Gangster wieder aus dem Haus kommen und mit dem roten BMW in die Nacht davonfahren zu sehen. Doch von den Männern nicht die geringste Spur. Ebenso wenig von dem Amerikaner und seiner Familie.
    Der Bursche, der ihn mit Sir angesprochen hatte.
    Benny Mongrel war schon vieles genannt worden. Bastard, Buschmann, Abschaum und viele Jahre lang Häftling 1989657 . Weiße Männer in Anzügen hatten ihn eine Gefahr für die Allgemeinheit genannt. Braune Männer, die durch sein Messer bluteten, hatten ihn Bruder genannt, während sie um Gnade flehten. Er konnte kein Erbarmen für sie aufbringen. Sämtliche Schimpfworte aus der Gosse der Cape Flats waren ihm schon an den Kopf geworfen worden, seit er aus dem Schoß einer Frau gerissen worden war, die er nie kennengelernt hatte. Aber noch niemals war er von jemandem Sir genannt worden.
    Bis auf diesen Amerikaner.
    Eines Abends patrouillierten Benny Mongrel und Bessie an der Vorderseite des Baugrundstücks, der alte Hund hatte Mühe mit seinen Hinterläufen, und da war der kleine weiße Junge zu ihnen gelaufen gekommen. Er hatte nur Augen für Bessie gehabt und eine Hand ausgestreckt, um sie zu streicheln. Benny Mongrel war sich nicht sicher, wie Bessie darauf reagieren würde, deshalb zog er sie an der Kette zurück, doch sie wedelte mit dem Schwanz und stand friedlich da, während der Junge ihr verfilztes Fell streichelte.
    Dann kam der weiße Mann herüber. Er hatte die Tür zur Straße des Nachbarhauses aufgesperrt, einer Festung mit hohen Mauern wie alle anderen in dieser Straße, als der Junge herübergeflitzt kam.
    »Hey, Matt. Immer locker bleiben.«
    Der Kerl redete wie die Typen in einer dieser Fernsehsendungen, die sich die anderen Häftlinge im Pollsmoor Prison immer angeschaut hatten. Amerikanisch. Er sah auch ein bisschen so aus wie jemand aus diesen Sendungen, war ziemlich groß, hatte ein sauberes Gesicht und etwas Grau in den dunklen Haaren.
    Obwohl es bereits fast sieben Uhr abends war, stand die Sonne noch hoch am Himmel, weswegen er sein Gesicht klar und deutlich sehen konnte, als der Junge zu Benny Mongrel aufschaute. Und genau in diesem Moment ließ der Kleine Bessie los und machte einen Satz rückwärts, als hätte er so ziemlich das Schlimmste gesehen, was man sich überhaupt vorstellen konnte. Er stand da und starrte zu Benny Mongrel hinauf und konnte den Blick nicht abwenden. Er öffnete den Mund zu einem Schrei, brachte aber nur ein klägliches Wimmern heraus.
    Der kräftige Kerl nahm den Kleinen auf den Arm und drückte ihm das Gesicht an die Schulter. Dann sah er Benny Mongrel direkt in das gesunde Auge. »Tut mir leid, Sir. Ich entschuldige mich für meinen Sohn.«
    Benny Mongrel antwortete nichts. Stand einfach nur da und sah diesen weißen Kerl an, der keinerlei Reaktion zeigte, nicht mal mit der Wimper zuckte, als er das Grauen seiner linken Gesichtshälfte betrachtete. Benny Mongrel lebte bereits über zwanzig Jahre mit diesem Schlamassel aus deformierten Knochen und Narbengewebe. Es machte ihm nichts aus. Dieses Gesicht hatte ihm gute Dienste geleistet. In dem Leben, das er geführt hatte, war es ein Aktivposten gewesen.
    Die meisten Menschen reagierten wie der kleine Junge, wenn sie sein Gesicht sahen. Dieser amerikanische Kerl jedoch hatte ihm die Hand hingehalten. »Ich heiße Jack. Ich wohne nebenan.«
    Benny Mongrel hatte noch niemals einem weißen Mann die Hand geschüttelt, und er dachte auch nicht daran, jetzt damit anzufangen. Er zog an Bessies Kette, pfiff einmal scharf, damit sie ihren Hintern in Bewegung setzte, und kehrte zurück auf die Baustelle.
    Aber etwas an dem Amerikaner hatte sein Interesse geweckt. Er würde sie von der obersten Etage des Rohbaus im Auge behalten, den großen Typen und seine kleine blonde Frau und den Jungen. In ihrem Haus oder wenn sie mit ihrem schicken Jeep wegfuhren.
    Benny Mongrel hatte sich erneut eine Zigarette gedreht. Er gab sich Feuer, wodurch sein verwüstetes Gesicht kurz im Schein des aufflackernden Streichholzes zu erkennen war. Er sog den warmen Rauch tief in die Lungen, und als er ausatmete, hörte er die Sirene.
    Der Krankenwagen raste bis zu dem Haus, zwei Sanitäter stiegen aus. Die Tür in der Gartenmauer wurde aus dem Haus aufgedrückt, und Benny Mongrel
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